Zehn Zylinder der Formel 1:"Wievielter bin ich überhaupt?"

Michael Schumacher verwirrt sein dritter Platz, Sieger Fernando Alonso zeigt Gefühle. Und Sebastian Vettel? Scheidet zwar aus, lässt bei David Letterman im US-TV aber den großen Max raushängen. Eine Zusammenfassung des Wochenendes in der Formel-1-Kolumne Zehn Zylinder.

Elmar Brümmer

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Zehn Zylinder der Formel 1:Fernando Alonso

Formel 1 Grand Prix von Europa

Quelle: dapd

Michael Schumacher ist ob seines dritten Platzes völlig verwirrt, Sieger Fernando Alonso zeigt erstmals Gefühle. Und Sebastian Vettel? Scheidet zwar aus, lässt bei David Letterman im US-Fernsehen aber den großen Max raushängen. Eine Zusammenfassung des Wochenendes in der Formel-1-Kolumne Zehn Zylinder.

Aus Valencia von Elmar Brümmer

Fernando Alonso: Fluch gebrochen, zum ersten Mal hat in dieser Formel-1-Saison ein Fahrer zum zweiten Mal ein Rennen gewinnen können. Mit größtmöglicher Dramatik, höchster Emotion und gnadenloser Coolness. Diese Kombination verkörpert derzeit am besten Fernando Alonso, das Ein-Mann-Team von Ferrari. Zur bekannten Kompromisslosigkeit gesellen sich beim WM-Führenden erstmals öffentlich die Gefühle. Tränen bei der Nationalhymne, zuvor Niederknien vor der spanischen Fahne. Der Asturier sieht sich als rasende Payback-Karte: "Am Samstag unsere Fußballer bei der Euro, davor Nadal und jetzt mein Sieg - ich bin stolz, ein Spanier zu sein! Und ich bin froh, dass ich den Menschen in meinem Land, die gerade eine schwere Zeit durchmachen, etwas zurückgeben kann."

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Zehn Zylinder der Formel 1:David Letterman

File photo of David Letterman speaking at Primetime Emmy Awards in Los Angeles

Quelle: REUTERS

David Letterman: Das kann Bernie Ecclestone den New Yorkern wirklich nicht antun, den für den kommenden Sommer vis-à-vis der Skyline von Manhattan geplanten Grand Prix noch mal zu verschieben. Sebastian Vettel war in der Woche vor dem Rennen in Valencia schon mal vor Ort in Weehawken, und im Anschluss bekam er zehn Minuten bester Sendezeit in der "Late Show" mit der US-Talklegende David Letterman (Archivbild). Der ist ein erklärter Racer, war Teambesitzer bei den Indycars, und will von Vettel wissen, was Formel-1-Fahrer besonders auszeichne. Vettel, im Holzfällerhemd ins Studio gekommen, geht wie gewohnt ans Limit. Er greift sich zwischen die Beine und spricht mit einem Grinsen von "big balls". Dauerredner Letterman kleinlaut: "Mach das bitte nie wieder." Und meint damit: zumindest nicht im US-Fernsehen.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Romain Grosjean

Europe Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Romain Grosjean: Ein Entscheidung ist inzwischen klar, da kann die BBC noch so oft das Schweizer Kreuz für ihn einblenden - der Genfer bleibt bei seiner französischen Lizenz. Und er bleibt der gar nicht mehr so geheime Mitfavorit auf den nächsten Sieg. Nach Platz zwei in Kanada hätte das mit dem Lotus in Valencia klappen können, bis seinen Renault-Motor das gleiche Schicksal wie Sebastian Vettel ereilte. Grosjean weiß, dass er auf seine nächste Chance warten kann, etabliert hat er sich längst. Mit stets gewagten, nicht immer glücklichen Aktionen. Schließlich geht es für den Teil-Franzosen um die Ehre der Grande Nation. Der letzte Formel-1-Sieg für das Mutterland des Motorsports datiert aus dem Jahr 1996. Der damalige Sieger Olivier Panis ist längst vergessen, Grosjean will sich mit 26 erst noch einen Namen machen.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Pedro de la Rosa

Europe Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Pedro de la Rosa: Er ist im Ältestenrat der Formel 1 die Nummer zwei: Pedro de la Rosa, Startnummer 22, 41 Jahre alt. Eine illustre Karriere, vor allem als Testfahrer - beim Topteam McLaren und für den Reifenhersteller Pirelli. Ein kluger, netter Kerl, aber kein Reißer wie Alonso. 91 Starts in 13 Jahren, einmal war er Zweiter. Jetzt ist er beim Hispania Racing Team, dem Schlusslicht der Teamwertung. Aber nicht etwa verzweifelt, dafür ist er nicht der Typ. Auch in Valencia bilanzierte er nach Platz 17: "Ich habe alles gegeben, ich bin leer jetzt - und ich bin zufrieden." Er sieht alles in der Aufbauphase, sich und sein Team. Und das nötige Rüstzeug, damit es mit der großen Karriere vielleicht doch noch mal klappt, hat er sich als Spongebob im Fahrerlager abgeguckt: "Ich fahre mit so vielen Großen, von denen sauge ich alles auf, was ich nur kann."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Bernie Ecclestone

