Zlatan Ibrahimovic:Der Schwede, der verbal aus der Hüfte schießt

Zlatan Ibrahimovic: Zlatan Ibrahimovic, hier noch im Trikot von Manchester United.

Zlatan Ibrahimovic, hier noch im Trikot von Manchester United.

(Foto: Oli Scarff/AFP)
  • Der AC Mailand interessiert sich für eine Rückkehr von Zlatan Ibrahimovic. "Wenn das mit Ibrahimovic möglich wäre, ständen wir bereit", sagt Paolo Maldini, der im Klub-Management tätig ist.
  • Doch der Transfer dürfte teuer werden. Zu teuer womöglich - angesichts der Tatsache, dass Milan gerade mit der Uefa ein sattes Bußgeld wegen des Verstoßes gegen die Regeln des Financial Fairplay herunterhandeln möchte.

Von Birgit Schönau, Rom

Zlatan Ibrahimovic ist bei der Jagd. Nicht in Schweden, wo er vor ein paar Jahren einen 500-Kilo-Elch abgeschossen hatte, was die Tierschützer dort auf die Fichte brachte. Auch nicht in Italien, wo Jäger sich unter Berufung auf vorsteinzeitliche Vorrechte sogar in privaten Gärten tummeln dürfen, was nicht nur für die Spezies Gallus domesticus lebensgefährlich sein kann - weil so mancher im Eifer des Gefechts den Fasan mit dem normalen Haushuhn verwechselt. Ibrahimovic aber jagt fernab von allen Hühnern in Anatolien, wo es angeblich besonders fette Wildschweine gibt. Sein Handy, behauptete die Gazzetta dello Sport, habe er bei der Sauenhatz brav eingeschaltet, "denn er wartet auf Nachrichten von Leonardo", dem brasilianischen Manager des AC Mailand.

Seit Wochen wird der schwedische Sturm-Routinier, der noch bei Los Angeles Galaxy unter Vertrag ist, von der italienischen Fachpresse herbeigeschrieben. Täglich gibt es neue Gerüchte, zum Beispiel, dass seine Ehefrau Helena ganz unbedingt zurück nach Mailand will, wo Zlatan bereits zwischen 2010 und 2012 gespielt hatte. Das ist verständlich, weil die Stadt natürlich viel angesagter ist als das fürchterlich abgelegene L. A., wo es weder anständigen Fußball gibt noch eine weltberühmte Oper und nur prollige Shoppingmalls anstatt der edlen Via Montenapoleone mit ihren schicken Läden.

Richtig Fleisch an die Geschichte kam, um mal im Jägerjargon zu bleiben, als am ersten Adventssonntag Paolo Maldini die Tore für "Ibra" himmelweit öffnete. Die Milan-Legende Maldini, 50, ist inzwischen im Management des AC tätig, mit dem hochtrabenden Titel "Direktor der strategischen Entwicklung der Abteilung Sport". Kraft dieses Amtes sprach Maldini also: "Wenn das mit Ibrahimovic möglich wäre, ständen wir bereit." Einstweilen habe er allerdings einen gewissen Paquetà verpflichtet, aus dem offensiven Mittelfeld des brasilianischen Klubs Flamengo.

Milan will mit der Uefa ein sattes Bußgeld herunterhandeln

Paquetà ist 21 Jahre alt, Ibrahimovic ist bereits 37. Der schillernde Schwede hat gerade schon seine zweite Autobiografie veröffentlicht, diesmal mit dem bescheidenen Titel: "Ich bin Fußball". L'État, c'est moi! Weil daran zwischen Anatolien und L. A. nun wirklich niemand zweifelt, käme der Rücktransfer des Sonnenkönigs nach Mailand verdammt teuer. Zu teuer womöglich - angesichts der Tatsache, dass Milan gerade mit der Uefa ein sattes Bußgeld wegen des Verstoßes gegen die Regeln des Financial Fairplay herunterhandeln möchte.

