Zehn Zylinder der Formel 1:"Mein Fehler, sorry Jungs"

Nico Rosberg feiert das perfekte Wochenende, sein Konkurrent Lewis Hamilton gibt sich selbst die Schuld. Und Sebastian Vettel lächelt, immerhin. Die Höhepunkte des Renn-Wochenendes in der Formel-1-Kolumne.

Von Elmar Brümmer

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Nico Rosberg

Nico Rosberg, Lewis Hamilton

Quelle: AP

Seit er dem Rivalen Hamilton in Spa-Francorchamps ins Auto gefahren war, hat Nico Rosberg nicht mehr richtig strahlen können. Schlimmer noch: Seit Juli hatte er kein Rennen mehr gewonnen. In Interlagos erlebte er das perfekte Wochenende, verwandelte die zehnte Pole-Position in seinen fünften Sieg und wahrte damit seine Chance für das Finale mit den doppelten Punkten. "Ich habe mir gemerkt, was in Austin passiert ist", sagte der Wiesbadener nach seinem erfolgreichen Abwehrkampf gegen Hamilton. In Texas hatte ihn der Brite im Rennen abgezockt. "Diesmal habe ich den Abstand zu Lewis immer kontrollieren können." Es ist ein kleines Hochgefühl, dass er jetzt zwei Wochen konservieren muss. Fürs Erste fand er es mal wieder nur "cool".

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Interlagos

Lewis Hamilton

Quelle: AP

Das Autodromo Carlos Pace ist nicht bloß ein Formel-1-Kurs, vor allem ist es die ideale Teststrecke für brasilianische Straßenbaufirmen. Jedes Jahr wird die Buckelpiste neu geteert, aber bleibt trotzdem eine Pein für Nacken- und Rückenmuskulatur der Fahrer. Richtig zu tun gibt es im Winter. Das Fahrerlager von Interlagos ist das älteste und engste der ganzen Saison, man fühlt sich in alte Rennfahrerfilme versetzt. Damit ist Schluss: Bedingung für die Vertragsverlängerung des Rennens bis 2020 ist ein kompletter Umbau, und deshalb bekommt Sao Paulo das erste komplett überdachte Fahrerlager der Welt. Das kostet etwa 130 Millionen Euro, und wird vom Staat bezahlt. Nürburgring lässt grüßen?

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Felipe Nasr

F1 Grand Prix of Brazil - Previews

Quelle: Getty Images

Ja, Felipe Nasr ist ein Bezahlfahrer. Ja, nur richtige Motorsport-Insider haben schon etwas von ihm gehört. Aber nein, das kann man dem nächsten Brasilianer in der Formel 1 nicht vorwerfen. Der 22-Jährige, der künftig für den Sauber-Rennstall starten wird, hat in den Nachwuchsserien schon ordentlich Furore gemacht. Meister der britischen Formel 1, Zweiter der GP2-Serie. Aber das Argument für seine schnelle Beförderung sind natürlich jene angeblich 50 Millionen, die die Banco do Brasil in die Schweiz überweist - und damit den Verbleib des privaten Rennstalls in der Königsklasse sichert. Mit der Förderung einheimischer Piloten führt das Geldhaus eine Tradition fort: Es hat schon Ayrton Senna unterstützt, der immer noch wie ein Gott verehrt wird.

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Fernando Alonso

Fernando Alonso

Quelle: AP

Blockieren, dass geht auch neben der Strecke. Der zweifache Weltmeister Fernando Alonso, der so sehnsüchtig auf einen dritten Titel wartet, pokert weiter um seinen Verbleib in der Saison 2015. Bei Ferrari muss er dem alten Rivalen Sebastian Vettel Platz machen, aber dafür will der Asturier noch eine ordentliche Abfindung mitnehmen. Wohl in Richtung McLaren, wo künftig Hondas Yen-Millionen fließen. Zitat: "Es gibt noch ein Leben nach Ferrari." Warum er dann alle hinhält? Die Bedingungen, die ein deutscher Unterhändler diktieren soll, stimmen noch nicht ganz. Es geht ums Geld (bis zu 30 Millionen Euro im Jahr), es geht um die Laufzeit (zwei oder drei Jahre) - und vor allem um eine Ausstiegsklausel. Alonso will sich immer alle Optionen offenhalten. Das entspricht seinem Ego. Manche sagen, er sei einfach nur schwierig.

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Monisha Kaltenborn

Formula One Grand Prix of India

Quelle: dpa

Manchmal wirkt die Österreicherin nicht nur wie die Teamchefin des Schweizer Sauber-Teams, sondern wie eine Kindergärtnerin für die kleinen und großen Machos im Fahrerlager. Dass Monisha Kaltenborn studierte Juristin ist, hilft ihr gerade aber am meisten. Adrian Sutil und Giedo van der Garde, die sich schon sicher waren, 2015 für Sauber zu fahren, überlegen rechtliche Schritte. Und bei den Verhandlungen um mehr Gewinnbeteiligung für die kleinen Teams ist sie mit federführend, es geht um einen Zuschuss von 20 Millionen Dollar. Doch noch blocken die Großen zusammen mit Bernie Ecclestone den PS-Sozialismus, was vielleicht zu neuerlichen Boykottdrohungen für das nächste Rennen führen könnte. Bleibt alles, wie es ist, dann kennt Monisha Kaltenborn das Resultat schon: "Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft."

