Zehn Zylinder der Formel 1:Hamilton dankt dem Biest

Der Sieger des Rennens in Bahrain freut sich auf wundersame Weise. Sebastian Vettel fährt in den Staub und beschädigt seinen Frontflügel. Ein Renault-Motor macht beim Ziel-Feuerwerk mit. Das Formel-1-Wochenende im Rückblick.

Von Elmar Brümmer

Kimi Räikkönen

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(Foto: dpa)

Es war schwierig, in Bahrain schlechter gelaunt zu sein als die beiden Deutschen Nico Rosberg und Sebastian Vettel, aber Kimi Räikkönen gelang es irgendwie. Und das, obwohl der Finne mit seinem zweiten Rang im Ferrari die Überraschung der Wüstennacht war und es gerade schwer ist, Lewis Hamilton die Schau zu stehlen. Bedrohlich wird es immer, wenn der große Schweiger lange Sätze bildet, wie diesen: "Nach dem schwierigen Start ins Jahr freue ich mich über dieses Ergebnis - wenigstens ein bisschen. Doch man ist nie zufrieden, wenn man nur Zweiter ist." Die Laune des 35-Jährigen, der seit dem Oktober 2013 nicht mehr auf dem Podium gestanden hat, verrät: Er hatte dank cleverer Reifentaktik mit einem Sieg kalkuliert. Doch die Aufholjagd wurde durch zahlreiche Überrundungen gestoppt.

Lewis Hamilton

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(Foto: AFP)

Die Geste nach dem dritten Sieg im vierten Rennen spricht Bände: Lewis Hamilton springt auf seinen Silberpfeil, er schwingt die Arme durch die Luft und holt pantomimisch aus, als ob er einen Baseball über den Fangzaun schlagen wolle. Ein klares Zeichen: Homerun. Zum ersten Mal spricht der Weltmeister anschließend über eine mögliche Titelverteidigung. Wieder hat er das Rennen kontrolliert, wieder hat er sich, als Rosberg und Vettel kurz nahe kamen, schnell abgesetzt. Er ist gerade eins mit seinem Auto, und er lebt dieses Wohlgefühl ohne jede Rücksicht auf alle anderen aus. Wohlfühlen, das klingt im Sprachgebrauch des Briten dann korrekt so: "Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Biest unter mir habe, mit dem ich in den Kurven richtig attackieren kann..."

Räikkönen/Hamilton

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(Foto: dpa)

Maurizio Arrivabene, der große Motivator bei Ferrari, hat vor dem vierten WM-Lauf mit dem Finnen verhandelt. Der besitzt eine Option für die Saison 2016, aber der Teamchef ist nicht sicher, ob er diese einlösen will: "Zeig' mir gute Leistungen." Das ist prompt passiert. Angeblich ist aber auch Lewis Hamilton im Gespräch bei den Italienern. Das kann eine Drohgebärde gegen Räikkönen sein, oder eine Finte von Hamilton, dessen Vertragsverhandlungen mit Mercedes seit Monaten stocken. Arrivabene spielt das Spielchen mit. Einerseits sagt er: "Lewis ist Weltmeister, und jeder träumt davon, irgendwann Ferrari zu fahren." Und dann:"Wir haben Sebastian als viermaligen Weltmeister und Kimi als einfachen Weltmeister, also brauchen wir derzeit keinen weiteren Weltmeister..."

Menschenrechte

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(Foto: Getty Images)

So funktioniert die Formel 1: Fährt seit Jahren in Bahrain, weil die Königsfamilie mit die höchsten Antrittsgelder bezahlt. Die nationale Demokratiebewegung auf der Wüsteninsel klagt - auch seit Jahren - die Königsklasse als Propaganda-Kolonne an. Doch es wird Besserung gelobt. Vor der elften Auflage des Rennens haben Bernie Ecclestone (rechts) für das Formula One Management und die Oppositionellengruppe "Americans for Democracy & Human Rights in Bahrain" eine gemeinsame Verlautbarung unterzeichnet, nach der sich die Rennserie verpflichtet, international anerkannte Menschenrechte global zu achten." Offenbar geschah die Geste auf Druck aus Großbritannien, wo ein Ethikkodex für international handelnde Unternehmen gilt. Anderntags handelte Ecclestone, und gab grünes Licht für ein Rennen in Aserbaidschan...

Monstermotoren

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(Foto: AFP)

Neue Regeln, mal wieder. Nicht nur, um den zu befürchtenden Alleingang von Mercedes zu stoppen. Eine neue Motorengeneration soll auch für mehr Action, und vor allem für mehr Lautstärke (ein Lieblingsthema von Bernie Ecclestone) sorgen. In Bahrain beratschlagten die Teamchefs über das Reglement für 2017. Die Lösung sollen Turbomotoren sein, die auf 1000 PS Leistung kommen. Die Teams und die Techniker streiten darum, ob diese gigantische Leistung aus den aktuellen sechs Zylindern oder den früheren Achtzylindern kommen soll. Eine typische Diskussion in einem Sport, der sparen muss, aber mit jeder Änderung wieder Millionenkosten verursacht. Durch die aktuelle Leistungsentwicklung wäre man in zwei Jahren ohnehin bei 900 PS. Und ob irgendein Zuschauer mehr zugucken würde, nur weil die Techniker wieder eine neue Spielwiese haben?

