Zwanzigers Streit mit Niersbach:Angeschossen vom Vorgänger

DFB Counsel Meets To Find  Successor Of President Zwanziger.

Theo Zwanziger schießt scharf gegen seinen Nachfolger Wolfgang Niersbach - ein ziemlich einmaliger Vorgang in der deutschen Funktionärsgeschichte.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Das Verhältnis zwischen dem früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach ist völlig zerrüttet.
  • Nun holt Zwanziger zu einem Rundumschlag aus und moniert Niersbachs Haltung im Kampf gegen die Fifa und deren Präsident Joseph Blatter.
  • Es geht Zwanziger auch um Niersbachs Bezüge im Ehrenamt als DFB-Präsident: eine Aufwandsentschädigung und eine "Betriebsrente", deren Höhe nicht bekannt ist.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Tatsächlich lassen sich noch Bilder finden, auf denen Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger gemeinsam abgebildet sind und sich prächtig zu amüsieren scheinen. Die letzten stammen von der Amtsübergabe am 2. März 2012. Seither gilt das Verhältnis zwischen Nachfolger und Vorgänger im Präsidentenamt des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) offiziell als belastet. Inzwischen ist es gar völlig zerrüttet - dabei ist Zwanziger noch bis Ende Mai der offizielle deutsche Delegierte im Vorstand des Weltverbandes Fifa.

Eine pikante Konstellation, zumal am 29. Mai in Zürich als sportpolitisches Großereignis des Jahres 2015 die Wiederwahl des Präsidenten Joseph Blatter zu verhandeln ist. Und die Deutschen nun endgültig als heillos gespaltene Fraktion gelten.

Zwanziger schießt gegen alle, nur nicht die Fifa

Gerade hat Zwanziger noch einmal nachgelegt, per konzertierter Aktion in zwei Interviews (FAZ, Rhein-Zeitung) holte er zum Rundumschlag aus. Er moniert Niersbachs Haltung im Kampf gegen Blatter und anderes, vor allem aber teilt er mit, dass er wegen der Vergütung von Niersbachs ehrenamtlicher DFB-Tätigkeit die Ethikkommission des Weltverbands eingeschaltet habe. Wobei sich die Frage stellt, ob die dafür überhaupt zuständig ist.

Dass ein früherer Verbandspräsident seinen Nachfolger so heftig anschießt, ist ein ziemlich einmaliger Vorgang in der deutschen Funktionärsgeschichte. Was die Fifa-Ethikkommission tun wird in der Causa, ob sie überhaupt etwas tut, ist unklar. Klar scheint aber zu sein, dass der Vorgang nicht nur Teil einer eitlen Fehde ist, sondern auch Teil der Kulisse vor den anstehenden Fifa-Wahlen.

So fällt in Zwanzigers Interviews auf, dass er zwar gegenüber Niersbach, dem DFB und der europäischen Fußball-Union Uefa harte Worte findet, zugleich aber Fifa-Chef Blatter energisch verteidigt. Also den Mann, der seit Jahrzehnten über alle Korruptionsfälle hinweg an der Spitze einer Organisation mit weltweit zweifelhaftem Image steht.

Er habe "derzeit wenig an der Fifa zu mäkeln, weil schon viel verändert wurde - mit Blatters Unterstützung", sagt Zwanziger. Er attestiert Blatter eine "Aufgeschlossenheit gegenüber wichtigen Themen" und der Fifa Transparenz "in Fragen der Verteilung von Geldern".

Zwanzigers Kritik rührt an einen heiklen Punkt

Recht exklusive Meinungen wie diese sind es, die Zwanziger in den deutschen Fußballkreisen weitgehend in die Isolation getrieben haben. Aber auch in Hinblick auf den in der Attacke gegen Niersbach eröffneten Themenkomplex "Funktionäre und Vergütung" böte die Fifa selbst genug Angriffsfläche. Die 25-köpfige Vorstandsriege erhielt über Jahre je 100 000 Dollar per annum - plus satte Bonus-Zahlungen. Die Boni wurden ob des öffentlichen Drucks abgeschafft, die Grundvergütung aber soll signifikant angehoben worden sein, auf 200 000 Dollar, berichtete die Sunday Times. Die Fifa gibt keine konkreten Zahlen bekannt.

Besonders intransparent ist sie aber, wenn es um Blatters Gesamtbezüge geht, Insider schätzen sie auf einen hohen siebenstelligen Betrag. Von der "Aufgeschlossenheit", die Zwanziger dem Fifa-Chef attestiert, ist in den zentralen Fragen nichts zu sehen. Zugleich rührt Zwanziger, 69, beim DFB einen heiklen Punkt an.

Niersbachs "Betriebsrente" war früh ein Thema

Das Thema "Betriebsrente" begleitet Niersbachs Präsidentschaft seit langem, viel Transparenz herrscht bisher nicht. Bis 2012 arbeitete Niersbach, 64, als bezahlter hauptamtlicher Generalsekretär für den DFB. Als Präsident ist er nun offiziell ehrenamtlich tätig. Er erhält aber eine Aufwandsentschädigung sowie eben jene "Betriebsrente", die schon früh während seiner DFB-Tätigkeit in den Neunzigerjahren vereinbart worden war. Der Verband äußert sich auf Anfrage zur Höhe nicht. Er teilt nur mit, die Altersversorgung sei "gutachterlich geprüft und mit den Vorgaben des gemeinnützigen Verbandes vereinbar". Von wem und von wann dieses Gutachten stammt, sagt er nicht.

Schon vor der WM 2014 in Brasilien hatte Zwanziger das Präsidentensalär thematisiert. Man könne sich "doch nicht bei Hunderttausenden von Menschen, die unter Ehrenamt im Fußball etwas ganz anderes verstehen, aus der Kasse des DFB Vergütungen in einer deutlich sechsstelligen Größenordnung zahlen lassen", gab er sich damals besorgt. Das sei "Heuchelei, der DFB ist ein gemeinnütziger Verband". Das DFB-Präsidium verteidigte Niersbachs Finanzregelung. Es forderte Zwanziger zum Rückzug aus dem Fifa-Amt auf; er vertrete nicht die Interessen des deutschen Fußballs.

Zwanziger teilt mit, er habe wegen des Konflikts eine "Mediation" angestrebt. Ihm sei aber mitgeteilt worden, der DFB wolle keinen Gedankenaustausch - und zwar von Blatter. Deshalb habe er nun der Fifa-Ethikkommission Unterlagen übergeben, geklärt werden solle, "wer seine Pflichten verletzt hat". Der DFB teilt mit, dass Gesprächsbereitschaft vorhanden war. Und dass der einsame Stratege hinterlegt habe, dass er nicht mehr zu Veranstaltungen des DFB eingeladen werden möchte.

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