Zehn Zylinder der Formel 1:Mit Öl-Millionen durch die Achterbahn-Saison

Lewis Hamilton aktiviert sein inneres System zur Energierückgewinnung, Michael Schumacher zieht sich den Spott eines Österreichers zu und Sebastian Vettel verteidigt zwar die Führung in der Fahrer-WM, versteht aber trotzdem die Welt nicht mehr. Das Formel-1-Wochenende in der Kolumne "Zehn Zylinder".

Elmar Brümmer, Barcelona

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Zehn Zylinder der Formel 1:Pastor Maldonado

Williams Formula One driver Pastor Maldonado prays champagne as he celebrates winning the Spanish F1 Grand Prix in Montmelo

Quelle: REUTERS

Lewis Hamilton aktiviert sein inneres KERS, Michael Schumacher zieht sich den Spott eines Österreichers zu und Sebastian Vettel verteidigt zwar die Führung in der Fahrer-WM, versteht aber trotzdem die Welt nicht mehr. Das Formel-1-Wochenende in der Kolumne "Zehn Zylinder".

Pastor Maldonado: Mit etwas Fantasie mag der Tagessieger, der bislang überraschendste in dieser Achterbahn-Saison, ja vielleicht sogar Ähnlichkeit haben mit einem echten Pastor. Aber der Venezolaner fährt, pardon, eher wie der Teufel. Beim Saisonauftakt war er bis zur letzten Runde Sechster. Dann wollte er partout am Vordermann vorbei - und crashte in die Mauer. Der Gegner damals war Fernando Alonso, umso größer war die Genugtuung in Barcelona. Im 24. Grand Prix der erste Sieg, nachdem bislang nur ein achter Platz für ihn zu Buche stand. Die Pole-Position mag dem 27-Jährigen noch geschenkt worden sein, aber wie er taktisch und fahrerisch clever Alonso in Schach hielt, das war jede der vielen Öl-Millionen wert, die Venezuelas Präsident Hugo Chávez nach Mittelengland überweist, damit Maldonado sein Cockpit behält.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Dietrich Mateschitz

Formel 1 - GP Spanien

Quelle: dpa

Dietrich Mateschitz: Der sechste und der elfte Platz für seine Chauffeure Sebastian Vettel und Mark Webber sind nicht gerade das, was Ober-Bulle Dietrich Mateschitz als Erfolg bezeichnen würde. Aber das Ergebnis bestätigt die Thesen des Brause-Milliardärs, der mit Red Bull die Formel 1 in den vergangenen sieben Jahren stark verändert hat. In Barcelona unternahm er einen seiner seltenen Besuche an der Rennstrecke: "Die Formel 1 ist wie die Lotterie 6 aus 45 - spannender und weniger vorhersagbar als je zuvor. Für die Zuschauer ist das perfekt." Eine echte Abenteuer-Sportart also, das passt auch besser in das Portfolio seiner Sponsoring-Aktivitäten. Seinen Aussichtsplatz auf dem höchsten Motorhome des Fahrerlagers musste der 67-Jährige dann vorzeitig räumen - weil beißender Rauch vom Brand in der Boxengarage auf die Terrasse wehte.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Lewis Hamilton

Formel 1 Grand Prix in Spanien

Quelle: dapd

Lewis Hamilton: So viel Pech wie der böse Bube des letzten Jahres hat eigentlich nur noch Michael Schumacher. Lewis Hamilton hat bisher nichts falsch gemacht in dieser Saison, dreimal war sein McLaren das schnellste Auto der Qualifikation. Wurde er von einer ungewöhnlich hohen Fehlerquote des Perfektionisten-Teams bislang immer im Rennen um den längst fälligen ersten Sieg gebracht, geschah das diesmal bereits samstags - kein Sprit im Tank, Disqualifikation. Vom letzten Startplatz aus funktionierte seine Wut wie ein körpereigenes System zur Energierückgewinnung, also eine Art inneres KERS, er wurde Achter. Höchst achtbar. "Ich habe keine einzige Sekunde auf dem langen Weg von hinten nach vorn aufgegeben. Die Leute beklagen ja immer meinen aggressiven Fahrstil, aber am Ende bin ich 31 Runden mit den gleichen Reifen gefahren. Ich glaube, ich kann heute stolz sein."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Norbert Haug

