Zehn Zylinder in der Formel 1:König Lewis strahlt im Regen

Lewis Hamilton packt die beste Strategie aus, Sebastian Vettel kontert den Langweiler-Vorwurf und ausgerechnet ein englisches Team kommt mit der Nässe nicht klar. Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Silverstone

Sebastian Vettel

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(Foto: Getty Images)

Es ist eine kleine, eine späte Revanche des vierfachen Weltmeisters für die Kritik von Bernie Ecclestone, dass der Formel 1 die Typen ausgehen, und das Vettel als Champion viel zu wenig für das Wohl der Serie getan habe. Sündenbock, das will der Überraschungs-Dritte von Silverstone auf keinen Fall sein. Der 28-Jährige kontert: "Mein Leben ist langweilig, sehr langweilig. Ich bin einfach nur ein normaler Kerl. Die genießen das Wetter, sie machen Hausarbeit, sie heimwerken. Ich versuche, ich selbst zu sein." Und dann holt er aus: "Die Leute möchten, dass wir dies und das machen. Und wenn wir uns so verhalten, beschweren sie sich. Leider bin ich kein Teil der Generation Senna/Prost/Piquet/Lauda. Die mussten sich diesen Mist nicht anhören. Wenn man ihnen gesagt hätte, was sie machen sollen, dann hätten sie gesagt: 'Hau ab!'"

Lewis Hamilton

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(Foto: dpa)

Die Queen war noch nie in Silverstone, sie schickt immer den Herzog von Kent. Haben die 140 000 Zuschauer eben einen eigenen König gekürt: Lewis Hamilton. Schon bei der Fahrerparade kletterte er wie ein Hooligan in die Zäune. Die eigenmächtige Entscheidung, neun Runden vor Ende bei einsetzendem Starkregen die Reifen zu wechseln, war goldrichtig: "Wahrscheinlich die beste in meiner ganzen Karriere." Was die Briten an Lew, dem Löwen, so lieben? Seine eigenen Stil. Auf der Strecke wie im Leben. "Eine Menge Menschen sagen mir, dass Jim Clark oder James Hunt das oder das getan hätten. Und ich frage dann zurück: Na und? Das ist meine Zeit. Und das ist die Art, wie ich es mache. Wieso wollen die Leute immer, dass jeder das tut, was alle getan haben? Mal abgesehen davon, dass es vor mir noch gar keinen farbigen Rennfahrer gab..."

Jenson Button

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(Foto: REUTERS)

Der Wunsch war bescheiden, und selbst der wurde gleich zunichte gemacht. Schon ins Ziel zu kommen, egal auf welchem Platz, wäre ein großer Erfolg für ihn, sagte Jenson Button, der in seinem 16. Formel-1-Jahr durch seinen McLaren-Honda stark am Vorwärtsdrang gehindert wird. Noch nie war er bei seinem Heimspiel auf dem Podium gelandet, diesmal konnte er nicht mal eine komplette erste Runde drehen, da hatte ihn schon ein Rammstoß von der Piste gefegt. Es könnte seine letzte Silverstone-Erfahrung gewesen sein. Mit 35 ist er der zweitälteste Formel-1-Pilot, bei McLaren drängeln die Eigengewächse Kevin Magnussen und Stoffel Vandoorne. Das Grinsen des Gentleman wirkt wie gefroren. Er gesteht: "Das ist nicht mein Lachen wie sonst. Das mache ich nur in der Öffentlichkeit."

Kimi Räikkönen

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(Foto: dpa)

Einen Erfolg nimmt Kimi Räikkönen nach einem weiteren desaströsen Wochenende zumindest mit nach Finnland: Von 217 000 Fans aus 194 Ländern war er zum beliebtesten Rennfahrer der Jetzt-Zeit gekürt worden, vor Fernando Alonso und Jenson Button. Aber was ist das für ein Trost? In der Qualifikation zum zweiten Mal in dieser Saison vor dem Ferrari-Teamkollegen Sebastian Vettel platziert, wurde er in der verregneten Schlussphase des Rennens auf Rang acht durchgereicht. Er hatte den Strategen gehorcht, die ihn etwa vier Runden zu früh auf andere Reifen gesetzt hatten. So kommt er nicht zu den Resultaten, mit denen der 35-Jährige seinem Teamchef Maurizio Arrivabene die weitere Grand-Prix-Tauglichkeit beweisen muss. Gleich drei Nachwuchs-Fahrkünstler wollen ihm den Job in Maranello streitig machen: Daniel Ricciardo, Valtteri Bottas, Max Verstappen.

Susie Wolff

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(Foto: dpa)

Als Frau des Mercedes-Teamchefs Toto Wolff wird die Schottin dem Fahrerlager erhalten bleiben, ob sie dort aber noch einmal als Pilotin auftreten wird, scheint fraglich. Mit dem Freitagseinsatz in Silverstone, bei dem sie einen 13. Platz belegte, läuft ihr Abkommen mit dem britischen Rennstall aus. "Schwer zu sagen, was wird. Das Team denkt noch nicht an das kommende Jahr - und ich auch nicht." Sie wird weiter im Simulator hinter dem Steuer sitzen, aber wenn es keinen realistischen Weg für sie ins Starterfeld gibt, muss sie sich wohl der Realität stellen: "Ich habe stets betont, dass ich Karrierefortschritte brauche. Ich kann nicht einfach am Scheitelpunkt warten." Die ehemalige Tourenwagenfahrerin, 32, will weiter kämpfen: "Ich denke erst an etwas anderes, wenn wirklich keine Tür mehr offen steht."