Team Manor

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(Foto: dpa)

Sie sind immer die Letzten, und meistens dürfen sie nur mit Ausnahmegenehmigung starten: Will Stevens und Roberto Merhi (im Bild beim Boxenstopp), die in Bahrain auf den Plätzen 16 und 17 ins Ziel trudelten. Aber jede Ankunft ist wie ein Grand-Prix-Sieg für das britische Team, dass ein paar Wochen vor dem Saisonstart aus der Insolvenzmasse des Marussia-Rennstalls auferstanden ist und von den Geldern eines nordirischen Investoren lebt. Die Nachricht, dass das eilig zusammengeschusterte Vorjahresauto ersetzt wird, ist eigentlich eine gute. Die weniger gute: Das für das neue Reglement halbwegs konkurrenzfähige Paket wird erst Ende August debütieren, dann ist das Rennjahr zu zwei Dritteln gelaufen. Aber durchhalten, dass ist man gewohnt. Mehri und Stevens tun einfach so, als ob sie nur ein Rennen gegeneinander fahren.

Nico Rosberg

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(Foto: AP)

In der Qualifikation hat er sich einfach verzockt, zu viel auf Reifennutzung geachtet - plötzlich landete er auf Rang drei. Beim Start hat er auf Aggressivität gesetzt - und wurde von Kimi Räikkönen überholt. Am Ende fuhr er im Duell um Platz zwei einfach geradeaus, wohl weil die Bremskraft am Silberpfeil schwand. Alles, was Nico Rosberg (rechts) gerade versucht, um seinen Traum vom Weltmeistertitel nicht gleich im ersten Saisonviertel begraben zu müssen, scheint zum Trauma zu werden. Der mentale Vorteil, den er wähnt, ist offenbar ein Nachteil: Der Wiesbadener denkt vielleicht zu viel nach, und je verzweifelter er das tut, je gelassener wird Gegenspieler Lewis Hamilton. Das Fazit des neuerlich missglückten Anlaufs kommt daher mit einem Wort aus: "Enttäuschend."

Fernando Alonso

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(Foto: dpa)

Aufsteigende Form in Bahrain, wenn man das in Zusammenhang mit dem ehemaligen Champion Fernando Alonso und dem ehemaligen Top-Team McLaren bringt, dann denkt jeder an Plätze mindestens unter den ersten Fünf. Tatsächlich aber gibt es einem elften Rang des Spaniers, also einen hinter den Punkten - überrundet dazu. Im Vergleich zu Jenson Button, der wegen eines unlösbaren Elektronikproblems erst gar nicht in das vierte Rennen der Saison starten konnte, ist das immer noch Gold. Motorenhersteller Honda, für den jeder WM-Lauf eine Testfahrt für den Hybrid-Antriebsstrang ist, verspricht mehr Leistung und mehr Zuverlässigkeit. Einstweilen hilft da nur ein unerschütterlicher Glaube, verbreitet von Button, Alonso und Teamchef Eric Boullier: "Die Richtung stimmt." Willkommen in den Top Elf.

Sebastian Vettel

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(Foto: Getty Images)

Von zwei auf fünf, so etwas passiert dem vierfachen Weltmeister selten, zumindest macht er selten Fehler, die diesem Absturz führen. Im Nachtrennen aber verlor der Heppenheimer einmal kurz den Überblick und ritt im Duell mit Nico Rosberg in der tückischen Schlusskurve in den Staub aus. Dabei beschädigte er den Frontflügel an seinem Ferrari und musste einen zusätzlichen Boxenstopp einlegen - weshalb er zum ersten Mal, seit er in Rot fährt, nicht auf dem Siegerpodium zu Gast war. Er monierte das, was Bahrain-typisch ist: Viel Verkehr auf der Rennstrecke, in dem man schon mal stecken bleiben kann. Der Finne Valterri Bottas war allerdings alles andere als ein rollendes Hindernis, er wehrte sich bravourös gegen Vettels Attacken. Was zeigt: der Mercedes-Motor, der im Williams-Heck steckt, hat dem Ferrari-Aggregat eben doch noch ein bisschen was voraus.

Renault

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(Foto: Getty Images)

Daniel Ricciardo (Foto) wurde zwar nur Sechster, aber der Australier hatte die auffälligste Zieldurchfahrt von allen - er zog eine große weiße Wolke auf dem Sakhir International Circuit hinter sich her. Das Zeichen ist eindeutig: ein Motorschaden. Nicht der einzige für den französischen Hersteller Renault - zuvor waren schon beide Rennwagen von Toro Rosso aufgrund von technischen Problemen am Antriebsstrang ausgeschieden. Dabei waren die Aggregate ohnehin schon von der Leistung her nach unten gedreht worden, weil die Risiken den Technikern bekannt sind. Die einzige Lösung, die Konzernchef Carlos Ghosn hat: noch mehr Geld in die Aufholjagd zu stecken. Ricciardo hat jetzt schon drei Motoren in vier Rennen verschlissen. Red-Bull-Teamchef Christian Horner bleibt nur der Galgenhumor: "Als bei Zieldurchfahrt das Feuerwerk losging, da dachte unser Motor wohl, dass er da mitmachen muss..."

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