Formel 1 Grand Prix in Spanien

Quelle: dapd

Norbert Haug: Vier Wochen ist der erste Sieg für die Silberpfeile der Neuzeit erst her, aber es muss Mercedes-Sportchef Norbert Haug angesichts der bescheidenen aktuellen Darbietungen schon wie eine Ewigkeit vorkommen. In Barcelona musste er auf Teamchef Ross Brawn verzichten, der erkrankt zu Hause geblieben war, dafür war aus Stuttgart Konzernlenker Dieter Zetsche angereist. Sicher nicht nur als Tourist: Zwischen Mercedes und Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone hat sich ein heftiger Streit um die künftige Beteiligung an den Vermarktungseinnahmen entwickelt. Fast alle Teams haben das Abkommen schon abgenickt, für Ferrari und Red Bull soll es einen Bonus geben. Mercedes will auch mehr, und pokert. Das ist zwar gewagt, aber nicht aussichtslos - weil Ecclestone die Formel 1 im Sommer unbedingt an die Börse bringen will.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Fernando Alonso

Spanish F1 Grand Prix - Race

Quelle: Getty Images

Fernando Alonso: Zaubern ist garantiert eines der Hobbys, dass man am wenigsten bei einem Formel-1-Piloten vermutet, auch wenn gerade ein bisschen viel von schwarzer Magie die Rede ist im Fahrerlager. Im Auftrag des Hauptgeldgebers von Ferrari durfte er am Rande seines Heimat-Grand-Prix ein paar Stofftücher aus Eiern ziehen, und selbst nach der einfachen Aufgabe hat man seine Augen so leuchten sehen können wie schon lange nicht mehr. Irgendwie scheint er seine Tricks auf den bisher lahmenden Ferrari übertragen zu können. Alonso erscheint entspannt wie nie: "Ich bin echt überrascht. Davon, das ich so viele Punkte habe, und auch von den Ergebnissen an diesem Wochenende. Aber ich weiß immer noch nicht, wo wir genau stehen. Das ist schon ein komisches Gefühl." Ein Doppel-Weltmeister, der die Formel 1 als Hokuspokus empfindet?

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Zehn Zylinder der Formel 1:Frank Williams

Formel 1 Grand Prix in Spanien

Quelle: dapd

Frank Williams: Vor kurzem ist der Sir unter den Rennstall-Besitzern 70 Jahre alt geworden, am Circuit de Catalunya fand sich die gesamte prominente Fahrerlager-Belegschaft zur Überraschungsparty ein. Die hatte ihm zuvor schon Pastor Maldonados Meisterleistung in der Qualifikation beschert. Aber es sollte ja noch besser kommen an diesem Wochenende für den Rollstuhl-General, dessen Rennstall zuletzt sportlich wie finanziell in den Keller gerutscht war - der letzte Sieg datierte aus der Saison 2004. Williams selber nimmt solche Erfolge ähnlich stoisch hin wie seine Lähmung: "Nach 600 Grands Prix flippt man nicht mehr aus. Aber das haben wir gebraucht." Ein bisschen länger gefeiert hätte er dann am Sonntagabend doch, allerdings brach ausgerechnet in der Garage von Sieger Maldonado ein Feuer aus, es gab neun Verletze.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Michael Schumacher

