Zehn Zylinder der Formel 1:Formel Neid

Sebastian Vettel vergleicht sich mit Brasiliens Rennfahrer-Idol und lässt seinen Teamkollegen Mark Webber passieren - der ist trotzdem nicht glücklich. Michael Schumacher wird überrundet, Timo Glock schimpft auf seine eigene Crew - und Jenson Button ist einfach nur noch cool. Die Zehn Zylinder.

Elmar Brümmer, São Paulo

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Zehn Zylinder der Formel 1:Felipe Massa

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Sebastian Vettel vergleicht sich mit Brasiliens Rennfahrer-Idol und lässt seinen Teamkollegen Mark Webber passieren - der ist trotzdem nicht glücklich. Michael Schumacher wird überrundet, Timo Glock schimpft auf seine eigene Crew - und Jenson Button ist einfach der coolste Hund von allen. Die Zehn Zylinder.

Von Elmar Brümmer, São Paulo

Es gab eine Torte, die war beinahe so groß wie er, und obendrauf steckte ein hübsches Figürchen: "Der sieht ja besser aus als sich", sagte die Zweitbesetzung von Ferrari. Für seine Leistungen in diesem Rennjahr hat sich der Fast-Champion von 2008 die süße Bombe kaum verdient - es gab sie für das 100. Rennen in Diensten der Scuderia und das zehnjährige Dienstjubiläum bei den Italienern. In seiner Heimatstadt wurde er Fünfter im Rennen, Sechster in der WM-Wertung - und außerdem ist er der erste Ferrari-Pilot seit 1992, der im ganzen Jahr keinen Podiumsplatz erreichen konnte.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Rubens Barrichello

F1 Grand Prix Of Brazil - Race

Quelle: Getty Images

Seine Landsleute nennen ihn gern das Eselchen in Badeschlappen, aber das hat nicht verhindert, dass er der Formel-1-Pilot mit den meisten Rennen in der Geschichte ist. Rennen Nummer 323 könnte das letzte gewesen sein, mit Rang 14 in etwa in der Region, die er nicht wahrhaben will. Rubinho kämpft immer gegen die Rolle als Trittbrettfahrer, und er will im Frühjahr unbedingt noch seine 20. Saison erleben. Nur eins verbittet er sich: "Betteln werde ich nicht. Man muss mich wollen." Fünf Handys, behauptet er, warten auf den entscheidenden Anruf. Auf der Auslaufrunde von Interlagos soll er geschluchzt haben. Na dann: Até à próxima!

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Zehn Zylinder der Formel 1:Michael Schumacher

F1 Grand Prix Of Brazil - Qualifying

Quelle: Getty Images

Für Schumacher sein, das hieß für ganz Brasilien automatisch: gegen Senna sein. Bis der Rekord-Champion an diesem Wochenende die öffentliche Versöhnung propagierte: "Die Erinnerung an Ayrton ist so frisch, als ob es gestern gewesen wäre, es ist so, als sei er immer noch unter uns." Und der Dank von Sennas Neffen Bruno? Der schlitzte ihm nach dem verlorenen Kampf um Platz neun mit dem Frontflügel den Hinterreifen auf. Dafür gab es eine Boxendurchfahrtstrafe, aber für Schumi ist einmal mehr ein aussichtsreiches Rennen zerstört. Er wird Fünfzehnter, ebenso überrundet wie Mercedes-Kollege Nico Rosberg. Einen Anlauf auf ein erfolgreiches Comeback nimmt er trotzdem noch: "Es überwiegt schon die Freude auf das nächste Jahr. Wenn ich sehe, wie unsere Jungs arbeiten, lässt mich das hoffen, dass wir besseren Zeiten entgegensehen."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Christian Horner

Red Bull Formula One World Champion Vettel and his teammate Webber of Australia celebrate with Red Bull Formula One team members after the Brazilian F1 Grand Prix at the Interlagos circuit in Sao Paulo

Quelle: REUTERS

Auf der Piste konnten sie Red Bull nichts anhaben, deshalb wird Sebastian Vettels Vorgesetzter jetzt am Verhandlungstisch von der Konkurrenz schwer angegangen: Die Champions sollen bei der Budgetbeschränkung gemogelt haben und würden mit dem finanziellen Egotrip die ganze Formel 1 gefährden. Horner will sich nicht in die Bücher gucken lassen, akzeptiert die Berechnungen nicht und hat eine ganz einfache Erklärung dafür: "Wenn man zu siegen beginnt, mögen einen alle. Wenn man weiter siegt, mögen sie einen schon weniger. Hätten wir nicht diesen Erfolg, hätten wir nicht dieses Problem." Nächste Woche wird wieder verhandelt. Formel Neid.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Mark Webber

