Zukunft von Vitali Klitschko:"Den Kampf will doch die ganze Sportwelt"

Vitali Klitschko gewinnt seinen Weltmeisterschafts-Kampf gegen Manuel Charr locker durch Abbruch in der vierten Runde. Interessanter als das Duell im Ring war die Frage, was Klitschko in den nächsten Monaten so anfangen will mit seinem Leben. Er sagt nichts - doch sprechen die Indizien dafür, dass er noch einmal kämpfen wird. Auch der Gegner steht bereits fest.

Jürgen Schmieder

Am Ende dieses Abends in Moskau sahen alle zu Vitali Klitschko und warteten darauf, dass er sich äußern würde dazu, was er denn in den nächsten Monaten so anfangen wolle mit seinem Leben. Seine Vertrauten hatten sich zuvor ahnungslos gegeben und Klitschko verwiesen.

Vitali Klitschko, Manuel Charr

Keine Chance: Manuel Charr ist gegen Vitali Klitschko hoffnungslos unterlegen.

(Foto: AP)

Seine Frau Natalia, die vor dem Kampf "Power of Love" gesungen hatte. Sein Bruder Wladimir, sein Trainer Fritz Sdunek, sein Manager Bernd Bönte. Selbst das aus London zugeschaltete Szene-Großmaul David Haye wusste keine Antwort, also konnte er nur anbieten, gegen Klitschko boxen zu wollen.

Klitschko stand also im Ring und sollte etwa sagen. Für den Kampf, der da zuvor stattgefunden hatte, interessierte sich kaum noch jemand. Der Ukrainer hatte Manuel Charr durch technischen K.o. besiegt, das Duell war kurz vor dem Ende der vierten Runde von Ringrichter Guido Cavalleri wegen einer stark blutenden Augenverletzung von Charr abgebrochen worden.

"Nichts ist unmöglich. Ich bin noch nicht bereit, eine Antwort darauf zu geben", sagte Klitschko und ließ die Zuschauer ratlos zurück. Wenn nichts unmöglich ist, dann ist alles möglich: Das Ende seiner Karriere als Boxer und die Konzentration auf seine Aufgaben als Politiker, der den Ukrainern vermitteln möchte, dass Korruption eine schlimme und Demokratie eine feine Sache ist.

Möglich ist auch ein lukratives und spannendes Duell gegen David Haye - oder gar ein Rückkampf gegen Manuel Charr, der sich nach dem Abbruch des Kampfes fürchterlich aufgeregt hatte: "Wäre der Kampf länger gegangen, dann hätten wir ein tolles Boxen erlebt. Bernd Bönte ist ein toller Manager, vielleicht gibt er mit einen Rückkampf."

Duell mit Klitschko wahrscheinlich

Natürlich musste Manuel Charr hinterher behaupten, dass er hätte weitermachen können. Natürlich sagte er, dass er erst in der zweiten Hälfte des Kampfes so richtig losgelegt hätte. Und natürlich kündigte er an, gegen den Abbruch Protest einzulegen. Fakt ist jedoch, dass man sich überlegen sollte, eine neue Kategorie der Chancenlosigkeit einzuführen, weil der Ausdruck keine Chance - den Vitali danach verwendete - nicht annähernd beschreibt, was diesem Manuel Charr an diesem Abend in Moskau widerfahren ist.

Der Kampf dauerte nur deshalb knapp vier Runden, weil Klitschko mit einer Mischung aus Altersmilde und Rücksicht auf seine doch hörbar knirschenden Knochen agierte. Der Ukrainer schlug wie gewohnt variabel und präzise, doch eben nicht mehr so schnell und wuchtig wie noch vor wenigen Jahren. Seine Treffer schmerzen offensichtlich nicht mehr so sehr, doch reichten sie, um Charr in der zweiten Runde zu Boden zu schicken und ihm in der vierten Runde mit einem linken Haken eine klaffende Wunde über dem rechten Auge zu verpassen.

Klitschko merkte schon nach wenigen Sekunden, dass Charr kein Gegner war, sondern nur deshalb im Ring stand, damit es eben zwei Männer in kurzen Hosen waren. Er spielte mit Charr, wie ein Herrchen mitunter mit einem Hund herumtollt - und hätte der Ringrichter den Kampf nicht abgebrochen, dann hätte Klitschko eben in einer der späteren Runden gewonnen. Also ging es nach dem Kampf schnell um die Zukunft.

Die Ukrainer wählen am 28. Oktober das neue Parlament, Klitschkos Partei UDAR hat gute Chancen, in die Werchowna Rada einzuziehen. Danach will er sich zu seiner Zukunft äußern. Allerdings hinterließen Klitschko und seine Vertrauten am Ende einige brauchbare Indizien.

David Haye durfte vor dem Kampf ein paar Minuten lang live im Fernsehen Werbung betreiben ("Den Kampf will doch die ganze Sportwelt!"), dann lästerte Wladimir Klitschko über den Briten - und schließlich erklärte Bönte, dass dieses Duell "immer ein Thema" sei. Es wäre schon eine große Überraschung, wenn es nicht zu einem Kampf zwischen Vitali Klitschko und David Haye kommen würde.

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