Zehn Zylinder der Formel 1:Drittes Pfeifkonzert für Vettel

Nach Belgien und Italien buhen die Fans auch in Singapur Sebastian Vettel bei der Siegerehrung aus, Fernando Alonso begibt sich auf die Suche nach dem Glück, Pech-Marie Mark Webber wird zum Tramper und danach bestraft, Bernie Ecclestone will vom Rücktritt nichts wissen. Die Zehn Zylinder der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Singapur

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Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

Sebastian Vettel Formel 1

Quelle: AFP

Nach Belgien und Italien buhen die Fans auch in Singapur Sebastian Vettel bei der Siegerehrung aus, Fernando Alonso begibt sich auf die Suche nach dem Glück, Pech-Marie Mark Webber wird zum Tramper und danach bestraft, Bernie Ecclestone will vom Rücktritt nichts wissen. Die Zehn Zylinder der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Singapur

Sebastian Vettel: Dritter Sieg in Folge, drittes Pfeifkonzert für den angehenden Wieder-Weltmeister. In Belgien galt das Missfallen allerdings den Greenpeace-Aktivisten, in Monza war es die Enttäuschung der Ferraristi - aber in Singapur? In einer Stadt, in dem der Staat alles unter Kontrolle hat? Die Machtdemonstration des Heppenheimers, diesmal mit über 30 Sekunden Vorsprung, führte wohl deshalb zu Buhrufen, weil es dem internationalen Publikum zu langweilig wird. Aber dass nur dem einen vorzuwerfen und nicht den anderen 21? Das trifft Vettel, der auf dem Podium zuvor sogar ein Tränchen verdrückte, auch wenn er die Missgunst scheinbar gelassen hinnimmt: "Wahrscheinlich waren das Ferrari-Fans auf Tour..." Teamchef Christian Horner bittet um mehr Anstand: "Sebastian hat breite Schultern, aber er ist auch nur ein Mensch. Er hat auch Gefühle." Willkommen in der Welt des Michael Schumacher.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Fernando Alonso

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Fernando Alonso: Es sind nicht gerade die Wochen des stolzesten aller Rennfahrer. Fernando Alonso hat nach seiner Kritik an der mangelnden Leistungsfähigkeit seines Ferrari in Italien erst öffentliche Demütigungen hinnehmen müssen, dann wird ihm Kimi Räikkönen für 2014 als Feind ins eigene Bett gelegt, schließlich wird er trotz grandioser Samurai-Leistung im Nachtrennen Zweiter, zum dritten Mal in Folge. Immer hinter Vettel, und am Äquator hat er nicht mal dessen Auspuff gesehen. Was tun bei 60 Punkten Rückstand und nur noch sechs Rennen? Da helfen dem Asturier jetzt keine seiner fernöstlichen Twitter-Weisheiten mehr. Sondern nur der nackte Aberglaube: "Wir brauchen sehr viel Glück. Glück in Korea, Glück in Japan, in Indien und Abu Dhabi. Wir brauchen einfach überall Glück."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Franz Tost:

Toro Rosso Formula One driver Ricciardo walks away from his crashed car as it is recovered during the Singapore F1 Grand Prix in Singapore

Quelle: REUTERS

Franz Tost: Er ist so etwas wie der Matthias Sammer der Formel 1. Erfolgsorientiert bis zur Verbissenheit. So hat der Österreicher, der einst Ralf Schumacher betreute, es zum Teamchef der Scuderia Toro Rosso gebracht. Aus dem Talentschuppen von Red Bull kommen immerhin Sebastian Vettel und dessen künftiger Partner Daniel Ricciardo. Jetzt wird also wieder ein Ausbildungsplätzchen frei. Tost formuliert das Anforderungsprofil so: "Am besten ist immer, wenn er das rechte Pedal findet und drücken kann. Punkt zwei: Er muss 365 Tage im Jahr für die Formel 1 leben. Nichts darf ihn ablenken. Punkt drei ist die Disziplin. Pünktlich sein, Trainingsplan und Ernährung respektieren. Viertens sollte er nachdenken, wie er zuerst seinen Teamkollegen und dann die anderen besiegen kann. Dafür muss er vorausdenken." Na, immer noch Interesse?

