Zum Tod von Klitschko-Trainer Steward:Vertrauen in die Butter

Emanuel Steward coachte Lennox Lewis und Oliver McCall - später dann Wladimir Klitschko, der unter ihm kaum noch zu treffen war und dreifacher Weltmeister wurde. Der Amerikaner galt als einer der wichtigsten Männer in der Boxszene. Nun ist er in Chicago gestorben.

Benedikt Warmbrunn

FILE PHOTO: Boxing Trainer Emanuel Steward Dies At 68  Vladimir Klitschko v Samuel Peter

Erfolgreiches Duo: Trainer Emanuel Steward (links) und Wladimir Klitschko.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Vielleicht war es die Kokosbutter. Sie verband dieses Duo, das Gesicht des Boxers und die Hände des Trainers. Andere schmieren Vaseline auf die Haut ihrer Athleten, so glitschen die Handschuhe des Gegners über das Gesicht, die Salbe soll Wunden vermeiden oder stillen. Emanuel Steward nahm Kokosbutter. Weil die Haut sie aufsaugt, weil sie nicht nur auf ihr klebt. Und so ist die Kokosbutter vielleicht das beste Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Steward und Wladimir Klitschko, dem derzeit besten Schwergewichtsboxer, dem Weltmeister von drei der vier großen Verbände.

Steward war bereits ein international anerkannter Trainer - Mitglied der "Hall of Fame", Kommentator beim amerikanischen Fernsehsender HBO -, als er 2004 den jüngeren der Klitschko-Brüder übernahm. In Detroit hatte er das legendäre Kronk Gym geleitet, wo die Arbeiter abends in ihren Blaumännern vorbeischauten. Dort hatte er auch Thomas Hearns ausgebildet, den er in den achtziger Jahren in mehreren Gewichtsklassen zum Weltmeistertitel führte.

Er betreute Oliver McCall, als dieser 1994 gegen Lennox Lewis Weltmeister im Schwergewicht wurde. Nur ein Jahr später stand Steward in der Ringecke von Lewis. Den Engländer trainierte er bis zu dessen Karriereende im Juni 2003, als Lewis umstritten gegen Vitali Klitschko gewann; der Kampf wurde nach sechs Runden wegen einer tiefen Wunde über Klitschkos linkem Auge abgebrochen, auch auf Anraten von Steward.

Als Wladimir Klitschko wenige Monate später Steward als Trainer engagierte, riet ihm sein älterer Bruder ab. Doch Wladimir Klitschko setzte sich durch, er hielt auch an Steward fest, nachdem er im April 2004 vorzeitig gegen Lamon Brewster verloren hatte. Die Brüder erzählen gerne, dass sie sich anschließend das einzige Mal ernsthaft gestritten haben: Vitali forderte Wladimirs Karriereende, er war nicht einverstanden mit der Art von Steward, der Wladimir für seine Stärken lobte, aber seine Schwächen nicht kritisierte.

Doch dieser vertraute seinem Trainer, er war begeistert von dessen Detailversessenheit. Die Kokosbutter, die weißen Schuhe aus feinem Tuch, der eigens an Klitschkos Sitzform angepasste Hocker für die Rundenpausen. Und natürlich von seinen Analysen. Steward konnte stundenlang reden, aber seine Ansagen in den Rundenpausen waren klar und präzise.

Boxen mit dem Krankenpfleger

So verwandelte er Klitschko in den Boxer, der kaum noch zu treffen ist, der aufrechter steht, weil er sein Gewicht mehr auf den hinteren Fuß verlagert. Der auf Haken nahezu komplett verzichtet, der dafür seine linke Gerade als einen die Distanz wahrenden und gleichzeitig als einen zermürbenden Schlag einsetzt. Es ist ein Stil, den manche als langweilig bezeichnen. Aber er passt zu Klitschko, 36, der das Boxen nie als Kampf, sondern stets als Strategiespiel verstanden hat.

Indem Steward Klitschko vor allem auf dessen Stärken aufmerksam gemacht hat, nahm er ihm die tief sitzende Angst vor einer vierten Niederlage, vor einer weiteren Demütigung. Seit dem K.o. gegen Lamon Brewster hat Wladimir Klitschko alle 16 Duelle gewonnen, 13 davon vorzeitig. "Die Leute sollten ihn dafür respektieren. Wladimir hat sich als der beste Schwergewichtsboxer etabliert", sagte Steward, "ich sehe niemanden am Horizont, der ihn gefährden könnte."

Seit September lag der Mann, durch den für Wladimir Klitschko nicht einmal mehr der Horizont eine Grenze ist, wegen einer Krebserkrankung und folgender Komplikationen im Krankenhaus. Anfang der Woche verkündete der Boxer daher, dass ihn in seinem Duell gegen Mariusz Wach am 10. November in Hamburg Jonathan Banks betreuen wird, sein Sparringspartner und ein Schüler Stewards.

Am Donnerstagabend (Ortszeit) ist Steward, 68, in Chicago gestorben. Er soll bis zuletzt versucht haben, die Krankenpfleger zum Boxen zu überreden.

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