Zehn Zylinder in der Formel 1:"Man macht alles richtig und wird ausgepfiffen"

Sebastian Vettel spricht nach seinem vierten WM-Titel über traurige Augenblicke, Fernando Alonso macht seinem Arbeitgeber ironische Vorwürfe und Nico Rosberg poliert sein Selbstvertrauen auf. Die Zehn Zylinder in der Formel 1.

Von Elmar Brümmer

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Sebastian Vettel

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Quelle: AFP

Sebastian Vettel spricht nach seinem vierten WM-Titel über traurige Augenblicke, Fernando Alonso macht seinem Arbeitgeber ironische Vorwürfe und Nico Rosberg poliert sein Selbstvertrauen auf. Die Zehn Zylinder in der Formel 1.

Sebastian Vettel: Der zehnte Saisonsieg, der sechste in Folge, der Titel, die Zieldurchfahrt, der Funkspruch - und dann: "Plötzlich eine gewisse Leere." Schon das vierte Mal Weltmeister, und immer noch ist er mental nicht angekommen. Dreht mit seinem Auto Donuts auf den Asphalt, kniet vor seiner "Hungry Heidi" nieder, huldigt ihr. Und dann, irgendwann, nach einem minutenlangen Dialog, bei dem er keinen Förderer seit Go-Kart-Zeiten vergisst, bricht es aus ihm heraus. Er widmet den Erfolg seiner Familie und Freundin Hanna: "Sie geben einem so viel Glaube und so viel Kraft - gerade in einem Jahr, in dem wir unheimlich viel negative Gefühle mitbekommen haben. Man macht alles richtig und wird dann ausgepfiffen, das tut unheimlich weh." Sprach's und machte sich nach reichlich Jägermeister-Red-Bull auf den Heimflug nach Zürich, zu seinem Bauernhof im Thurgau.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Adrian Newey

F1 Grand Prix of India - Race

Quelle: Getty Images

Adrian Newey: In all der Aufregung auf den letzten Runden zum Titel, als der Red-Bull-Konstrukteur um die Lichtmaschine in Vettels Auto bangte, hat der Vorsichtsmensch Adrian Newey doch glatt seine Taucherbrille vergessen, mit der er sich sonst auf dem Podium vor den Champagner-Orgien schützt. Also gab's voll eins auf die hohe Stirn. Der Brite, der so gern Segelboote konstruieren würde, ist bei den Rennwagen hängen geblieben. Der Mannschaftserfolg, den Red Bull Racing in Greater Noida feierte, ist sein zehnter Weltmeistertitel als Konstrukteur. Und Newey schätzt Sebastian Vettel, weil er im Heppenheimer die eigene Akribie erkennt, außerdem würde Vettel so sanft und konstant fahren. Für Newey sind seine Rennwagen nämlich keinesfalls Maschinen, sondern Geschöpfe. Also Respekt, bitte.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Red Bull

F1 Grand Prix of India - Race

Quelle: Getty Images

Red Bull: Er hat eine merkwürdig klingende Bezeichnung: Konsulent. Das ist das österreichische Kosewort für Berater. Helmut Marko, ehemaliger Rennfahrer und Hotelier aus Graz, ist nicht nur der Talentsucher von Red Bull, er berät den Ober-Bullen Dietrich Mateschitz auch sonst in allen rennsportlichen Fragen. Sebastian Vettel ist seine Entdeckung, und deshalb darf sich der 70-Jährige auch ein Stück vom Erfolg des jüngsten Vierfach-Champions der Geschichte anrechnen: "Als wir Jaguar-Team in den Red-Bull-Rennstall umgewandelt haben, dachten wir, wenn wir irgendwann mal einen Grand Prix gewinnen, ist das das Maximum. Diese Titel hätten weder wir noch Sebastian erwartet." Vettels deutsche Tugend war das, was dem britischen Rennstall mit der österreichischen Seele noch gefehlt hatte. Daraus wurde eine Multi-Kulti-Siegermentalität.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Russen

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Quelle: imago sportfotodienst

Russen: Und schon geht im Red-Bull-Talentschuppen die Suche nach dem nächsten Vettel weiter. Bei Toro Rosso, dem hauseigenen Ausbildungs-Rennstall, wird in der neuen Saison der erst 19 Jahre alte Russe Daniil Kwjat (im Bild) in einem der Cockpits sitzen. Eine überraschende Entscheidung, die vielleicht durch einen Geldgeber aus der Heimat möglich gemacht wurde. Dann gibt es noch seinen Landsmann Sergej Sirotkin (18), der zumindest als Testfahrer debütieren soll. Und in der Vorfreude auf den ersten Großen Preis von Russland in Sotschi rechnet sich auch der ehemalige Lotus-Pilot Witali Petrow (29) ein Comeback aus und geht mit seiner Sponsorenmitgift hausieren. In der Formel 1 wird damit eine beliebte Redewendung im Wortsinn wahr: Der Rubel rollt.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Fernando Alonso

Formula One Grand Prix of India

Quelle: dpa

Fernando Alonso: Ausgerechnet sein Kumpel Mark Webber rasierte Fernando Alonsos Frontflügel und vernichtete damit alle Chancen, die Weltmeisterschaft über den Großen Preis von Indien hinaus offen zu halten. Nach dem frühen Reparaturstopp rutschte er auf Rang 20 ab, konnte sich lediglich auf den elften Platz vorkämpfen. "Es war ein Kampf mit dem Rücken zur Wand", gestand der Spanier nach der vierten Titel-Niederlage in Folge. Das Auto nicht schnell genug, das Team verunsichert, er selbst vielleicht schon auf dem Absprung zu McLaren - und trotzdem ist 2013 für Alonso eine "fantastische Saison", denn mehr sei mit diesem Auto nicht drin gewesen. Ein ironischer Vorwurf an seinen Arbeitgeber. Mal sehen, wie er selbst mit solch missmutigen Angestellten umgehen wird, wenn im kommenden Jahr sein eigener Profi-Radrennstall namens FACT debütiert.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Felipe Massa