Formel 1 Grand Prix von Europa

Quelle: dapd

Bernie Ecclestone: Es wäre eine schöne Hörprobe, wenn der Regent der Formel 1 den Namen "Gerhard Gribkowsky" live ausgesprochen hätte. Das übten in Valencia aber nur die Reporter, nachdem die Bestechungsvorwürfe des Ex-Bankers in München bekanntgeworden waren. Ecclestone (rechts im Bild) war selten zu sehen im Fahrerlager, meist auf dem kurzen Weg vom dunklen Motorhome zum dunklen Mercedes. Alle sprechen über den drohenden Skandal, keiner spricht ihn darauf an. Auch das ist Macht. Und wenn einen dann alte Weggefährten wie Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo umarmen, dann weiß man, was man an dieser Familie hat. Und Emilio Botin, der Chef der Banco Santander, hat auch keinerlei Berührungsängste. Man muss den Sport doch auch mal vom Geschäft trennen können. Oder war es andersherum?

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Zehn Zylinder der Formel 1:Nico Hülkenberg

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Quelle: AFP

Nico Hülkenberg: Keine Traktion, kein Zusatzschub von KERS. Für solche Pannenfahrzeuge sollte es ein paar Runden Mitleid geben, oder Bonuspunkte. Trotzdem schafft es Nico Hülkenberg, seinen Force-India-Mercedes auf Platz fünf ins Ziel zu steuern. Es ist das beste Ergebnis für den Emmericher in seiner anderthalbjährigen Formel-1-Karriere. Er habe unheimlich kämpfen müssen, und beschreibt apokalyptische Verhältnisse im Mittelfeld auf der engen Gelegenheitspiste: "In der Mitte sind die Autos nur so hin- und hergeflogen. Das war chaotisch, da kann man gar nicht mehr den Überblick behalten." Alle panischen Versuche, die Fahrzeugsysteme vom Lenkrad aus neu zu starten, bleiben zum Scheitern verurteilt. Dann tut der 24-Jährige das, was er am besten kann - selbst die Balance halten: "Irgendwie war's ja doch unterhaltend."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

European F1 Grand Prix - Race

Quelle: Getty Images

Sebastian Vettel: Lichtmaschine überhitzt, und schon begibt sich das überlegene Auto des Wochenendes umgehend in den Roller-Modus. Dann klatschen die Rennfahrer-Handschuhe gegen die Leitplanken. Sebastian Vettel mag sich nicht so schnell beruhigen, er hat gerade nicht nur alle Leistung im Rennwagenheck verloren, sondern auch die WM-Führung. Nachdem er den Grand Prix nach Belieben dominiert, bis es zu einer Safety-Car-Phase kommt, die vier Runden dauert. Genug, damit der Renault-Achtzylinder überhitzt. Der führende Bulle tobt: "Das hätte man sich sparen können. Eine Gefahr bestand nicht, es lagen vorher schon Teile auf der Strecke und man hat das hingenommen. Das hat uns das Genick gebrochen. Aber ich denke, der Grund ist klar, warum das Safety Car kam ..." Im Team wittern sie Verschwörung: Red Bull soll eingebremst werden.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Michael Schumacher

Formel 1 Grand Prix von Europa

Quelle: dapd

Michael Schumacher: ... und nun bitte noch ein paar Worte auf Deutsch! Das Ritual der Fernseh-Interviewrunde mit den drei Rennbesten hat Michael Schumacher nach drei Jahren Pause und zweieinhalb Jahren Podiumsabstinenz mit dem Silberpfeil offenbar vergessen, zuletzt stand er dort im Oktober 2006. Munter redete er auf Englisch über seine Gefühle nach dem dritten Platz, von Startposition zwölf aus. Um dann herzhaft über sich selbst zu lachen. Schumi gelöst, dass hat es selten gegeben in der letzten Zeit. Im bekannten Idiom bilanziert er dann: "Ich dachte überhaupt nicht an das Podium, ich musste erst mal bei der Zieldurchfahrt nachfragen, wievielter ich überhaupt war. Das war schon eine ziemliche spektakuläre Art und Weise, mit der ich mich zurückmelden konnte. Solche Momente machen die Formel 1 besonders." Vertrauensfrage beantwortet, vorerst.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Adrian Sutil

Adrian Sutil

Quelle: dpa

Adrian Sutil: Michael Schumacher freut es immer, wenn er gute Ratschläge bekommt, vor allem von Deutschsprachigen aus der Branche. Das kennt er schon von Christian Danner oder Marc Surer, die immer besonders kritisch mit ihm umzugehen scheinen. Obwohl der Rekordweltmeister mehr Rennen gewonnen hat, als die anderen überhaupt gefahren sind. Diesmal gesellt sich Adrian Sutil, Ende des Vorjahres bei Force India geschasst, zu den Ratgebern. Schumacher brauche ein Erfolgserlebnis, psychologisierte der 29-Jährige, der wegen einer Diskothekenschlägerei vor Gericht stand, vor Valencia. Kommentieren durfte er für den Fernsehsender Sky, im Fahrerlager aber war er in eigener Sache unterwegs, mit Manager. Gesehen beim Sauber-Team, bei Mercedes, bei Force India. Sutil braucht ein Erfolgserlebnis. Schumacher hat seins ja jetzt.

© Süddeutsche.de/ebc/lala
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