Zehn Zylinder in der Formel 1:Vettel wird erwachsen

Sebastian Vettel erlebt durch die Abnabelung von Red Bull einen Reifungsprozess, Fernando Alonso gehen bei Ferrari die Lichter aus. Doch der Unfall von Jules Bianchi überdeckt alle Debatten. Die Formel-1-Kolumne.

Von Elmar Brümmer, Suzuka

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Sebastian Vettel

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Quelle: AFP

Es gab schon einmal einen deutschen Rennfahrer, der mit 27 eine neue Karriere in der Formel 1 begann, die Karriere schlechthin. Sebastian Vettel schickt sich jetzt an, es seinem Freund und Idol Michael Schumacher gleichzutun, zumindest was die Aufbauarbeit einer sich völlig neu formierenden Ferrari-Mannschaft angeht. Offiziell ist das noch nicht, bestätigt ist nur sein Abgang bei Red Bull Racing zum Saisonende. Nach 15 Jahren, in denen der Brausehersteller Vettels Karriere finanziell ermöglicht hat, kein leichter Schritt. Es sollen Tränen geflossen sein, und der Kloß will nicht so recht aus dem Hals verschwinden, wenn Vettel den spektakulärsten Transfer seit Schumi mit dem Erwachsenwerden vergleicht: "Das ist so, als ob man sein Elternhaus verlässt."

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Jules Bianchi

Marshalls clear the way for an ambulance after the race was stopped following a crash by Marussia Formula One driver Bianchi of France at the Japanese F1 Grand Prix at the Suzuka Circuit

Quelle: Yuya Shino/Reuters

Ein Unfall, den die Rennfahrer "freak accident" nennen, die Verkettung unglücklicher Umstände. Wie und warum der 25 Jahre alte Franzose trotz Warnflaggen in ein Bergungsfahrzeug auf dem Suzuka International Circuit raste, bleibt unklar. Ebenso die Schwere der Kopfverletzungen, nachdem der Marussia-Pilot drei Stunden nach dem Rennabbruch operiert wurde. Die, die Hoffnung sehen wollen, nachdem der Rennwagen den Traktor seitlich traf, halten sich an Meldungen wie die, dass Bianchi nicht künstlich beatmet werden muss. Allerdings machte am Montag auch die Nachricht die Runde, dass der Franzose in der Nacht erneut operiert werden musste. Die anderen Rätsel rund um die Sicherheitsmaßnahmen in Suzuka müssen nach und nach geklärt werden, die Polizei hat das Wrack beschlagnahmt.

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Phanfone

Japan Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Kommt aus dem Laotischen und bedeutet übersetzt "das Tier". Der dritte Taifun, der in diesem Jahr Japan trifft, wirbelte die Formel 1 zwar mächtig auf, kam dann aber erst in der Nacht nach dem Rennen an Land - da war zumindest das Equipment von Teams und Fernsehstationen schon verzurrt, das eiligst zum nächsten Rennort nach Sotschi geflogen werden musste, wo schon am Wochenende der erste Große Preis von Russland ausgetragen wird. Am Montagmorgen, als der Zyklon über Suzuka hinwegfegte, war der Flugverkehr zunächst unterbrochen. Eine Vorverlegung des Rennens war nach den ernsten Hinweisen der Formel-1-Meteorologen nach langen Diskussionen vom Veranstalter abgelehnt worden. Der chaotische Rennverlauf ist zwar dem Regen, nicht aber dem Sturm geschuldet.

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Max Verstappen

F1 Grand Prix of Japan - Practice

Quelle: Getty Images

Der größte Unterschied zwischen ihm damals und Max Verstappen heute, sagt Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel über das Debüt des 17 Jahre und drei Tage alten Niederländers, sei die Tatsache, "dass ich selbst vom Hotel zur Rennstrecke fahren durfte, aber Max hat ja noch keinen Führerschein." Dafür schlug sich der künftige Stammpilot von Toro Rosso wacker im ersten Trainingseinsatz. Zwölftbester, am Ende ging der Motor ohne seine Schuld hoch. Die Diskussion über den vermeintlichen Jugendwahn kontert er sofort: "Ach, ich bin nicht so fokussiert auf das Alter. Wenn Du bereit bist für etwas, dann ist Alter ist doch bloß eine Zahl", antwortet er schlagfertig. Und mit einem Lausbubengrinsen fügt er auf die Frage, wie jung zu jung für die Formel 1 sei, an: "Vierzehn!"

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Kamui Kobayashi

Caterham Formula One driver  Kobayashi of Japan drives during the Japanese F1 Grand Prix at the Suzuka Circuit

Quelle: REUTERS

Bei den Podiumtalkrunden vor dem Großen Preis von Japan durfte Kamui Kobayashi in der ersten Reihe Mitte sitzen, das ist eigentlich der Platz, der für den Champion reserviert ist. Aber Sebastian Vettel rückte bereitwillig zur Seite. Suzuka ist Kobayashis Heimspiel, hier hat er 2012 mit dem dritten Platz seine Landsleuten zu tiefen Verneigungen gebracht. Danach musste er mangels Sponsoren-Mitgift ein Sabbatical-Jahr einlegen, obwohl die japanischen Fans Millionen für ihn gesammelt hatten. Diese Saison fährt er für den Caterham-Rennstall, solange dieser fährt. Aus England kommen Pfändungsnachrichten, der Kummer gewöhnte 28-Jährige aber lässt sich nie unterkriegen - er ist ein unermüdlicher Überholer, auch wenn es in Suzuka nur zum vorletzten Platz reichte.

