Kommenden Donnerstag möchte Susie Wolff im Rahmen der Rennausstellung Autosport International in Birmingham eine Kampagne zur Förderung von Frauen im Motorsport vorstellen. Wolff, 33, war bis zu ihrem Rücktritt im November Test- und Ersatzfahrerin des Williams-Rennstalls in der Formel 1 und zuvor sieben Jahre in der DTM aktiv gewesen. In der Formel 1 durfte Wolff den Williams-Flitzer nur während einiger freien Trainings fahren, in einem Rennen durfte sie ihr Können in der Königsklasse des Motorsports nie unter Beweis stellen. "Ich habe alles versucht. Ist die Formel 1 für eine konkurrenzfähige Frau bereit? Ja. Ist dieses Ziel für eine Frau erreichbar? Definitiv ja. Wird das bald passieren? Leider nein. Und wieso? Weil zu wenige Mädchen Kart fahren und wir kein Leitbild haben. Da will ich einen Hebel ansetzen und der nächsten Generation helfen", sagte Wolff.
Was Wolff oder auch Carmen Jordá, in der letzten Saison Entwicklungsfahrerin für den Lotus-Rennstallt, nicht vergönnt war, schaffte Maria Teresa de Filippis bereits 1958. Beim Großen Preis von Belgien in Spa stand zum ersten Mal eine Frau in der Startaufstellung eines Formel-1-Rennens. De Filippis beendete das Rennen mit ihrem roten Maserati als Zehnte und damit Letzte. In Portugal und Monza blieb die Italienerin jeweils kurz vor Rennende wegen technischer Defekte liegen, bei ihrem Heimrennen in Monza auf Platz fünf liegend. Insgesamt an fünf offiziellen Formel-1-Wochenenden nahm de Filippis teil, wobei sie zweimal nicht die Qualifikation fürs Rennen schaffte. Der fünfte Rang im anspruchsvollen Grand Prix von Syrakus, der nicht zur Weltmeisterschaft zählte, war ihr bestes Ergebnis in einem Formel-1-Auto.
300 Stundenkilometer pro Stunde in rollenden Raketen
Es war die Zeit, als im Grunde nur besonders Wagemutige oder Verrückte oder Lebensmüde in der Formel 1 fuhren. Oder alles zusammen. Die Pioniere des Rennsports hießen Alberto Ascari, Juan-Manuel Fangio, Stirling Moss oder Hans Herrmann, sie trugen zur Fliege und Knickerbockers auch mal Zigarren, auch beim Fahren. Ihre Autos sahen aus wie Weltkriegsraketen mit vier Rädern und riesigen, 270 PS starken Motoren im Heck. Und so gefährlich waren die Boliden auch. Die Piloten rasten mit bis zu 300 Stundenkilometern auf schlecht asphaltierten Strecken, nur wenige Meter an den Zuschauern vorbei. Als Kopfschutz reichten den meisten einfache Lederkappen und Sonnenbrillen, Gurte gab es nicht, feuerfeste Kleidung schon gleich gar nicht. Die Piloten aktualisierten praktisch vor jedem Rennen ihre Testamente, während der zehn WM-Rennen 1958 ließen vier Fahrer ihr Leben.
Als 1959 im Vorfeld des Großen Preis von Deutschland in einem Sportwagenrennen auf der Berliner Avus ihr enger Freund Jean Behra tödlich verunglückte, beendete de Filippis sofort 32-Jährig ihre Motorsportkarriere. Begonnen hatte diese gerade mal elf Jahre zuvor. Ihre Brüder hatten sie so lange getriezt, bis sie im elterlichen Familienanwesen bei Neapel gegen sie in einem improvisierten Autorennen antrat - und gewann.
Bis dahin hatte sich die Industriellentochter, ihr Vater hatte weite Teile Süditaliens elektrifiziert, vor allem fürs Reiten interessiert. Nun tauschte sie Pferde gegen motorisierte Kutschen, gewann gleich ihr erstes Rennen in einem Fiat 500 Topolino, siegte weiter, überlebte einige Unfälle und kaufte Anfang 1958 schließlich dem Maserati-Werksteam einen 250F ab - das Auto, mit dem Juan-Manuel Fangio gerade seinen fünften und letzten Weltmeistertitel gewonnen hatte.
Fangio war ihr Förderer
Fangio, der 1958 nach einer Entführung auf Kuba durch die Revolutionstruppen um Fidel Castro und Che Guevara und zwei weiteren Rennen seine aktive Karriere beendete, war ein Fan und Förderer der Rennfahrerin. "Er mochte mich gerne und hat mich beschützt. Er hatte aber auch immer Angst um mich und sagte mir immer wieder, dass ich zu schnell fahren würde. 'Du riskierst zu viel, du bist zu ungestüm ...'", erinnerte sie sich. Als sie 1958 in Monaco zum ersten Mal an einem Rennwochenende der Formel 1 teilnehmen wollte, scheiterte sie in der Qualifikation.
Genauso wie übrigens ein gewisser Bernard Charles Ecclestone. Im Gegensatz zu Ecclestone, mittlerweile Chefvermarkter und Oberzampano der Formel 1, schaffte sie ein paar Wochen später die Qualifikation und wurde so zur ersten Frau in der Formel 1. Im Fahrerfeld wurde sie "pilotino" genannt, kleiner Rennfahrer. Männlich, obwohl sie sich ihrer Attraktivität durchaus bewusst war. Nach den Einsätzen im Auto tauschte sie Lederkappe gegen Seiden-Kopftuch, trug sich Lippenstift auf und ging mit ihrem Schäferhund Gassi in der Boxengasse. "Um die aufdringlichen Nervensägen zu verscheuchen", wie sie sagte.
Nur Lella Lombardi fuhr in die Punkte
Nach ihr versuchten sich noch vier weitere Frauen in der Formel 1. Für ein Rennen qualifizieren konnte sich aber nur noch ihre Landsfrau Lella Lombardi, die 1975 in Spanien sogar in die Punkteränge fuhr und insgesamt an 17 Formel-1-Rennen zwischen 1974 und 1976 teilnahm. An Qualifikationen, aber keinen Rennen nahmen noch die britische Ex-Skifahrerin Divina Galica (3 Teilnahmen zwischen 1976 und 1978), die Südafrikanerin Desiré Wilson (1980) und zuletzt Giovanna Amati 1992.
De Filippis, in den vergangenen Jahren Vizepräsidentin der Vereinigung der früheren Formel-1-Fahrer, war dennoch Zeit ihres Lebens davon überzeugt, dass irgendwann auch Frauen wieder für Furore sorgen könnten in der Formel 1. "Frauen können alles, was auch Männer können", sagte sie.
Maria Teresa de Filippis ist am Samstag in ihrer Heimat Gavarno di Scanzorosciate bei Bergamo gestorben. Sie wurde 89 Jahre alt und hinterlässt eine Tochter und zwei Enkel.