Tennis in Berlin:Zverev und Alcaraz als Doppelpartner

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„Die besten Spieler der Welt sind in einem Team, die willst du nicht enttäuschen“, sagt Alexander Zverev - hier neben dem viermaligen Grand-Slam-Sieger Carlos Alcaraz (li.). (Foto: Luciano Lima/Getty Images for Laver Cup)

Trotz der Klagen über den Turnierkalender finden sich die besten Tennisspieler zum Laver Cup in Berlin ein – weil hier Rivalen zu Kollegen werden und ein paar Tage lang das Team über dem Ego steht.

Von Barbara Klimke, Berlin

Rod Laver traf als Erster ein. Er stieg am Brandenburger Tor aus der Limousine, passierte die Absperrung und ging, auf einen Stock gestützt, zu einem Stühlchen, auf dem er, geduldig in die Abendsonne blinzelnd, den Fototermin erwartete. Dann kamen die Mannschaften und ihre Kapitäne, allesamt im Anzug mit Einstecktuch und hochpolierten Schuhen, stellten sich auf und nahmen den 86-Jährigen in die Mitte. Rod Laver, das war der prägende erste Eindruck des Turniers, ist der Mann, für den junge Tennismillionäre ihre Schuhe wienern – oder wienern lassen.

Der Australier lebt heute in den USA. Er hat eine weite Reise in Kauf genommen für die Berliner Auflage der Veranstaltung, die seinen Namen trägt und die vor sieben Jahren von Roger Federer und dessen Management ins Leben gerufen wurde. Den Laver Cup schuf Federer 2017 sicherlich teils zu seinem eigenen Vergnügen, aber auch, um einen Mann zu ehren, dessen phänomenale Leistung im Tennis unerreicht ist, in der immer schnelleren Abfolge von Sensationen im Sport aber etwas in Vergessenheit geriet: 1962 und 1969 hat Rod Laver jeweils den echten Grand Slam gewonnen: die Titel aller vier großen Turniere binnen eines Kalenderjahrs, in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York. Das ist keinem anderen gelungen, auch nicht Federer, dem Schweizer Maestro.

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Der Laver Cup ist also eine Hommage: ein Gedächtniswettbewerb für eine lebende Legende – auch wenn er gar kein echter Wettbewerb ist. Es handelt sich vielmehr um ein Einladungsturnier, eine Show, in der zwei Mannschaften, eine Europaauswahl und ein Team des Rests der Welt, um eine Trophäe streiten. Das Konzept ist dem Ryder Cup im Golf entlehnt; auch beim Laver Cup führen zwei prominente Kapitäne die Teams an: Björn Borg, 68, und John McEnroe, 65, Rivalen der 1980er-Jahre und im Tennis als eine Art Rolling-Stones-Äquivalent noch immer auf der Tour. Dass es sich um eine Spaßveranstaltung handeln würde, weist Alexander Zverev, Nummer zwei der ATP-Rangliste, aber vehement zurück: „Die besten Spieler der Welt sind in einem Team, die willst du nicht enttäuschen“, sagt der 27-Jährige. Außerdem: „Wenn es nicht ernst wäre, dann würden wir hier nicht jeden Tag zwei bis drei Stunden trainieren.“

Die Veranstaltung hat mittlerweile den Segen der Männer-Tour ATP

Im Kollegenkreis will sich keiner blamieren. Dazu gehören im Team Europe diesmal der viermalige Grand-Slam-Sieger Carlos Alcaraz, 21, der Russe Daniil Medwedew, 28, der Norweger Casper Ruud, 25, der Bulgare Grigor Dimitrov, 33, sowie der Grieche Stefanos Tsitsipas, 26: alle unter den besten Zwölf der Rangliste geführt.

Wenn es um Federers Prestigepokal geht, packt offenbar jeder gern Smoking und Fliege in die Tasche – trotz der Klagen über die Strapazen einer elfmonatigen Saison, die Ersatzspieler Jan-Lennard Struff als „brutal“ bezeichnet. Die Veranstaltung ist mittlerweile im ATP-Kalender gelistet, hat also den Segen der Männer-Tour, auch wenn keine Punkte für die Weltrangliste erspielt werden. Dafür wird jeder Akteur des Gewinnerteams mit einem Viertelmilliönchen Dollar entlohnt, für die Verlierer gibt es jeweils die Hälfte; über etwaige Antrittsgelder wird kein Wort verloren. Sponsoren unterstützen das Turnier. Die billigsten Einzelkarten an den drei Spieltagen in der Arena am Berliner Ostbahnhof lagen bei 63 Euro, die teuersten sind vierstellig – für jeweils nur zwei Matches, entweder in der Mittags- oder Abendvorstellung.

Rod Laver und sein Cup: die Teamkapitäne Björn Borg (Mitte links) und John McEnroe (Mitte rechts) mit dem Australier Rod Laver und den Teamplayern in Berlin. (Foto: Gerald Matzka/Getty Images for Laver Cup)

Zu sehen gibt es für diesen Preis Matches, die wie an der Spielkonsole generiert wirken: Alexander Zverev und Carlos Alcaraz am Freitag als Doppelpartner – zwei Spieler, die sich im Finale der French Open heftig duellierten, mit dem besseren Ende für den Spanier. Auf der anderen Seite, im Team Welt, stehen Ben Shelton und Taylor Fritz – jener Fritz, gegen den Zverev jüngst in Flushing Meadows verlor.

Der Charme dieses Turniers besteht auch darin, dass die Spieler vor den Augen Rod Lavers, an der Seite von McEnroe und Borg, für einen Moment ihr Ego vergessen. Daniil Medwedew beschreibt es so: „Normalerweise will man nicht, dass ein Rivale siegt. Dies ist die einzige Woche im Jahr, bei der man das entspannt sehen kann.“ Man klopft ihm auf den Rücken und sagt: Gewinn mal schön.

Federer hat vor zwei Jahren selbst Geschichte beim Laver Cup geschrieben, als er das letzte Match seiner Karriere bei diesem Wettbewerb spielte. In Berlin treten nach sieben Jahren die Kapitäne McEnroe und Borg ab, deren Aufgaben künftig Andre Agassi und Yannick Noah übernehmen sollen. Auch für diese Tennisheroen würden die jungen Profis ohne Weiteres ihre Schuhe polieren. Nicht, dass das McEnroe reichen würde: „Wehe ihr verliert bei meinem letzten Einsatz!“, rief er seinem Team World zu.

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