(im Bild wird das Auto von Toro-Rosso-Fahrer Daniel Ricciardo von der Strecke gehoben)

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Zehn Zylinder der Formel 1:Felipe Massa

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Felipe Massa: Es wäre doch schade, wenn die Formel 1 auf ihr zuverlässiges Knuddeltier verzichten müsste. Dem kleinen Felipe, der gerade nach einem Jahrzehnt bei Ferrari den Tritt bekommen hat, kann niemand lange etwas übel nehmen. Seine Drohung, er wolle den Rest der Saison jetzt nur noch für sich und nicht mehr für Fernando Alonso fahren, wie es sich als Nummer zwei nun Mal gehört, sei nur ein Spaß gewesen. Aus Singapur nimmt der 32-Jährige einen sechsten Platz als Bewerbungsschreiben für seinen Verbleib im Grand-Prix-Sport mit. Lotus, als Nachfolger seines Ferrari-Nachfolgers Kimi Räikkönen ist seine erste Wunschadresse. Dann vielleicht noch das Sauber-Team, wo er einst zur Ausbildung hingesteckt wurde. Und wenn gar nix geht, bleibt immer noch das Deutsche Tourenwagen-Masters. Da hätte er wenigstens ein Dach überm Kopf.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Lewis Hamilton: Coco heißt die Hundewelpe im Haushalt von Lewis Hamilton, und das kann kein Zufall sein. Denn sein Herrchen, hauptberuflich PS-Rapper bei Mercedes, ist die Modeinstanz der Formel 1. Also kann im Stammbaum seines zweiten Vierbeiners nur Chanel stehen. Hamilton ist bei seiner Kleiderwahl ähnlich mutig wie hinterm Lenkrad, und deshalb mag er den legeren Look der anderen Kollegen nicht. Und die Uniformen im Fahrerlager? "Sieht man sich die Teamkleidung an, ließe sich vermuten, dass da jemand Entscheidungen trifft, der von Mode keine Ahnung hat." Nein, Geschmacksbürger sein, dass ist nichts für einen wie ihn - deshalb hat er auch keine silberne Teamkappe auf, sondern eine schwarze. Was für ein Statement!

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Zehn Zylinder der Formel 1:Mark Webber

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Quelle: AFP

Mark Webber: Sechs Rennen noch, dann ist es geschafft. Mark Webber, ewige Pech-Marie neben dem Glückskind Sebastian Vettel bei Red Bull, wechselt dann zu Porsche in die Sportwagen-WM. Das Schicksal macht ihm den Abschied leicht. In Singapur fängt sein Getriebe in der letzten Runde Feuer, der vierte Platz ist dahin. Konkurrent Fernando Alonso weiß auch, wie es ist, immer von Vettel gedemütigt zu werden. Er nimmt den gestrandeten Australier, der während der Auslaufrunde winkend auf die Strecke rennt, als Anhalter auf seinem Ferrari mit (im Bild). Das hat Folgen: Webber wird für das Überqueren der Fahrbahn ohne Erlaubnis beim nächsten WM-Lauf in Korea zehn Startplätze zurückgestuft, weil es seine dritte Verwarnung in dieser Saison ist. Alonso, dem dabei fast zwei Silberpfeile hintendrauf fahren, kommt mit einem Knöllchen davon.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Tony Fernandes

