Zehn Zylinder in der Formel 1:Ein Auto, von dem du nachts träumst

Die japanischen Fans erklären sich solidarisch mit Michael Schumacher, Sebastian Vettel träumt von seinem Dienstwagen und Niki Lauda muss gleich drei Rollen spielen. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Elmar Brümmer, Suzuka

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Sebastian Vettel

Formel 1 Grand Prix von Japan

Quelle: dapd

Die japanischen Fans erklären sich solidarisch mit dem verzweifelten Michael Schumacher, Lewis Hamilton kehrt vom Hotelpool an die Rennstrecke zurück, Sebastian Vettel träumt von seinem Dienstwagen - und Niki Lauda muss gleich drei Rollen spielen. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes in der Kolumne Zehn Zylinder.

Sebastian Vettel: So wie unsereins an der Kasse nach dem Tanken noch schnell ein paar Kaugummi holt, rundet sich der Weltmeister als erster Fahrer dieser Saison, der zwei Rennen in Folge gewinnen kann, ins Titelrennen zurück - und nimmt gleich noch den Ehrenplatz in der ewigen Bestenliste neben dem großen Juan Manuel Fangio (beide 24 Siege) ein. Es macht den kalkulierten Draufgänger verlegen, darüber zu sprechen. Er wird momentan auch nie zugeben, wie nahe er wieder an Alonso ist. Aus 42 Punkten Rückstand vor der Sommerpause vier gemacht zu haben, das weckt Erinnerungen an das - erfolgreiche - WM-Drama 2010. Er ist wieder eins mit sich und seiner rasenden Dose: "Ein Auto, von dem du nachts träumst." In Suzuka hat er im vergangenen Jahr seinen Titel perfekt gemacht, diesmal hat Alonso vielleicht hier verloren.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Nico Hülkenberg

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Quelle: AP

Nico Hülkenberg: Und was, wenn da gar nichts dran ist an dem Techtelmechtel zwischen dem 25-Jährigen vom Niederrhein und der stolzen Scuderia Ferrari? "Dann", sagt der Überraschungs-Siebte von Suzuka, "ist es trotzdem gut, mit Ferrari in Verbindung gebracht worden zu sein." Marktwert und so. Ende seines zweiten Formel-1-Jahres hat der "Hulk" die Gesetze der Wechsel-Saison längst intus. Er kämpft mit seinem Force-India-Kollegen Paul di Resta zum zweiten Mal um ein Top-Cockpit, erst bei McLaren, nun bei den Italienern. Wenn der große Traum nichts werden sollte, dann mangelt es ihm nicht an Alternativen. Beim Sauber-Rennstall, mittlerweile eine erste Adresse (sogar für Michael Schumacher), gilt er als einer der Favoriten auf ein Cockpit.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Michael Schumacher

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Michael Schumacher: Alles was er von jetzt an tut, an den verbleibenden 15 Arbeitstagen als Mercedes-Chauffeur, als aktiver Rekordweltmeister, wird Symbolik haben. Der Start aus der letzten Reihe in Suzuka passt prima zum Rücktritt vom Blatt und zur eher lieblosen Abwicklung durch Mercedes. Die Quälerei der vergangenen drei Jahre hat seine Batterien fast geleert, doch der befreite Schumacher pilotiert den Silberpfeil von Rang 23 im Rennen noch auf Platz elf. Zum Ehrenpünktchen fehlen im Duell mit einem gewissen Daniel Ricciardo bloß ein paar Zehntel. Aber er kam einfach nicht vorbei. Es fehlte schlicht der Speed - nicht dem 43-Jährigen, sondern dem Auto. Die Fans in Suzuka zeigten sich solidarisch und hielten tröstend eiligst gepinselte Plakate hoch: "No Michael - No Race."

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Kamui Kobayashi

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Kamui Kobayashi: Wenn es schlecht gelaufen wäre, hätte es der letzte Auftritt von Kamui Kobayashi vor eigenem Publikum gewesen sein können. Aber es ist gut gelaufen. So gut wie noch nie in drei Jahren Formel 1. Als dritter Japaner der Geschichte schafft er einen dritten Platz. In einem dramatischen Verteidigungskampf gegen Jenson Button, dem besten Duell der letzten Rennen. Vielleicht ist das Argument genug für den Schweizer Sauber-Rennstall, den Kamikaze (sorry, kein Klischee, sondern nur die sanfte Umschreibung seiner gelegentlichen Fahrweise) doch zu behalten. Der 26-Jährige füllt eine eigene Tribüne, 5500 Fans ausgerüstet mit dem Kamui-Logo, das gülden über der aufgehenden Sonne prangt. Sie harren fast drei Stunden aus, es ist längst dunkel. Dann tritt ihr Held noch mal vor die Garage. Verneigt sich schüchten vor den Blitzlichtern: Domo arrigato.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Niki Lauda

Mercedes holt Lauda als Aufsichtsratschef fuer die Formel 1

Quelle: dapd

Niki Lauda: Die berühmteste Kappe der Formel 1 bleibt rot, aber sie gehört von 2013 an nicht mehr Michael Schumacher. Vielmehr gilt: Wo Aabar draufsteht, ist Niki drin. Mal als RTL-Kommentator, als Unterhändler für Bernie Ecclestone, nach der Unterschrift auch offiziell Aufsichtsratchef im Mercedes-Rennstall. Eine Art Motorsport-Beckenbauer. Oder: Die neue N-Klasse. Erster Auftritt, erster Ärger, als er dem Fernsehpublikum die Mercedes-Leistung in der Qualifikation als "auf den Punkt gebracht: Katastrophe" nahebringt. Wer hat da gerade aus dem 63-Jährigen gesprochen - der Aufpasser, den Daimler-Lenker Dieter Zetsche verpflichtet hat, oder der Fernsehgrantler? Hätte Norbert Haug, der Mercedes-Sportchef, auch einen Hut - er müßte ihm eigentlich hochgehen.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Charlie Whiting

