Süddeutsche Zeitung

Zweite Bundesliga:Auftrieb für die Flatterhaften

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Fortuna Düsseldorf wahrt am Ende einer unsteten Saison die Chance auf den dritten Tabellenplatz - und damit auf den Aufstieg. Zum Matchwinner beim Sieg über Karlsruhe avanciert der 20-jährige Shinta Karl Appelkamp.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Der Fußballtrainer Friedhelm Funkel berichtet von einem drohenden "Albtraum". Sein gegenwärtiger Klub 1. FC Köln könnte am 26. und 29. Mai in der Relegation gegen seinen vormaligen Klub Fortuna Düsseldorf spielen müssen. Das emotional stets aufgeladene Derby zweier rheinischer Nachbarstädte, deren Verhältnis seit der Schlacht bei Worringen im 13. Jahrhundert als angespannt gilt, hat es noch nie in Form einer Relegation gegeben.

Dass die Düsseldorfer am Ende einer von Rückschlägen geprägten Zweitligasaison überhaupt noch die Chance auf den dritten Platz besitzen, verdanken sie einem Japaner mit multikulturellem Namen: Shinta Karl Appelkamp, 20. Der Sohn eines Deutschen und einer Japanerin, in Tokio geboren, avancierte am Montagabend zum Matchwinner. Sein 3:2-Siegtreffer gegen den Karlsruher SC in der fünften Minute der Nachspielzeit könnte sich noch als einer der wichtigsten Treffer in der jüngeren Vereinshistorie entpuppen.

Dieses Tor bewahrt den Düsseldorfern die Chance, im spannenden Aufstiegskampf unter fünf Bewerbern am Ende zum unerwarteten Profiteur zu werden. Rein rechnerisch stehen die Chancen zwar weiterhin nicht gerade überragend. "Aber ab sofort geht es ums Mentale", behauptet der Trainer Uwe Rösler. "In die letzte Phase der Saison musst du mit einem guten Momentum gehen. Und wir haben jetzt ein gutes Momentum. Das ist Gold wert."

Appelkamp, im Alter von 15 Jahren zur Fortuna gekommen und bis 2024 gebunden, nannte den Sieg gegen Karlsruhe "Drama pur!". Neben den drei Punkten zur Bewahrung der Aufstiegschance war dem aufs japanische Nationalteam hoffenden Angreifer eine Botschaft besonders wichtig: "Wir haben in dieser Saison immer wieder bewiesen, dass wir zurückkommen können."

Das kann man positiv sehen. Man könnte dieser Mannschaft allerdings auch vorwerfen, diese ständigen Comebacks überhaupt erst erforderlich gemacht zu haben. Denn der Kader hätte auch das Zeug gehabt, ganz souverän aufzusteigen. Doch die Fortunen leiden unter einem dünnen Nervenkostüm. Vier Eigentore, neun Gegentreffer per Elfmeter und sechs Platzverweise im Laufe der Saison zeugen von flatterhaftem Charakter. Aus bislang sieben Spielen gegen die vier direkten Aufstiegskonkurrenten holten die Düsseldorfer genau zwei Punkte. "Wir könnten ganz anders dastehen", seufzt der Sportvorstand Klaus Allofs.

Zwei Heimspiele gegen Braunschweig und Aue sowie am Ende vielleicht ein Finale beim Mitbewerber Greuther Fürth bilden Fortunas Agenda der Hoffnung. Wohl erst danach werden relevante Personalentscheidungen getroffen: ob mit dem Trainer Rösler weitergemacht wird und ob Veränderungen im Vorstand erforderlich werden. Dessen Vorsitzender Thomas Röttgermann sorgte für Ärger, als er kürzlich behauptete, der Klub leide unter einem "Entwicklungsstau von 15 Jahren", weil "hier in der Vergangenheit die Hausaufgaben nicht gut gemacht worden sind". Borussia Mönchengladbach etwa habe vieles besser gemacht. Nun steht Röttgermann medial und intern in der Kritik. Allofs aber stärkt ihm den Rücken und nennt ihn "nützlich" für die Fortuna.

Während auf der Führungsetage kontrovers debattiert wird, vermeldet der Trainer Rösler aus dem Kader "eine super Stimmung". Mit dieser Diagnose will er sich freilich auch für eine Weiterbeschäftigung empfehlen. Als Referenz hilfreiche wäre der Aufstieg. Beim Sieg gegen Karlsruhe hatte er Glück: An den letzten beiden Fortuna-Treffern waren alle seine fünf Einwechselspieler beteiligt. Rösler nahm's gelassen: "Mal bist du der Blindeste, mal der Hero."

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