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Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Den Mann, den er von nun an - neben Nico Rosberg - auch jagt, umarmte Lewis Hamilton auf dem Podium von Suzuka: Dort hatte ihm Nigel Mansell, der Weltmeister von 1992, zum achten Saisonerfolg gratuliert. Möglich gemacht durch ein spektakuläres Überholmanöver gegen seinen Silberpfeil-Teamkollegen und WM-Rivalen aus Deutschland, damit ist Hamiltons Vorsprung auf zehn Punkte angewachsen. Insgesamt war es der 30. Grand-Prix-Erfolg für ihn, damit ist er bis auf einen Sieg an Mansell dran, es geht um Platz sechs in der ewigen Bestenliste. Seinen Hattrick wollte Hamilton in Japan aber ins rechte Verhältnis gerückt sehen: "Angesichts dessen, was mit Jules Bianchi passiert ist, bedeutet das gerade gar nichts."

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Daniel Ricciardo

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Konfusion auf der Strecke, Konfusion am Unfallort, Konfusion vor der Siegerehrung. Nachdem Sebastian Vettel in der letzten Safety-Car-Phase noch einmal zum Reifenwechsel an die Box ging, war eigentlich der Australier im Red-Bull-Duell wieder vorn und Dritter. Doch gewertet wird die letzte freie Runde, weshalb der Heppenheimer aufs Podium durfte. Künftig aber ist Ricciardo, als WM-Dritter die große Saisonüberraschung, wohl der Chef beim Dosen-Rennstall. Der 25-Jährige will vom Lehrjahr an der Seite Vettels profitieren: "Ich bin froh, dass ich wenigstens ein Jahr hatte, in dem wir gemeinsam gefahren sind und ich gesehen habe, wie er arbeitet. Direkt gegen ihn anzutreten, das ist auch gut für meine Karriere."

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Daniil Kvyat

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Sein erstes Jahr bei Toro Rosso ist gleichzeitig auch das letzte im Formel-1-Talentschuppen von Red Bull. Der 20 Jahre alte Russe wird nach bisher 15 Grand-Prix-Einsätzen (und acht Punkten) zum Saisonende gleich weiter befördert, wird Sebastian Vettel im Paradeteam des Konzerns ersetzen. Der Mann aus Ufa nahm die schnelle Ehre, erst kurz vor dem Samstagstraining in Suzuka bekam er den überraschenden Bescheid, ganz gelassen. Er schaltete erst einmal sein Mobiltelefon aus, weil er sich auf das Qualifikationstraining konzentrieren wollte. Im Rennen belegte er den undankbaren elften Platz. Momentan bedeutet das noch, den Erwartungen zu entsprechen. Aber die werden höher, keine Frage.

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Fernando Alonso

File Vettel and Alonso

Quelle: dpa

Bevor der 14. WM-Lauf richtig los ging, war er für Fernando Alonso schon beendet - sein Ferrari lahmgelegt von einem Elektronikdefekt. Was für ein Zeichen: Denn für den 33 Jahre alten Spanier dürften die Lichter in Maranello bald ganz ausgehen, nach fünf Jahren scheint die ehemalige Traumehe gescheitert wie der Traum vom Weltmeistertitel. Den will der Spanier, der sich in der Form seines Lebens sieht, wohl bei seinem alten Arbeitgeber McLaren neu aufleben lassen, das wäre der nächste spektakuläre Fahrerwechsel. Bestätigt ist das noch nicht, nicht mal sein Abgang bei Ferrari. Vielleicht droht ihm auch ein Jahr Zwangspause. Aber eins will er klarstellen: "Ich bin immer noch der Herr über meine eigene Zukunft."

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Jenson Button

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Quelle: AFP

Der Branchensenior, der im Januar 35 wird, hat unter den komplizierten Bedingungen in Suzuka einmal mehr seinem Ruf als Reifenflüsterer Ehre gemacht, sich durch einen frühen Wechsel von Rang acht auf drei geschoben. Dass er am Ende doch nur als Fünfter gewertet wurde, ist einem Lenkradwechsel beim Boxenstopp zuzuschreiben. Ob der beim Team und insbesondere in Japan beliebte Brite für eine 16. Grand-Prix-Saison in Frage kommt, hängt von Alonso und McLaren-Boss Ron Dennis ab. Aber auch von Honda. Der neue Motorenpartner des Rennstalls braucht für die schnelle Weiterentwicklung erfahrene Fahrer, Buttons derzeitiger Partner Kevin Magnussen (22) kann das noch nicht sein. Button, auch ein ausgezeichneter Triathlet, präpariert sich schon mal: "Ich hoffe, dass ich eine Zukunft über die Formel 1 hinaus habe."

© SZ.de/ska
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