Viererpack zum Zweitliga-Auftakt:Positiv irre
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Progressives bei St. Pauli, Regelkunde mit Arminia Bielefeld, Traumhaftes in Kaiserslautern - die zweite Fußball-Bundesliga startet mit Kuriositäten.
Von SZ-Autoren
Rot fürs Helfen
Sein Debüt als Trainer im deutschen Profifußball hatte sich Uli Forte anders vorgestellt. Als der Ball kurz vor der Pause aus dem Spielfeld flog, wollte der neue Coach von Arminia Bielefeld nur pflichtbewusst mithelfen: "Ich wollte", sagte der Schweizer bei Sky, "den Ball fangen beziehungsweise blocken, dann ist er wieder zurück ins Spiel gesprungen" - im selben Moment allerdings wollte Gegner Sandhausen einen anderen Ball einwerfen und zügig weiterspielen. "Der Schiedsrichter hat mir gesagt, ich hätte eine Spielverzögerung provoziert", berichtete Forte, "ich war natürlich total verdutzt." Laut Regelwerk entschied Referee Bacher richtig: rote Karte für Forte, nach 44 Debütminuten. "Er hat mir die Regel erklärt. Wenn wir Ballbesitz gehabt hätten, wäre es nur Gelb gewesen." Zu allem Überfluss verlor Erstliga-Absteiger Bielefeld 1:2. Markus Schäflein
Der irre Betze
Er ist immerhin ein 2014-Weltmeister, doch das, was Erik Durm bei seiner Heimspielpremiere am Freitag im Dress des 1. FC Kaiserslautern erlebte, verblüffte den 30 Jahre alten Zugang von Eintracht Frankfurt dann doch: "Es war Gänsehaut-Feeling von Anfang an. Ich kannte es nur als kleiner Junge. Ich hätte mir nie erträumen lassen, dass ich hier mal mit dem Trikot auf dem Platz stehe", sagte der im 35 Kilometer vom Betzenberg entfernten Pirmasens geborene frühere Nationalspieler. Die Rückkehr des FCK in die zweite Liga nach vier Jahren lief eben auch genau so, wie es sich die Fans im Fritz-Walter-Stadion erträumt hatten: In der Nachspielzeit sicherte Kevin Kraus den Roten Teufeln einen 2:1-Sieg gegen Hannover 96. Der Betze bebte, und Trainer Dirk Schuster sagte: "Das war im positiven Sinne ein Irrenhaus." Stefan Galler
17,4 Sekunden
Aus dem Regensburger Rathaus stammt die Redewendung "Auf die lange Bank schieben", weil dort angeblich früher viele Gesetzesentwürfe auf einer langen Bank abgelegt wurden. Joshua Mees saß in der Vorsaison bei Holstein Kiel sehr oft auf der Bank, jetzt in Regensburg saß er dort nicht - und schob auch nichts dorthin. Er traf nach 17,4 Sekunden der neuen Saison, der Jahn siegte 2:0 gegen Darmstadt. Ein Zweitliga-Blitzrekord war das zwar nicht, 2007 benötigte Benjamin Siegert für Wehen Wiesbaden nur acht Sekunden fürs 1:0. Aber erstens dürfte es sich um einen Saisonstart-Rekord handeln. Zweitens war besonders beachtlich, dass Darmstadt Anstoß hatte. In Bayern fiel am Samstag übrigens ein noch schnelleres Tor: Maximilian Berwein traf für Türkgücü München beim 2:1 zum Regionalliga-Start in Heimstetten nach 8,9 Sekunden. Christoph Leischwitz
Kombi-Kapitäne
Der FC St. Pauli versteht sich als ein progressiver Fußballverein, in dem alle Sach- und Glaubensfragen ausgehandelt werden - gerne unter Einbeziehung möglichst vieler Köpfe und Meinungen. So lässt sich wohl auch eine Entscheidung erklären, die der Kiezklub-Trainer Timo Schultz vor Saisonbeginn getroffen hat, denn St. Pauli hat jetzt gleich zwei Kapitäne: Verteidiger Leart Paqarada und Mittelfeldmann Jackson Irvine. Sie dürfen unter sich ausmachen, wer die Binde am jeweiligen Spieltag tragen darf, am Samstag beim 3:2- Auftaktsieg gegen den 1. FC Nürnberg war es Paqarada. Ihre Debatten scheinen jedenfalls für gegenseitiges Zutrauen zu sorgen, der Führungstreffer war eine Co-Produktion der beiden Co-Kapitäne: Flanke Paqarada, Kopfball Irvine - schon jetzt das fortschrittlichste Tor dieser Zweitliga-Saison? Thomas Hürner