Zehn Zylinder der Formel 1:Ganz vorne in der Sünderkartei

Nach illegalen Manövern braucht Sebastian Vettel eine Fahrt im Zorn. Fernando Alonso motzt im Boxenfunk - und Nico Hülkenberg freut sich auf zehn Espressi. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Montréal

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Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Schon am Samstag muss der WM-Spitzenreiter geahnt haben, dass er die erhoffte Genugtuung für den verlorenen Sieg in Monte Carlo auf jener Strecke bekommen würde, auf der er 2007 seinen ersten Formel-1-Erfolg feiern konnte. Da fuhr der Titelverteidiger Pole-Position Nummer 44 ein, eine ganz besondere, weil er seit Kart-Kinder-Tagen diese Ziffern als seine persönliche Glückzahl und Startnummer benutzt. Ganz der abgeklärte Champ wischte Hamilton vermutete Ego-Zweifel der vergangenen zwei Wochen vom Tisch: "Es ist großartig, wieder ganz oben zu stehen. Das habe ich gebraucht. Es zeigt mir, dass ich weiter auf meine Form bauen kann, die ich schon seit ein paar Wochen habe." Attackieren und bremsen, weiß er, sind seine besonderen Stärken. Genau darauf kam es in Kanada an.

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Nico Rosberg

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Quelle: AFP

Das Rennen vom Sonntag hatte Nico Rosberg schon samstags in der Qualifikation verloren. Der Wiesbadener bewertete seine eigene Leistung mit "so ein Müll" und urteilte selbstkritisch: "Da muss ich künftig bessere Arbeit abliefern." Nach zwei Siegen in Folge musste er seinem Erzrivalen Lewis Hamilton den Vortritt lassen, obwohl die beiden im Rennen gelegentlich nur eine Sekunde trennten. Doch die hohen Bremsentemperaturen machten einen richtigen Angriff unmöglich - Rosberg wurde von den Mercedes-Renningenieuren und der eigenen Vernunft zurückgepfiffen. "Ein intensives Rennen", sagt der WM-Zweite, der jetzt 17 Punkte zurückliegt, "Reifen, Bremsen, Benzin ­­- alles war am Limit. Ich hab gekämpft wie sonstwas, und versucht, so viel Druck wie möglich aufzubauen. Meine einzige Chance war, dass Lewis einen Fehler macht. Aber er hat keinen gemacht."

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Valtteri Bottas

Nico Rosberg  Riccardo Musconi  Lewis Hamilton Valtteri Bottas

Quelle: AP

Zum ersten Mal in dieser Saison schafft es der Finne (ganz rechts im Bild) auf das Podium, dazu noch vor seinem Landsmann Kimi Räikkönen im Ferrari, der ihm mit einem Dreher auf kalten Reifen den Sprung ermöglichte. Damit konnten der 25-Jährige und das Williams-Team endlich ihrem Ruf als Geheimfavoriten gerecht werden, den sie seit dem Mercedes-Motorenleasing genießen. Auch im letzten Jahr war im Frühsommer der Knoten bei Bottas geplatzt. Und der frohlockt: "Dieses Ergebnis habe ich gebraucht. Die nächsten beiden Strecken, in Österreich und England, liegen uns besonders. In zwei Wochen bekommen wir auch ein großes technisches Update. Das wird ein großer Schritt. Deshalb hoffe ich, dass ich in dieser Saison noch um viele Podiumsplatzierungen kämpfen kann." Seinen Anteil weiß der auf dem Fahrermarkt begehrte Pilot durchaus einzuschätzen: "Das Team hat einen guten Job gemacht, aber ich war auch nicht schlecht."

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Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve

Quelle: AP

Aufmerksamkeit ist mit die wichtigste Währung in der Formel 1, und das gilt auch für einen, der 1997 Weltmeister war und anschließend mehr sein Image als den Erfolg pflegte: Jacques Villeneuve, inzwischen 44, versucht immer noch die alte Masche, gegen alles zu sein und damit als Nonkonformist seine eigene Rolle im Rennzirkus zu spielen. Dass die Rennfahrer-Kollegen die Fans befragen, wie die Zukunft des Grand-Prix-Sports aussehen soll, hält er für Mist. Man müsse einfach die Autos so verändern, dass sie schwierig zu fahren sein. Also nur beherrschbar für einen wie ihn. Selbst an seinem Vater Gilles, dem kanadischen Rennfahreridol schlechthin, lässt er kein gutes Haar. Bevor der Ferrari-Pilot verunglückte, der Sohn war gerade elf, habe er ihn zwei Jahre lang nicht mehr zu Gesicht bekommen: "In dieser Zeit war er faktisch kein Vater."

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Sebastian Vettel

Canada Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

In der Sünderkartei dieser Saison liegt der Heppenheimer mit drei Punkten ganz vorn, in der WM dafür 43 Punkte hinter Spitzenreiter Lewis Hamilton zurück. Das illegale Überholen im Samstagtraining und ein Elektronikdefekt im Qualifying führten zu Startplatz 18. Damit war die Chance, mit dem generalüberholten Ferrari dem Mercedes-Duo stärker einzuheizen, schon vor dem Rennen dahin. Aber der Vierfach-Weltmeister lieferte mit dem SF 15 T die beste Show des Tages, machte bei seiner Aufholjagd 13 Punkte gut und lieferte sich zwei dramatische Duelle mit seinem Vorgänger in Maranello, Fernando Alonso, sowie eine Kollision mit Nico Hülkenberg. Platz fünf waren der verdiente Lohn für die kompromisslose Fahrt im Zorn nach vorn. Seine persönliche Bilanz hat nichts mit WM-Punkten zu tun: "Selbst Spaß haben im Cockpit, und dann die Zuschauer auf den Tribünen aufspringen zu sehen, das macht so einen Rennsonntag ganz besonders."