Michael Schumacher

Quelle: AP

Michael Schumacher: Karbon splittert, Kies spritzt, ein Lenkrad fliegt - das ist nach 13 Runden das Ende aller Punktehoffnungen für Michael Schumacher. Sein Silberpfeil knallt beim Überholversuch in das Heck des Williams von Bruno Senna. Über Boxenfunk hört man den erregten Kerpener "Idiot" brüllen. Ausgerechnet beim Anbremsen habe der Brasilianer, mit dem er schon mal aneinandergeraten war, die Linie gewechselt. Die Rennkommissare sahen das Manöver etwas anders: Schumi wird als Unfallverursacher beim nächsten Rennen um fünf Startplätze zurück versetzt. Wer den Schaden hat, der muss sich in der Formel 1 um den Spott von Niki Lauda nicht sorgen. Der PS-Grantler sprach von einem Auffahrunfall, wie er Millionen Autofahrern passiere - aber dem einen eben nicht passieren dürfe.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Roman Abramowitsch

Roman Abramovich

Quelle: AP

Roman Abramowitsch: Der PR-Gag war gut, und er kam aus dem Blauen heraus: Der Schweizer Sauber-Rennstall präsentierte ausgerechnet auf dem Territorium des FC Barcelona zum ersten Mal das Logo seines neuen Teampartners - des FC Chelsea. Das Formel-1-Team und der Champions-League-Finalist wollen sich gegenseitig eine Werbeplattform bieten. Hinter den Garagen wird gemunkelt, dass es auch um mehr gehen könnte. Chelsea-Eigner Abramowitsch ist ein Rennsport-Fan, und mit dem für 2014 geplanten ersten Russland-Grand-Prix in Sotschi würde sich ein idealer Anlass bieten, in die Formel 1 zu investieren. Offiziell ist nur von "gemeinsamen Werten" die Rede, die Chelsea und Sauber verbinden. Saubers derzeit größter Geldgeber ist übrigens vermögender als Abramowitsch - der Mexikaner Carlos Slim ist der reichste Mann der Welt.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Paul Hembery

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Quelle: AFP

Paul Hembery: Der Sportdirektor von Pirelli muss ein glücklicher Mann sein, er verlässt jeden Grand Prix als Sieger. Das ist bei Monopolisten so. Und dass es sich in diesem Jahr um faszinierende Rennen handelt, mag auch niemand ernsthaft bestreiten. Der Brite redet sich richtiggehend in Rage, wenn er vom Duell zwischen Maldonado und Alonso spricht, das sei perfektes "Reifenmanagement" gewesen. Ob das allerdings der tiefere Sinn des Top-Motorsports sein kann, bezweifeln immer mehr Piloten. Eine Philosophiefrage, die die Formel 1 in dieser Saison noch lange umtreiben wird: Wie groß darf der künstliche Showeffekt sein? Pirelli hat angekündigt, den Wünschen der Teams und Bernie Ecclestones auch in Zukunft zu folgen. Fünfter Sieger im fünften Rennen, Hembery findet das - na wie wohl - "fantastisch für den Sport".

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Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

Sebastian Vettel

Quelle: AP

Sebastian Vettel: So schlecht, wie ein sechster Platz für einen Titelverteidiger auf den ersten Blick aussehen mag, ist er gar nicht. Sebastian Vettel hat ihn sich erkämpft, und als er zum Schluss noch Nico Rosberg überholen konnte, war er fast versöhnt mit dem, was er "einen harten Arbeitstag in meinem Büro" nennt. Zwischenfälle wie eine Boxendurchfahrtstrafe wegen der angeblichen Missachtung gelber Warnflaggen oder ein Wechsel der Fahrzeugnase quittiert er mit Champion-Coolness. Die Eichhörnchen-Taktik scheint sich auszuzahlen - immerhin führt er weiterhin die Weltmeisterschaftswertung an. Die Frage nach dem Großen und Ganzen kann aber auch der Branchen-Primus nicht beantworten: "Es ist für uns im Moment schwierig, alles zu verstehen, was hier passiert. Williams war vor drei Wochen nirgends, nun fahren sie uns allen um die Ohren."

© SZ.de/jüsc/mkoh/lala
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