Zehn Zylinder in der Formel 1:Vettel und die Rückkehr der Altherrenwitze

Sebastian Vettel gewinnt endlich wieder ein Formel-1-Rennen und findet seinen Humor wieder. Michael Schumacher fällt hingegen wieder mal aus - und wird wieder mal bestraft. Kampfdackel Timo Glock fährt immerhin im besten Null-Punkte-Team. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Elmar Brümmer, Singapur

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Lewis Hamilton

Formel 1 - GP Singapur

Quelle: dpa

Sebastian Vettel gewinnt endlich wieder ein Formel-1-Rennen und findet seinen Humor wieder. Michael Schumacher fällt hingegen wieder mal aus - und wird wieder mal bestraft. Kampfdackel Timo Glock fährt immerhin im besten Null-Punkte-Team. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Von Elmar Brümmer, Singapur

Lewis Hamilton: Wenn einem die Worte fehlen, dann gibt es immer noch Twitter. Der dritte Sieg im vierten Rennen wird Lewis Hamilton durch ein defektes Getriebe im McLaren genommen. 52 Punkte liegt der Brite jetzt hinter Alonso zurück, seine Jagd auf den Spanier hatte doch gerade erst richtig begonnen. Nach dem Rennen hatte er mit dem Zwitschern mehr Erfolg als mit dem Schalten. Seine Botschaft ist eine von Martin Luther King: "Man sollte einen Menschen nicht daran messen, wo er in angenehmen Zeiten steht, sondern im Moment der Herausforderung und der Kontroverse."

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Nico Hülkenberg

Formel 1 - GP Singapore

Quelle: dpa

Nico Hülkenberg: Vor zwei Wochen noch als möglicher Massa-Ersatz bei Ferrari gehandelt, gern auch in der Pokerpartie zwischen McLaren und Mercedes ins Spiel gebracht, geriet der 25-Jährige in Singapur in den Karrierestau. Erst hing der Emmericher hinter Räikkönen und Schumacher fest, das versaut ihm die kluge Reifenstrategie und einen Sprung nach vorn wie seinem viertplatzierten Teamkollegen Paul di Resta. Dann ruinierten ihm die Safety-Car-Phase und eine Kollision mit dem Sauber von Sergio Perez alle Hoffnungen auf einen Sprung in die Top Ten. So viel Frust will verarbeitet sein - zum Beispiel mit der schnellsten Runde des Rennens, eine ganze Sekunde schneller als Sieger Vettel. Geht doch. 

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Sebastian Vettel

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Sebastian Vettel: Neun Rennen, so lange wie noch nie seit seinem ersten Formel-1-Erfolg, musste Sebastian Vettel auf seinen zweiten Saisonsieg warten. Drei Stunden nach dem Marathon an der Marina Bay durfte er ihn auch behalten, so lange ermitteln die Rennkommissare, ob der Heppenheimer am Ende der ersten Safety-Car-Phase nicht zu heftig gebremst und damit Jenson Button behindert hatte. Und plötzlich ist alles wieder da, Lausbubenlächeln, Altherrenwitze. Er sagt nicht, dass er an 2010 denkt, und wie Ferrari Alonsos Titel vergeigt hat. Aber mit 29 Punkten Rückstand bei 150 Zählern, die es noch zu gewinnen gibt, ist wirklich wieder alles drin. Dazu passt einer seiner Lieblingssprüche: "Wichtig ist, wenn es zählt."

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Sid Watkins

Red Bull Formula One driver Webber of Australia signs a book in memory of former medical delegate Watkins before the third practice session of the Singapore F1 Grand Prix

Quelle: REUTERS

Sid Watkins: Näher, heller und natürlich lauter, so versprechen es die Veranstalter der rasenden Nachtschicht von Singapur, sei dieses Rennen. Eine Minute lang, kurz vor dem Start stand dann doch alles, ist es gespenstisch still auf der langen Geraden: Die Formel 1 gedachte Professor Sid Watkins, jenem Mediziner, der vielen Fahrern das Leben an der Strecke rettete, und noch mehr Piloten vor Unfällen bewahrte. Der Brite, der vor wenigen Tagen im Alter von 84 Jahren verstorben ist, war nach dem Tod von Ayrton Senna die treibende Kraft der Sicherheitskampagne im Grand-Prix-Sport. "Sid hat dafür gesorgt, dass wir überhaupt solche Rennen wie dieses hier fahren können", sagte Sebastian Vettel - und widmete seinen zweiten Saisonsieg dem Renn-Doc.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:S Iswaran

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Quelle: AFP

S Iswaran: "Sonne brauchen wir nicht", behaupten die Macher des Nacht-Grand-Prix - 1600 Strahler sollten für eine viermal größere Helligkeit sorgen, als sie in Fußballstadien üblich ist. Auf was es wirklich ankommt, formuliert Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone im Dialog mit Singapurs Staatsminister S Iswaran (links im Bild), der auch für Transport und Wirtschaft zuständig ist: "Es war ein bisschen schwierig, ihm klarzumachen, dass wir nicht umsonst hier fahren." Das war anlässlich der Vertragsverlängerung für das spektakuläre Rennen bis 2017 im Spaß gesagt, aber ernst gemeint. Und erstmals musste Ecclestone wohl Rabatt geben, weil die Formel 1 Singapur mehr braucht als umgekehrt: Die 40 Millionen US-Dollar Antrittsgeld dürften sich wohl halbiert haben.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Norbert Haug