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Fernando Alonso

Canada Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Die Duelle des Spaniers mit Sebastian Vettel waren mit die besten im ganzen Rennen - allerdings fanden sie im Hinterfeld statt, der neuen Heimat des zweifachen Weltmeisters. Die Strecke auf der Ile Notre-Dame zeigte schonungslos die Schwächen des McLaren-Honda. Langsam geht das dem Spanier auf die Nerven. Als ihm ein Ingenieur ins Cockpit funkte "Du musst Sprit sparen", blökte Alonso zurück: "Ich will nicht, ich will nicht! Ich seh doch jetzt schon aus wie ein Amateur. Ich will erst ein Rennen fahren, und mich dann aufs Benzin konzentrieren." Das war dann nach 47 von 70 Runden nicht mehr nötig, vierter Ausfall im sechsten Rennen - der dritte in Folge. Die PR-Abteilung des stolzen Teams hat Alonsos persönliche Bilanz dann schnell geglättet: "Ich sehe positive Zeichen für die Zukunft. Wir müssen jetzt nur ruhig bleiben."

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Manor-Team

Canada Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Nur durch Crowdfunding überhaupt an den Start gekommen, beginnt der ehemalige Marussia-Rennstall, sein Schlusslicht-Dasein zu verändern. Mit einer internationalen Bettenbörse als Hauptsponsor sieht der alte Rennwagen nicht mehr ganz so schwarz aus. Und mit Bob Bell, zuletzt beim Weltmeisterteam Mercedes, kommt ein neuer Technikchef. Äußerst ungewöhnlich für einen Hinterbänkler, weshalb spekuliert wird, wer oder was hinter dem Aufschwung steckt. Einstweilen bringt der Schweizer Fabio Leimer, 26, als neuer Ersatzfahrer noch ein paar Millionen zusätzlich für die Portokasse.

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Nico Hülkenberg

Nico Hülkenberg

Quelle: dpa

Zehn Espressi, das ist der neue Standard in der Rennfahrer-Ernährung - zumindest für Nico Hülkenberg und das vor ihm liegende Wochenende. Der Rennfahrer von Force India geht nach seinem erfreulichen achten Platz von Kanada ("Das sind definitiv mal gute Nachrichten gewesen") nämlich fremd und nimmt bei den 24 Stunden von Le Mans im Werks-Porsche Platz. "Hulk" empfindet drei große Rennen in drei Wochen, übernächste Woche muss er schon wieder beim Grand Prix in Österreich ran, als positiven Stress: "In den nächsten drei Wochen springe ich von einer Strecke zur nächsten." Das wird nicht ohne Auswirkungen auf seinen Hormon-Haushalt bleiben: "Ich denke aber, dass ich so mit Adrenalin aufgepumpt sein werde, dass ich bestimmt nicht müde bin."

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Nicolas Todt

F1 Grand Prix of Japan - Qualifying

Quelle: Getty Images

Ein Nachwuchs-Team für die Formel 1? Um wieder auf die alte Sollstärke von zwölf Teams und damit 24 Rennwagen zu kommen, hat der Automobilweltverband FIA eine Art Casting-Wettbewerb ins Leben gerufen: Bis Ende September sollen sich Mutige melden (2016 kommt mit dem US-Rennstall von Gene Haas schon ein elftes Team). Eine der Bedingungen, die nachzuweisen sind: Der Wert, "den der Kandidat für die Weltmeisterschaft als Ganzes erbringt". Heißer Favorit auf den freien Posten ist der französische ART-Rennstall, der momentan in der GP2, der zweiten Liga der Formel 1, mitfährt. Teamchef dort ist Nicolas Todt, der Sohn des FIA-Präsidenten Jean Todt (im Bild). "Todtolino" verdingt sich außerdem als Manager der Formel-1-Piloten Felipe Massa, Jules Bianchi und Pastor Maldonado.

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Grid Girls

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Quelle: AFP

Aufatmen, trotz allem, bei Sebastian Vettel. Beim Rennen in Monte Carlo war der Familienvater sichtlich verwirrt, weil ein Mann die Stange mit dem Startplatzschild für die Nummer fünf hielt. Breites Kreuz statt Mini-Rock, dass fand der Traditionalist gar nicht gut: "Wenn ich auf Männer stehen würde, wäre das etwas anderes. Das tue ich aber nicht. Wenn ich das Auto parke und mir den Hintern von George oder Dave anschaue, dann bin ich nicht glücklich damit." In Kanada waren wieder Grid Girls am Start, und Vettel war beruhigt, zumindest am Start: "Ich denke, einige Dinge müssen sich nicht ändern, und das ist eines davon..." - Formel Macho.

© Süddeutsche.de/ebc/dd
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