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Felipe Massa

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Interlagos, das ist für Felipe Massa nicht einfach bloß eine Rennstrecke. "Ich liebe diesen Platz, es ist ein Platz voller Energie", sagt der 33-Jährige, der bei Williams so etwas wie ein zweites Rennfahrer-Leben erlebt. Er kennt die Piste schon aus den Nachwuchsformeln, und das Trauma von 2008, als er in der letzten Kurve den schon sicher geglaubten Weltmeistertitel an Hamilton verlor, versucht er brav abzuarbeiten. Mit einem dritten Platz ist ihm das gelungen. Allerdings geht es bei ihm scheinbar nie ohne Drama: Erst überschritt er das Tempolimit in der Boxengasse, dann fuhr er auch noch beim falschen Team zum Reifenwechsel vor. Er beißt sich dann immer auf die Unterlippe, guckt wie ein kleiner Junge - und macht mit einem Lachen alles wieder gut. Dafür lieben sie den Pechvogel.

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Sebatian Vettel

Sebastian Vettel

Quelle: AP

Einmal noch Red Bull fahren, zum vorerst letzten Mal als amtierender Weltmeister. Dann wird Sebastian Vettel nur noch Ferrari-Rot sehen. Ob es in Abu Dhabi zum ersehnten ersten Saisonsieg reicht, den sich der frustrierte Heppenheimer für die zweite Jahreshälfte gewünscht hatte, ist mehr als fraglich. Es wäre das erste komplette Formel-1-Jahr Vettels ohne Sprung aufs oberste Treppchen. Aber er will wohl nur noch, dass es vorbei ist. Die Liebesbeziehung zum britischen Team ist zu einer Zweckehe erkaltet. Dennoch sagt er: "Ich fühle mich nicht als fünftes Rad am Wagen." Und lächelt sogar ein wenig zum fünften Platz in Brasilien. Immerhin waren die Überholmanöver gegen die Ferrari von Kimi Räikkönen und Fernando Alonso sehenswert, Ex-Weltmeister unter sich.

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Jenson Button

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Als Fünfter gestartet, Vierter geworden, das klingt unspektakulär. Aber nicht für einen Mann, der vielleicht das vorletzte Rennen seiner Karriere bestritten hat. Und das auch noch unter den dramatisch schwierigen Umständen von mörderischen 54 Grad Asphalt-Temperatur. Ein Fall für einen, den sie ehrfürchtig den "Reifenflüsterer" nennen. "Tricky", sagte Jenson Button dazu nur, und den Patzer bei der Boxenstopp-Taktik und das damit verpasste Podium kommentierte er mit "schade". Der 34-Jährige Brite, einer der letzten großen Charaktere im Fahrerlager, wird bei McLaren wohl für Alonso weichen müssen. Doch der Weltmeister von 2009 ist nicht wehmütig: "Es gibt so viele Sachen, die ich im Leben noch machen will. Egal, ob es der Versuch ist, beim Iron Man zu gewinnen oder noch einmal in einer anderen Rennserie zu fahren."

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Caterham

Giedo van der Garde of the Netherlands tries to get back onto the track next to Pastor Maldonaldo of Venezuela during the qualifying session of the Austin F1 Grand Prix at the Circuit of the Americas in Austin

Quelle: REUTERS

Der Marussia-Rennstall ist endgültig Pleite, aber Schicksalsgenosse Caterham kämpft tapfer darum, beim Finale in Abu Dhabi an den Start gehen zu können - nur das würde überhaupt die Chance auf einen Start in der Saison 2015 sichern. Da es vom Insolvenzverwalter kein Geld gibt, hat das verschuldete Team die Fans um Hilfe gebeten: Crowdfunding in einer Rennserie, die Milliarden verdient, aber für die Kleinen kein Geld übrig hat. Mitleid siegt: Das Projekt #RefuelCaterhamF1 hat innerhalb von nur 48 Stunden eine Million britische Pfund an Spenden bekommen. Wenn bis kommenden Freitag 2,35 Millionen zusammenkommen, kann die Truppe nochmal auf die Reise gehen. Vermarkter Bernie Ecclestone verzieht eher verächtlich das Gesicht, er hat was gegen "Klingelbeutel".

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Lewis Hamilton

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Hinterherfahren, das ist so gar nicht sein Ding. Auch als WM-Spitzenreiter sieht sich der Champion von 2008 lieber als Jäger. Für diese Rolle hatte er beim Großen Preis von Brasilien unfreiwillig selbst gesorgt, nachdem Rivale Rosberg zum Reifenwechsel an die Box ging. Erst fuhr Hamilton eine Rekordrunde, dann wollte er unbedingt noch eine weitere dranhängen - und in Kurve vier drehte sich der Silberpfeil aus der Kurve. "Mein Fehler, sorry Jungs", funkte er an die Box. Aus einer Sekunde Vorsprung waren im Nu zehn Sekunden Rückstand geworden. Bis zehn Runden vor Schluss hatte er den fast abgearbeitet, aber es reichte nicht mehr zum Überholmanöver. "Ich habe viel gelernt", behauptete der WM-Spitzenreiter hinterher. Das klang weder zufrieden noch richtig optimistisch.

© SZ.de/schma/dd
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