Zehn Zylinder der Formel 1:Mick Jagger spielt dem Beatles-Fan ein Ständchen

Erst gewinnt Sebastian Vettel den Großen Preis von Kanada, dann trällern auch noch die leibhaftigen Rolling Stones für ihn. Der Österreicher Toto Wolff weigert sich, im Flugzeug neben Landsmann Helmut Marko zu sitzen. Nur von den Reifen spricht in Montréal plötzlich niemand mehr. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Montréal

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Zehn Zylinder der Formel 1:Kimi Räikkönen

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Quelle: AFP

Erst gewinnt Sebastian Vettel den Großen Preis von Kanada, dann trällern auch noch die leibhaftigen Rolling Stones für ihn. Der Österreicher Helmut Marko weigert sich, im Flugzeug neben Landsmann Toto Wolff zu sitzen. Nur von den Reifen spricht in Montréal plötzlich niemand mehr. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Kimi Räikkönen: Neunter werden, das ist die zweitschlimmste Strafe für Kimi Räikkönen. Wenn er sich überhaupt für irgendwas in der Formel 1 interessiert, dann ist es der Sieg. Die beiden Punkte von der Ile Notre-Dame sind trotzdem bemerkenswert, zumindest für den Rest der Rennwelt. Denn zum 24. Mal in Folge ist der Lotus-Pilot in die Punkte gefahren, und hat damit einen dieser Ewigkeits-Rekorde, die Michael Schumacher gewiss schienen, eingestellt. Der Vorwärtsdrang des 33-Jährigen, der schon die Qualifikation vermasselt hatte, wurde ausgerechnet durch eine schwache Bremse empfindlich gestört. Aber es spricht für seine Coolness, dass er nicht mehr riskiert hat als nötig. Auch wenn ihn das den zweiten Platz in der WM-Wertung kostet. Aber wenn einer so was zuverlässig aussitzt, dann er. So ähnlich ist er 2007 Weltmeister geworden - als ihn auch keiner mehr auf der Rechnung hatte.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

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Quelle: AFP

Sebastian Vettel: Einmal die Mauer ganz schüchtern geküsst, einmal zu spät gebremst und die Kurve unfreiwillig umrundet. Das war es dann auch schon an Negativerlebnissen für Sebastian Vettel. "Unter anderem dafür fährt man ja einen Vorsprung heraus", sagt der Sieger. Sechster Anlauf in Montréal, dritte Pole-Position, erster Sieg beim Großen Preis von Kanada. Und abends spielten die Rolling Stones dem Beatles-Fan dann das passende Ständchen: "Start me up". Denn mit den 25 Punkten von Montreal baut er seinen Vorsprung an der WM-Spitze auf 36 Zähler aus. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag er einen Zähler hinter seinem heutigen Verfolger Fernando Alonso. Bedeutet: Auch beim übernächsten Rennen, dem Großen Preis von Deutschland, wird er als WM-Spitzenreiter antreten. Auf dem Nürburgring hat er übrigens auch noch nie gewonnen.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Jacques Villeneuve

Sauber driver Jacques Villeneuve waits for the start of the Canadian Formula One Grand Prix in Montreal

Quelle: REUTERS

Jacques Villeneuve: Die Rennstrecke von Montréal trägt den Namen seines Vaters Gilles, und seit dieser Saison ist Jacques Villeneuve (Archivfoto) auch wieder festes Mitglied im Grand-Prix-Zirkus - aber so richtig willkommen ist der mittlerweile 42-Jährige auch in seiner Heimat Quebec offenbar nicht mehr. Für Sky Italia und den französischen Canal+ provoziert Villeneuve regelmäßig am Mikrofon, und hat dafür seine Zelte in Kanada abgebrochen. Offiziell ist er jetzt im Zwergstaat Andorra gemeldet, vermutlich eher wegen der Finanzgesetze als wegen der schönen Aussicht. Das mutmaßen jedenfalls die kanadischen Medien und veröffentlichen hämisch alle seine Steuererklärungen. Prompt wollte das Sicherheitspersonal ihn zunächst nicht ins Fahrerlager lassen.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Pirelli P Zero