Bernie Ecclestone

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(Foto: AFP)

Angesichts von 140 000 Zuschauern war in Silverstone von Formel-1-Krise keine Spur, aber Silverstone ist eben nicht jedes Wochenende. Deshalb fühlt sich Geschäftsführer Bernie Ecclestone für den Image-Verlust zumindest mitverantwortlich. "Ich mache mir Sorgen. Wir beschädigen die Formel 1 selbst, und ich bin genauso schuld wie jeder andere", gestand der Brite. Vor allem die Aussage, dass die Hybridmotoren "Mist" seien, fällt auf ihn zurück. Dem Wert der Rennserie tut das aber offenbar keinen Abbruch, angeblich hat Rechteinhaber CVC ein Acht-Milliarden-Euro-Angebot für 35 Prozent der Anteile auf dem Tisch. Investor Donald Mackenzie aber will gar nicht unbedingt verkaufen. Er stellt eher in Aussicht, dass Ecclestone mehr als seine bisherigen fünf Prozent bekommen könnte.

Fernando Alonso

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(Foto: AFP)

Der Regen spült auch einen alten Bekannten, einen der Besseres gewohnt ist, zurück in die Punkteränge. Fernando Alonso macht seinen ersten WM-Punkt in dieser Saison, seinen ersten mit McLaren-Honda, und der Spanier behauptet stolz, dass diese Belohnung für einen glücklichen zehnten Platz "der erste Zähler von vielen" sei. Dass ausgerechnet er seinen Teamkollegen Jenson Button von der Piste wischte, war das große Unglück im kleinen Glück. Die Motivationsrede des 33-Jährigen danach ging so: "Es ist natürlich nicht das beste aller Resultate, aber der zehnte Platz wird helfen, jeden in unserem Team zu motivieren. Wir alle wissen, dass es ein Langzeitprojekt ist und dass es dabei keine Zaubertricks gibt. Aber es ist wichtig, dass wir jede Chance auf Punkte nutzen. Deshalb war dieses Rennen ein Erfolg für unsere Moral."

Williams

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(Foto: Getty Images)

Wie lange ist zu lang? Seit 2012 hat kein Williams-Rennfahrer mehr einen Sieg für das stolze Traditionsteam erringen können. Felipe Massa gar hat seit 2008 keinen Grand Prix mehr gewonnen. Und dann führt der Brasilianer nach einem Blitzstart -ab durch die Mitte und an beiden Silberpfeilen vorbei - plötzlich das Heimrennen des so standhaften Privatrennstalls an. Massa hat im Schlepptau Bottas, der sogar noch schneller ist. Das Werksteam von Mercedes twittert sofort: "So war das ja nicht gedacht. Aber Hut ab!" Die Freude hält nicht ganz bis zur Rennhälfte. Dann kontert Hamilton den Spitzenreiter mit einem besseren Boxenstopp aus, später müssen sie auch noch Rosberg passieren lassen. Dass es aber weder Massa und Bottas aufs Podium schafften, lag an der falschen Regen-Taktik. Etwas, das jedem passieren darf in Buckinghamshire - nur nicht einem englischen Team...

Nico Hülkenberg

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(Foto: Getty Images)

Für den einzigen Le-Mans-Sieger im Starterfeld der Formel 1 könnte es nicht besser laufen. Der neue Dienstwagen von Force India, offiziell B-Version genannt, entpuppt sich als A-Klasse. Der dritte Deutsche in der Königsklasse hat jetzt zum dritten Mal in Folge gepunktet, mit einem ordentlichen siebten Platz in diesem Fall. "Mein Start war sensationell, vielleicht der beste, den ich jemals in der Formel 1 hatte", schwärmte der 27-Jährige, "ich bin raketenartig an beiden Ferrari vorbei auf Rang fünf geschossen." Das einzige Pech des Tages: Als der Regen richtig einsetzte, war er gerade an der rettenden Boxeneinfahrt vorbei. Aber der Rückspiegel bleibt eingeklappt: "Die Veränderungen am Auto haben uns auf den richtigen Weg geführt. Das war ein voller Schluck aus der Pulle und ein guter Schritt vorwärts. Mich hat besonders gefreut, dass es gleich auf Anhieb funktioniert hat."

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(Foto: dpa)

Die Formel 1 liegt hinter ihm, der Australier sucht in Le Mans sein neues Glück. Aber nun folgt die schriftliche Abrechnung über seine Zeit an der Seite von Sebastian Vettel bei Red Bull Racing. "Aussie Grit" heißt die gerade erschienene Autobiografie, die sich am ehesten mit "Verbissenheit" übersetzen lässt. Webber klagt wenig überraschend darüber, dass er gegenüber dem Konzernzögling benachteiligt worden sei. Als sich Vettel 2013 in Malaysia über eine Teamorder hinwegsetzte und Webber überholte, hätten sich die beiden nicht mal mehr in die Augen gucken können. Webber: "Sebastians Arroganz hat dazu geführt, dass er es einfach nicht verstanden hat, wenn etwas falsch gelaufen ist." Der 38-Jährige gesteht aber auch: "Ich gebe offen zu, dass er insgesamt ein besserer Formel-1-Pilot ist, als ich es je war. Er war aber genau wie ich nur eine kleine Figur im großen Spiel."

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