20 Millionen Euro will der europäische Dachverband eintreiben, zuvor war bereits eine zweijährige Sperre des AC Mailand in den Uefa-Wettbewerben revidiert worden. Dies alles, weil die Mailänder im Sommer 2017 knapp 200 Millionen Euro auf dem Transfermarkt gelassen hatten - eine Summe, die ihre Einnahmen bei Weitem überstieg. Damals gehörte der Klub dem dubiosen chinesischen Unternehmer Li Yonghong, der Milan im Juli an seinen Hauptgläubiger, den USA-Hedgefonds Elliott, abgeben musste. Elliott aber hat genau das vor, was die Amerikaner auch von anderen Unternehmen, zum Beispiel von Thyssenkrupp wollen: möglichst rasch möglichst viel Kohle herauspressen.

Damit das klappt, hat an diesem Montag Ivan Gazidis als neuer Geschäftsführer des Klubs seinen Dienst angetreten. Zuletzt war der Südafrikaner nach Jahren als Kommissar der Major League Soccer Manager beim FC Arsenal, dessen Mehrheitseigner ebenfalls aus den USA kommen. Gazidis hat den Auftrag, aus dem einstigen Familienunternehmen AC Milan, dessen alter Mäzen Berlusconi inzwischen den Drittligisten Monza übernommen hat, einen Konzern zu konstruieren.

Das Stadion dürfte immer voll sein

Ein eigenes Stadion dürfte bald zentral werden - Milan und der Stadtrivale Inter sind seit Jahrzehnten Mieter der alten städtischen Arena im Stadtteil San Siro. Arsenal macht mit seinem Emirates-Stadion 135 Millionen Euro Umsatz im Jahr, Milan kommt gerade mal auf ein Viertel. Emirates sponsort beide Klubs, die Londoner kassieren allerdings mit 45 Millionen Euro jährlich mehr als doppelt so viel wie die Mailänder mit 20. Gazidis ist damit beauftragt, einen neuen Vertrag auszuhandeln.

Sportlich ist der vierte Platz in der Serie A mit der Champions-League-Qualifikation das erklärte Minimalziel der Saison. Im Moment steht Milan genau dort, zuletzt gelang der von Gennaro Gattuso trainierten Elf ein 2:1-Heimsieg gegen Aufsteiger Parma. Ein schöner Nebeneffekt: Obwohl das Match um 12.30 Uhr angepfiffen wurde, war das Stadion mit 53 000 Zuschauern gut besucht. Überhaupt hat das Milan-Urgestein Gattuso mit seinem robusten Angriffsfußball die Leute auf die Tribünen zurück geholt. Und wenn Ibrahimovic, der seinerzeit mit Gattuso zusammengespielt hat, tatsächlich wieder im rotschwarzen Trikot auflaufen würde, dann wäre die Bude garantiert immer voll.

Und nicht nur das: Die Eintrittspreise könnten gehoben und Fandevotionalien wie warme Semmeln verkauft werden. Ibrahimovic ist genau der große Name, der Milan zurzeit fehlt - das Pendant zu Cristiano Ronaldo, der im benachbarten Turin Serienmeister Juventus belebt.

Ein 37-Jähriger in der Abteilung Attacke, ja, warum denn nicht? Erstens liefert "Ibra" immer noch Tore - in der untertourigen amerikanischen Liga waren es immerhin 22 in 27 Spielen. Zweitens ist er einer der letzten großen Charismatiker der internationalen Fußballbranche, und das ist in diesen Zeiten sowieso Gold wert. Zumal Ibrahimovic im Gegensatz zu "CR7" ja gern und viel redet. Das Schweigen hebt er sich auf für die Jagd.

Noch besser als ein mysteriös abgeschotteter portugiesischer Superstar wäre für Italiens Liga ein alter Schwede, der verbal aus der Hüfte schießt. Sicher, ohne Millionengage läuft die Chose nicht. Aber: "The show must go on", das wird die Uefa doch wohl einsehen.

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