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Tony Fernandes: Im richtigen Leben ist er als Chef der Billigfluglinie Air Asia einer der erfolgreichsten Start-Up-Unternehmer Asiens, als Teamchef beim Hinterbänkler Caterham kämpft er vergeblich für die Kostendämpfung der finanziell kriselnden Rennbranche. Acht von elf Rennställen haben heftige Sorgen. Aber: "Seit meinem ersten Tag in der Formel 1 sage ich, dass die Kosten zu hoch sind. Seitdem versprechen mir alle, dass sich die Kosten reduzieren werden. Stattdessen wird es aber immer mehr. Und nächstes Jahr wird es das teuerste Jahr überhaupt. Da läuft etwas fundamental schief. Am Anfang gab es noch große Einigkeit. Und dann hat einer nach dem anderen begonnen, sein eigenes Ding zu machen. Wir sind also selbst Schuld." Der Malaysier würde am liebsten in die Luft gehen.

(im Bild Caterham-Fahrer Giedo van der Garde)

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Zehn Zylinder der Formel 1:Kimi Räikkönen

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Kimi Räikkönen: Von Startplatz 13 aus noch Dritter zu werden, und das im kräftezehrendsten Rennen des Jahres und dazu noch mit heftigen Rückenschmerzen - eine klare Angelegenheit für den Stoiker des Grand-Prix-Sports. "Kimi hat die Schmerzgrenze durchbrochen", jubelt sein Lotus-Rennstall. Das Lob darf verrechnet werden. In Singapur hatte der Finne kundgetan, dass er nur deshalb 2014 bei Ferrari ein Comeback feiere, weil es ein Problem auf der Geldseite gibt. Stimmt, gesteht Teamchef Eric Boullier, der aber sauer ist, dass Räikkönen die Sache öffentlich gemacht hat. Wer hätte ihm denn vor zwei Jahren die Chance zum Wiedereinstieg gegeben? Allerdings darf der Franzose nicht zu sehr auf Moralist machen, er muss auch zugeben, dass man schon im Vorjahr mit der Gage im Verzug war: "Am Jahresende aber hat er alles bekommen."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Bernie Ecclestone

F1 Grand Prix of Singapore

Quelle: Getty Images

Bernie Ecclestone: Mit der Emittierung der Formel-1-Aktie an der Börse von Singapur ist es wieder nichts geworden, aber immerhin durfte der immer noch mächtigste Mann dieses Sports die Prozessverschiebung am Münchner Landgericht als persönliche Hausse verbuchen. Dass sein Lebenswerk mal wieder in einer tiefen Krise steckt (siehe auch: Tony Fernandes), beunruhigt den bald 83-Jährigen offenbar nicht zu sehr. Dem Fachmagazin auto, motor und sport erklärte der Brite, dass er weiterarbeite, weil es noch Dinge gebe, die getan werden müssten. Also kein Rücktritt? Ecclestone: "Die Leute reden darüber. Ich weiß nicht, was das ist." Und über die Münchner Gerichtsbarkeit sagt er: "Sie haben wohl sehr viel Arbeit um die Ohren. Ich hätte es gerne hinter mich gebracht."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Adrian Sutil

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Adrian Sutil: Er möchte ja nur gemocht werden, aber er möchte auch ein kritischer Geist sein. Respektiert. Gefragt. Vielleicht ist alles auf einmal ja auch ein bisschen viel. Der 30-Jährige aus Gräfelfing würde sein Comeback nach der einjährigen Zwangspause gern bei Force India fortsetzen, sein Punktgewinn auf den letzten Drücker in Singapur ist da gar keine so schlechte Empfehlung. Aber Teamchef Vijay Mallya lässt sein Personal gern zappeln. Der Inder weiß, dass es für Sutil keine großen Alternativen auf diesem Niveau gibt. "Es wäre in Ordnung, aber ich habe daran noch nicht zu viele Gedanken verschwendet. Es ist ziemlich ruhig im Moment", gesteht Sutil ein. Vielleicht wird es mit seinem Ehrenpunkt in der Nacht wieder lauter: "Der fühlt sich gut an, das stellt für das ganze Team eine kleine Motivation dar."

© SZ.de/hum
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