Formel 1 - GP Singapore

Quelle: dpa

Norbert Haug: Der Motorsportchef von Mercedes ist ein erklärter Racer, der sich in der Boxengasse wohler fühlt als am Verhandlungstisch. An selbigem ist er allerdings gerade deutlich erfolgreicher. Der Konzernvorstand in Untertürkheim hat nach langen Bedenken grünes Licht gegeben, den Formel-1-Grundlagenvertrag mit Bernie Ecclestone zu unterschreiben. Damit ist das Werksteam bis 2020 am Start. Weil der Konzern wichtig ist für den geplanten Börsengang, hat Ecclestone ein paar Zugeständnisse gemacht. Mal sehen, ob Schlichter Haug als Chef der beiden Mercedes-Ställe die Balance auch bei der Besetzung des zweiten Silberpfeil-Cockpits hinbekommt: Schumi wegschicken und Hamilton holen - oder umgekehrt. Am Tisch wie auf der Piste gilt: Wer zuerst zuckt, verliert meistens.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Michael Schumacher

F1 Grand Prix of Singapore

Quelle: Getty Images

Michael Schumacher: Offenbar hatten wir es mit einem Wochenende der Renn-Philosophen zu tun, David Coulthard sagt unter dem Riesenrad von Singapur, die Formel 1 sei eine Achterbahn: "Sie bringt dich zu höchsten Höhen und tiefsten Tiefen. Du verlierst mehr als du gewinnst, aber so ist der Grand-Prix-Sport." Das gilt auch für Rekordweltmeister: Michael Schumacher musste mit dem Silberpfeil darum kämpfen, überhaupt unter die Top Ten zu kommen. Kaum dort angelangt, rauschte er als Spätbremser mit voller Wucht in den Toro Rosso von Jean-Eric Vergne. Der 22 Jahre alte Rookie klopft dem Ex-Champ trotzdem aufmunternd auf die Schultern, kann ja mal passieren. Auch zweimal - schon vergangenes Jahr kreiselte sich Schumi ins Aus. Die Kommissare brummen ihm dem Verlust von zehn Startplätzen im nächsten Rennen auf.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Timo Glock

Formel 1 - GP Singapur

Quelle: dpa

Timo Glock: Zwölfter! Zwölfter! Zwölfter! In solchen Sphären war das Marussia-Team, das sich auch gern mit einem gezeichneten Kosmonauten als Maskottchen schmückt, noch nie in den zweieinhalb Jahren seines Bestehens. Der Odenwälder Glock, der den Spitznamen "Kampfdackel" als Ehrentitel versteht, spricht von einem "unglaublichen Rennen". Der 30-Jährige hätte das Zeug, um in einem Top-Rennstall zumindest als zweiter Mann unterzukommen - aber er ist eben ein (übrigens gut bezahlter) Kämpe mit sicherem Fünf-Jahres-Vertrag. Marussia ist aufgrund der besseren Platzierungen nun das Beste der drei Null-Punkte-Teams am Tabellenende. Das bringt in der Ausschüttung der Marketingeinnahmen ein paar Milliönchen. Glockseidank.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Henri Coanda

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Henri Coanda: Rumänien dürfte eines der wenigen Länder sein, das nicht auf der Expansionsliste von Bernie Ecclestone steht, dabei bestimmt ein Physiker aus Bukarest das Tempo in der Königsklasse maßgeblich mit. Ein gewisser Henri Coanda hat vor ungefähr 80 Jahren erforscht, dass Gase einer bestimmten gewölbten Form folgen können, auch wenn sie gar nicht in diese Richtung blasen. Den Coanda-Effekt machen sich die Formel-1-Ingenierure zunutze, in dem sie die Auspuffabgase aus den nach oben gerichteten Endrohren nach unten umleiten. Sieben Rennställe haben den Trick zum Trend gemacht - neuerdings folgt dieser Idee auch Mercedes. Coanda, der vor 40 Jahren starb, hatte übrigens auch eine fliegende Untertasse entwickelt ...

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Romain Grosjean

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Quelle: AP

Romain Grosjean: Die Rennstreckenmauer hat er berührt, als es noch nicht zählte. Ansonsten hat dem Pistenrüpel von Spa die Zwangspause offenbar gutgetan. Der Renault-Pilot, der als erster Rennfahrer seit 18 Jahren für fieses Fahren gesperrt worden war, hat sich von dem ganzen Psychogiequatsche nicht verrückt machen lassen, auch wenn er öffentlich Besserung gelobte: "Aus den Vorfällen muss ich meine Lehren ziehen, mich steigern und stärker zurückkehren." Platz sieben im Lotus - ohne jegliche Feindberührung - darf man als gelungene Verwirklichung werten. Der Rückkehrer ließ sogar brav seinen Teamkollegen Kimi Räikkönen durch. Und lächelte brav jeden mentalen und realen Druck weg: "Unter bestimmten Umständen muss man sich intelligent verhalten." Warum nicht immer?

© Süddeutsche.de/ebc/joku
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