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Quelle: AFP

Felipe Massa: Noch einmal Vierter werden, das erinnert an alte Zeiten, als Felipe Massa mal so etwas wie eine Hoffnung war. Zumindest immer gut genug, einen Ferrari unter die ersten Drei zu fahren, für ein paar Sekunden 2008 sogar Weltmeister. Nachdem bei der Scuderia niemand mehr an ihn glaubt, gibt sich der brave Brasilianer als Rebell. Aber die Rolle passt nicht so richtig. Tapfer sagt er, dass er mit 32 nur noch dann weiterfahren werde, wenn er ein gutes Team finde. Das scheint jetzt der Fall zu sein: Mit der Unterstützung des TV-Senders Globo TV könnte er beim Traditionsrennstall Williams anheuern. Dort ist der Venezolaner Pastor Maldonado, der 40 bis 50 Millionen Euro Ölkapital pro Jahr mitbringen soll, auf dem Absprung. Beide haben mit Nicolas Todt den gleichen Manager.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Romain Grosjean

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Quelle: AFP

Romain Grosjean: Zum dritten Mal in Folge Dritter, damit dürfte der Genfer mit der französischen Fahrerlizenz seinen Job bei Lotus sicher haben. Normalerweise heißt es ja in der Formel 1, dass Piloten, die Vater geworden sind, eine Sekunde langsamer fahren. Bei Grosjean drückt sich die Veränderung des Familienstandes eher darin aus, dass er überlegter und geduldiger erscheint. Im Vorjahr wegen diverser Harakiri-Manöver schließlich für ein Rennen ausgeschlossen, hält sich der 27-Jährige inzwischen weitgehend aus allem Ärger raus. In Indien hielt er sich selbst angesichts der Zick-Zack-Aktionen des vor ihm fahrenden Esteban Gutierrez zurück, und schaffte es vom aussichtslosen 17. Startplatz noch auf Rang drei. Behaupte noch einer, dass man in der verrückten Formel 1 nicht auch vernünftig werden kann.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Nico Rosberg

Formula One Grand Prix of India

Quelle: dpa

Nico Rosberg: Das zweitbeste Ergebnis der Saison, der direkte Rivale Lewis Hamilton nur Sechster - Nico Rosberg hat beim Großen Preis von Indien zumindest etwas fürs Selbstvertrauen und die Stellung im Mercedes-Rennstall getan. Die Silberpfeil-Fraktion liegt jetzt auf Platz zwei in der Konstrukteurs-WM, was ungefähr zehn Millionen Euro mehr Wert ist als der dritte Rang. Aber für Rosberg geht es jetzt schon darum, Boden auf Lewis Hamilton gutzumachen. In einem hat er seinem britischen Rivalen etwas voraus - nach der Verlobung steht für den 28-Jährigen die Heirat mit Freundin Vivian an. Hamilton hingegen hatte nach dem heimlichen Liebestreff mit seiner On-Off-Gefährtin Nicole Scherzinger schon wieder Pech - in der Hotelgarage sprang sein Auto nicht an, und das Date flog auf...

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Mark Webber

A fan asks Red Bull Formula One driver Webber for an autograph as Webber walks to his team garage after retiring from the race during the Indian F1 Grand Prix at the Buddh International Circuit in Greater Noida

Quelle: REUTERS

Mark Webber: Da, wo Sebastian Vettel am Ende stand, hätte auch Mark Webber landen können. Aber auch beim viertletzten Auftritt seiner Formel-1-Abschiedstournee blieb dem künftigen Porsche-Sportwagenpilot das Pech treu. In der zweiten Rennhälfte kam die Anweisung von der Box: "Mark, stell das Auto ab." Der Australier fragte zweimal nach, dann folgte er dem Stopp-Befehl, die Lichtmaschine in seinem Red-Bull-Rennwagen hätte es auch nicht mehr lange gemacht. Immer trifft es den 37-Jährigen, aber der behauptet tapfer: "Ich kann darüber nur noch lachen..." Allerdings verließ er unmittelbar nach seinem Ausfall die Rennstrecke - Weltmeisterparty bei Red Bull hin oder her. Drei Anläufe bleiben ihm noch, um seinen Traum vom zehnten Grand-Prix-Sieg zu verwirklichen.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Indien

F1 Grand Prix of India - Qualifying

Quelle: Getty Images

Indien: So wie das Ende der Geraden auf dem Buddh International Circuit im Nebel lag, verhält es sich auch mit der Zukunft des indischen Grand Prix. Da hilft auch die historische Krönung von Sebastian Vettel nicht, 2014 ist das Rennen erstmal raus aus dem Rennkalender, nach nur drei Auflagen. Das hat nichts mit den leeren Tribünen zu tun, die sind den Mondpreisen der Veranstalter geschuldet. Auch nicht mit der Piste, sie gehört zu den beliebtesten bei den Fahrern. Es sind die Steuerbehörden, die den Piloten und Teams monatelang die Einreise mit ihren Formalitäten erschweren - und die vom Veranstalter hohe Nachzahlungen fordern. Denn die Formel 1 sei eine Unterhaltungs- und keine Sportveranstaltung und dürfe deswegen nicht von Steuererleichterungen profitieren. Dem Rennen drohte bis Freitag die Absage - dann wäre Sebastian Vettel kampflos Weltmeister geworden.

© SZ.de/ska
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