Formel 1 - Reifen Pirelli

Quelle: dpa

Pirelli P Zero: Über nichts wurde und wird mehr geredet als über die Pneus aus Italien. War der Mercedes-Test nun bloß privat oder geheim? Kommt jetzt die neue Reifengeneration endlich zum nächsten Rennen? Hat der italienische Reifenhersteller überhaupt noch Lust, seinen Alleinausrüstervertrag zum Jahresende zu verlängern? Es ist eine ziemlich explosive, da technisch-politisch-juristische Mischung, die gerade die Formel-1-Gemeinde beschäftigt. Und dann das: 70 Runden lang kein einziger empörender Vorfall, der auf die Reifen zurückfallen könnte. Warum haben wir mühsam gelernt, den Begriff De-la-mi-nie-rung richtig zu buchstabieren?

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Zehn Zylinder der Formel 1:Lewis Hamilton

Canada Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Lewis Hamilton: Von wegen böser Bube: Zur Vorbereitung auf den siebten WM-Lauf schipperte Lewis Hamilton mit seiner Lebensgefährtin Nicole Scherzinger durch die Blaue Grotte von Capri, und die ehemalige Pussycat Doll schmetterte das "Ave Maria". Die Fürbitte wirkte nur zum Teil. Immerhin hat der vor allem in den britischen Medien stark kritisierte ehemalige Weltmeister im direkten Qualifikationsduell mit Nico Rosberg die Führung übernommen (4:3), aber so richtig wohl fühlt er sich im Silberpfeil noch nicht. Dreimal hat er in Montréal schon gewonnen, da ist ein dritter Platz nur ein Trostpflaster. In der WM hat Hamilton mittlerweile 55 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Vettel, das sind schon mehr als zwei Siege. Aber der Mann will ja nicht undankbar sein: "Ich fuhr am Limit und wir haben heute absolut alles aus dem Auto herausgeholt."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Robert Kubica

Robert Kubica injured in rally race crash

Quelle: dpa

Robert Kubica: Die Bilder stammen von 2007, aber sie sind noch präsent: Robert Kubicas dramatischer Crash von Montréal, der den ersten Formel-1-Einsatz eines Ersatzfahrers namens Sebastian Vettel ermöglichte. Im Jahr darauf siegte der Pole für BMW in Kanada, was ihn regelmäßig im Juni in den Fokus rückt. Jetzt fehlt er schon das dritte Jahr in Folge, nachdem er sich bei einer Jux-Rallye 2011 schwerste Arm- und Schulterverletzungen zugezogen hatte. "Ich vermisse die Formel 1", sagt der 28-Jährige, der mittlerweile erfolgreich und professionell Querfeldeinfahrten unternimmt (im Bild). Für Mercedes sitzt der kompromisslose Typ gelegentlich schon wieder im Grand-Prix-Simulator. Was zu einer echten Testfahrt noch fehlt, sind etwa zehn Zentimeter - die das Cockpit wegen seiner Bewegungseinschränkungen breiter sein müsste. "Egal wie lange es dauert, eines Tages werde ich vielleicht wieder in der Formel 1 fahren."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Felipe Massa

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Quelle: AFP

Felipe Massa: Zu behaupten, dass der Brasilianer Felipe Massa in einem Dilemma steckt, ist zwar richtig, aber geografisch vielleicht nicht immer ganz korrekt. Der Ferrari-Rennfahrer, den alle Welt auch mit 32 noch so unglaublich knuddelig findet, steckt zuletzt ziemlich häufig in Reifenstapeln. Und das auch noch ziemlich tief. In Monte Carlo zweimal, und auch in Montreal. Ziemlich heftig, wie die Resultate: Startplatz 16, Rennergebnis Rang acht. Das kommt nicht so gut an, wenn man um die Vertragsverlängerung ins zehnte Jahr fährt. Schon sagt Teamchef Stefano Domenicali ohne Not, dass irgendwann mal Sebastian Vettel oder Nico Rosberg ein Thema für die Scuderia sein könnten. Das sind zwar nur Denkmodelle, aber die Nationalität des wirklichen Gegenkandidaten stimmt schon mal: Nico Hülkenberg. Der hat allerdings bei Sauber bisher auch eine alles andere als berauschende Saison.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Die Österreicher