Red Bull Formula One driver Vettel of Germany talks to FIA Formula One Race Director Whiting ahead of the first practice session of the Singapore F1 Grand Prix

Quelle: REUTERS

Charlie Whiting: Der Mann mit den tausend Augen ist offiziell Renndirektor und Sicherheitsdelegierter, in Wirklichkeit während der Rennen aber der heimliche Herrscher der Formel 1. So oft wie in diesem Jahr hat der 60-Jährige, der die Rennen startet oder abwinkt, noch nie durchgreifen müssen. In seinem Kontrollturm muss er viele Monitore und ein Schnellgericht mit drei Funktionären und einem Fachmann beaufsichtigen. Es dauerte Stunden, bis in Suzuka Vettels Pole-Position am Samstag offiziell war, in Singapur lief das beim Sieg des Heppenheimers im Rennen ähnlich. Die Formel 1 ist auch zu einer Formel Protest geworden. In Japan kamen zu den bisher 92 Bußen in dieser Saison noch drei Zwangsvorfahrten vor der Box hinzu. Alles, was Recht ist: Fahren oder verhandeln?

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Lewis Hamilton

Japan Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Lewis Hamilton: Wo sind sie bloß geblieben, die Kings of Cool? Ein Rekordweltmeister, von Zweifeln in den vermutlich endgültigen Rücktritt getrieben. Sein Nachfolger, der sich tagelang am Hotelpool in Thailand wälzt, weil er nicht weiß, ob er bei McLaren bleiben oder zu Mercedes gehen soll. Das ist zwar rein sportlich gesehen wirklich schwierig, und auch die Abnabelung nach 14 Jahren von seiner Rennfamilie fällt einem 27-Jährigen nicht leicht. Gut aber, das es dafür Freiheit gibt. Und Geld auch. In Wirklichkeit dürfte aber es auch um das Big Ego des Formel-1-Rappers gehen. Denn: "Es gibt nicht viele Fahrer, die aus einem starken Team in ein schwaches gewechselt sind, und dieses dann zum Erfolg geführt haben. Ich möchte, dass das mal über mich gesagt wird." Mit dem Zögern muss dann aber Schluss sein.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Felipe Massa

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Felipe Massa: Zwei Jahre nicht auf einem Podium gewesen zu sein, das hat es in der Ferrari-Geschichte bei kaum einem anderen Rennfahrer gegeben. Der Fast-Weltmeister von 2008 hat die schlimmste Zeit seiner Karriere hinter sich, überstanden ist mit dem zweiten Platz von Suzuka (immerhin aus der zehnten Startposition) aber noch längst nicht alles. Der Brasilianer, seit 2006 in Maranello, hat zwar wirklich bessere Karten auf eine Vertragsverlängerung, aber sicher ist das nicht. Er könnte als Platzhalter für Sebastian Vettel noch ein Weilchen Alonso-Beifahrer bleiben. "Mir sind eine Million Dinge durch den Kopf gegangen in der letzten Zeit. Aber für diesmal will ich einfach nur glücklich sein." Beim Rennen in Korea am kommenden Wochenende könnte die Entscheidung fallen.

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Romain Grosjean

Japan Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Romain Grosjean: Das Statement könnte unverschämt sein, naiv, höhnisch, verzweifelt. "Seit ich zurückgekommen bin, lautet meine erste Priorität, am Start extrem vorsichtig zu sein", sagt der Franzose - nach dem Rennen. Das geht dann so: Mit Überschuss und Übermut auf die erste Kurve zuschießen, Sergio Perez diesmal nicht aus dem Weg räumen, dafür aber den Red Bull von Mark Webber torpedieren. In der Kettenreaktion werden etliche andere Autos beschädigt, das Safety Car muss ausrücken. Merci Bien an den Genfer, der unter französischer Lizenz den Lotus so oft als Rammbock benützt. Ein Rennen ist er schon gesperrt wurde, diesmal gibt es eine Stop-and-Go-Strafe. Im Fahrerlager wünschen sich viele weitere Maßnahmen gegen den Rüpel. Opfer Webber sagt nur mitleidig: "Ein Spinner."

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Zehn Zylinder in der Formel 1:Stefano Domenicali

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Quelle: AFP

Stefano Domenicali: Von 29 Punkten Vorsprung vor Suzuka sind Fernando Alonso nur noch vier geblieben. Der Spanier weiß nach seinem zweiten - unschuldigen - Ausfall in vier WM-Läufen: "Damit beginnt die Saison neu, es wird eine Mini-Weltmeisterschaft mit fünf Rennen." Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali kann die ausgegebene Hamster-Taktik nun beerdigen. Er mahnt dazu, "rational zu bleiben und nicht italienisch zu reagieren". Cool bleiben, auch wenn im Entwicklungs-Wettstreit mit Red Bull, in dem die Scuderia ohnehin hinterherhinkt, ausgerechnet jetzt der Ferrari-Windkanal stillgelegt ist. Deshalb probiert es der 47-Jährige dann doch noch mal mit den Emotionen: "Heute haben andere gut lachen, morgen weinen sie wieder."

© SZ.de/jüsc
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