Zukunft von Uli Hoeneß:Ein Mann für die Jugend

Außerordentliche Mitgliedsversammlung FC Bayern München

Der ehemalige Bayern-Präsident Uli Hoeneß darf bald auf Freigang hoffen.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Anfang 2015 werden der ehemalige Präsident und sein Verein wohl wieder vereint sein. Der FC Bayern entwickelt Pläne für die Zeit nach der Rückkehr des einstigen Patriarchen. Uli Hoeneß strebt dabei kein Führungsamt an.

Von Klaus Ott

Seit Anfang Juni sitzt Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis, und noch etwas länger muss der FC Bayern München ohne seinen langjährigen Klub-Chef auskommen. Bislang klappt das bestens. Die Bayern sind souveräner Tabellenführer in der Fußball-Bundesliga. In der Champions League haben sie gerade den AS Rom mit 7:1 abgefertigt.

Wenig ist zu spüren von der Belastung der vielen Nationalspieler durch die Weltmeisterschaft. Und die Kasse stimmt sowieso. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat gerade wieder einen neuen Umsatzrekord verkündet, mehr als eine halbe Milliarde Euro. Besser geht's nicht. Uli Hoeneß wird es gerne hören.

Wohl bald werden der Patriarch und sein Klub wieder vereint sein. Bei den Bayern stellt man sich auf eine Rückkehr von Hoeneß spätestens Anfang 2015 ein. Der frühere Stürmer, Manager und Präsident, der in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech inhaftiert ist, soll Freigang erhalten - und einen Job an der Säbener Straße in München, am Sitz des deutschen Rekordmeisters.

Eine Stelle in der Jugendabteilung ist nach Angaben von Insidern im Gespräch. Ein fester Arbeitsplatz ist die Voraussetzung dafür, dass Hoeneß tagsüber Ausgang hat und nur noch nachts einrücken muss. Und das vielleicht auch gar nicht mehr in Landsberg, sondern in einer etwas angenehmeren Unterkunft.

An seinem 63. Geburtstag am 5. Januar 2015 hat Hoeneß also vielleicht schon Freigang. Für einen Fußball-Funktionär ist das kein Alter. Viele Hierarchen im Weltverband Fifa und anderswo sind auch mit 70 oder 80 Jahren noch im Amt. Doch bei den Bayern wird nicht damit gerechnet, dass der Ex-Präsident so schnell wieder nach der Macht greift.

Ein alter Weggefährte des Patriarchen sagt, im Jugendbereich gebe es genug zu tun, das sei genau das Richtige für Hoeneß; seit Thomas Müller und Holger Badstuber ist kein Nationalspieler mehr aus dem eigenen Nachwuchs hervorgegangen. Und das geplante Leistungszentrum im Münchner Norden für die Mannschaften von der U 8 bis zur U 19 muss auch noch verwirklicht werden. Am Stammsitz an der Säbener Straße ist es längst zu eng geworden für den ständig expandierenden Großklub.

Bei der Jugend könnte sich Hoeneß, wieder einmal, um seine Bayern verdient machen, heißt es in Vereinskreisen. Das käme der Klubführung auch insofern gelegen, als sich an der neuen Machtverteilung nichts ändern würde. Denn der frühere Finanzchef Karl Hopfner will Klub-Kreisen zufolge den im Mai übernommenen Präsidentenposten behalten, den Aufsichtsratsvorsitz der FC Bayern München AG ebenfalls.

Uli Hoeneß schweigt öffentlich

Im Vorstand, den der Patriarch schon vor Jahren verlassen hat, sind alle Aufgaben verteilt. Und was möchte Hoeneß? "Er will sich nicht in das operative Geschäft einmischen", sagt einer, der ihn gut kennt. Er wolle etwas Nützliches tun für seinen Klub und strebe keine Führungsfunktion an. Da würde die Jugendsparte bestens passen. Aus der Säbener Straße heißt es, "Hoeneß entscheidet, wo er arbeitet". Um den Vertrag kümmere sich Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen. Hoeneß selbst überlässt es anderen, über ihn zu reden.

Zum Beispiel Franz Beckenbauer, der neulich am Tegernsee bei seinem ehemaligen Mitspieler in Verein und Nationalelf zu Gast war, als der kurz Hafturlaub hatte. Hoeneß habe deutlich abgenommen und sei "voller Kraft und Lebensfreude", sagte Beckenbauer dem Fernsehsender Sky, bei dem er unter Vertrag steht. Jetzt hoffen alle, dass Hoeneß im Januar Freigänger werde. Darüber wird intern intensiv geredet, aber nach außen schweigen alle Beteiligten. Die Justizbehörden ebenso wie Steffen Ufer, der Anwalt des prominenten Häftlings. "Uli Hoeneß will sich im Moment an keinerlei Spekulationen beteiligen", sagt Ufer auf Anfrage.

Der Strafverteidiger, der selbst Bayern-Fan ist, hat vor zwei Monaten mal ein bisschen gepoltert. In anderen Bundesländern wäre Hoeneß längst Freigänger, schimpfte Ufer. In Bayern zu Gefängnis verurteilte Weiße-Kragen-Täter ziehen vor dem Haftantritt schnell mal in ein anderes Bundesland um, in dem die Gefängnisse schon ziemlich voll sind und in dem man als Steuerhinterzieher schnell frei kommt. In Justizkreisen ist von einem lebhaften Knast-Tourismus die Rede. Doch für Hoeneß kam das überhaupt nicht in Frage.

Keine Sonderstellung im Gefängnis

Es sieht so aus, als wolle der Ex-Bayern-Präsident derzeit einfach nur seine Ruhe haben; seine Haft ordentlich hinter sich bringen und sich auf keinen Fall einlassen auf die teils wilden Spekulationen um seine angebliche Sonderstellung im Gefängnis. Da wird, wie früher schon, viel Unsinn verbreitet. Ein Freigang jedenfalls ab Dezember oder Januar wäre keine Bevorzugung, sondern Ergebnis seiner günstigen Sozialprognose: intakte Familie, geordnete Verhältnisse, fester Arbeitsplatz, keine Rückfallgefahr.

Hoeneß hinterzieht gewiss keine Steuern mehr, anders als früher bei seinen Zockereien in der Schweiz. Rückfällig könnte er allenfalls beim FC Bayern werden, wenn in zweieinhalb Jahren die Amtszeit von Präsident Hopfner abläuft. Der Finanzstratege gilt im Verein als nüchterner Sachwalter, ohne den die Folgen des Hoeneß-Prozesses schwer zu bewältigen gewesen wären. Ein Klub dieser Größenordnung brauche aber auch die "Emotion", für die der alte Präsident gesorgt habe, sagt einer, der mit allen gut kann.

Doch erst einmal geht es für Uli Hoeneß um ganz andere Dinge. Um einen Job, um den Freigang. Alles andere ist noch weit weg.

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