Jahresrückblick 2010 - Sebastian Vettel

Quelle: dpa

Die Österreicher: Aktuell keine Fahrer und keine Grand-Prix-Rennstrecke, aber das Sagen in der Formel 1. In Person von Helmut Marko (links im Bild, Archivfoto aus dem Jahr 2010), dem Ko-Teamchef von Red Bull; Monisha Kaltenborn, der ersten Teamchefin im Grand-Prix-Sport (bei Sauber); Franz Tost, dem Machthaber bei Toro Rosso und der neuen Mercedes-Doppelspitze mit Motorsportchef Toto Wolff und Team-Aufsichtsrat Niki Lauda. In den vergangenen Tagen haben die landsmannschaftlichen Beziehungen ein paar Kratzer bekommen, siehe auch Pirelli. Es geht aber auch um den privat-österreichischen Wettbewerb, wer denn nun der Cleverste im Alpenland ist. Die Deutschen sind da nur Zuschauer, gelegentlich schadenfrohe. Das Reservierungssystem der Lufthansa setzte jedenfalls Marko und Wolff auf dem Flug nach Montréal direkt nebeneinander. Ein bisschen viel Schmäh für den Mercedes-Mann: "Geh Helmut, sei mir net bös ..." Er setzte sich um.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Adrian Sutil

Canada Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Adrian Sutil: Es war das 100. Rennen für Force India, einem Team, das anfangs als Farce India verhöhnt wurde. Das ist längst vorbei. Der Rennstall, der übrigens in Silverstone ansässig ist, ist eine feste Kraft im Mittelfeld. Und Adrian Sutil hat zum Jubiläum einen Ehrenpunkt beigesteuert. Es hätten sogar ein paar mehr davon sein können, wie neulich in Monaco - wäre Sutil, vom ehrenwerten achten Rang gestartet, nicht reichlich in den Verkehr geraten. Der erste Dreher, der ihn kurz zum Geisterfahrer machte, war noch selbstverschuldet. Dann aber rammte ihm Pastor Maldonado den Williams derart ins Heck, dass Sutils Flügel splitterte. Anschließend kassierte er selbst noch eine Durchfahrtsstrafe, weil er andere behindert haben soll. "Nicht fair", behauptet Sutil, "das hat mich zwei Plätze und drei Punkte gekostet."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Fernando Alonso

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Quelle: AFP

Fernando Alonso: Sebastian Vettel spricht den Flutopfern in der Heimat Mut zu, Fernando Alonso eher sich selbst. Wenn er an Gemeinnützigkeit denkt, dann meint er damit die Anstrengungen des Ferrari-Teams, endlich die Qualifikationsschwäche abzustellen: "Ich weiß nicht, wo ich gelandet wäre, wenn ich auf einem besseren als dem sechsten Platz gestartet wäre ..." Aber nach drei der coolsten Überholmanöver des Tages gegen Webber, Rosberg und Hamilton darf der Asturier zumindest mit sich zufrieden sein, was im neuen Uraltduell gegen Vettel auch nicht ganz unwichtig ist: "Dieser zweite Platz hat für mich den Geschmack eines Sieges." Erst, wenn der Rückstand auf Vettel (momentan 36 Punkte) mal auf mehr als 80 Zähler steige, beginne für seine Ambitionen der kritische Bereich. Er sagt dies allerdings derart unbeteiligt, als halte er so was für nahezu ausgeschlossen.

© Süddeutsche.de/sonn
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