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Quelle: AFP

Er wollte alles, nur nicht das: Danke sagen müssen bei Sebastian Vettel, dass der ihn vorbeilässt. Mark Webber ist die Nummer zwei bei Red Bull Racing, aber sein Stolz ist in seinem vorletzten Formel-1-Jahr noch erstklassig. Dann schenkte ihm das zickende Getriebe bei Vettel aber doch noch den ersten Formel-1-Sieg seit dem Sommer 2010. Und es trat das ein, vor dem sich der gebrochene Australier so sehr fürchtete: Gönnerhaft sprach Vettel davon, dass er den Kollegen habe passieren lassen. Allerdings mehr zum Wohle des Teams - ein Freundschaftsdienst war das nicht. Webber sagte trotzig: "Es wäre schön gewesen, wenn ich mit Sebastian noch etwas hätte kämpfen können." Ist er da sicher?

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Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

F1 Grand Prix Of Brazil - Race

Quelle: Getty Images

Zum zweiten Mal einen sicher scheinenden Sieg durch eine Technikpanne zu verlieren, das erinnert an böse alte Red-Bull-Zeiten. Aber der Champion zeigt, warum die Formel 1 heute eine Formel Vettel ist: 66 Runden lang muss er früher hochschalten, um das zickende Getriebe zu schonen, und am Lenkrad das Gangmuster verstellen. Reichlich Handarbeit auf der Berg- und Talbahn. Er lässt zwar den Kollegen Webber vorbei, aber sonst niemanden. Das Flehen der Ingenieure ignoriert er, geht nicht vom Gas. Er unkt: "Ich fühle mich wie Ayrton Senna 1991." Der war damals nach einer ähnlichen Schalt-Orgie ohnmächtig geworden. Vettel aber grinste schnell wieder: "Es wäre nach dieser phantastischen Saison doch undankbar, sich jetzt zu sehr darüber aufzuregen." Die Botschaft ist klar - der Mann wird noch einen Gang zulegen.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Jenson Button

F1 Grand Prix Of Brazil - Race

Quelle: Getty Images

Der Vorgänger von Sebastian Vettel als Weltmeister ist der coolste Typ der Formel 1, aber das lässt er sich praktisch nie anmerken. Selbst Lewis Hamilton, sein Rivale bei McLaren, ist auf den netten Button reingefallen - und hat erstmals ein Saisonduell gegen einen Teamkollegen verloren. Mit einem Überholmanöver gegen Fernando Alonso sichert  sich der große Stratege und Reifenflüsterer aus eigener Kraft den dritten Platz in Interlagos und damit den imaginären Titel als Vize-Weltmeister. Dass er mit dem Unterwäschemodel Jessica Michibata auch die hübscheste Frau im Fahrerlager an seiner Seite hat? Eben: Man unterschätzt ihn leicht.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Adrian Sutil

F1 Grand Prix Of Brazil - Qualifying

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Er kann nichts machen gegen die Vorbehalte, die sein eigener Teamchef gegen ihn hat (und vielleicht auch ein paar andere). Nichts, außer fahren. Und das tut der Gräfelfinger mit einer klaren Richtung: Immer weiter nach vorn. Im Force India wird er in Brasilien Sechster, in der Gesamt-WM schafft er es auf Platz neun. Aber die Inder wollen wohl Testpilot Nico Hülkenberg verpflichten. Sutil hat bei Williams angeklopft, bei Renault wäre ein Plätzchen frei - aber da ist noch die Disco-Schlägerei von Shanghai, bei der der Rennfahrer einen Investor am Hals verletzt hat. "Ich denke, dass ich allen gezeigt habe, zu was ich fähig bin", sagte Sutil, "und mehr kann ich nicht machen." Außer Warten auf bessere Zeiten - und Angebote.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Timo Glock

F1 Grand Prix Of Abu Dhabi - Race

Quelle: Getty Images

Sie nennen ihn den Kampfdackel, und das Wappentier hat er sich auch auf den Helm gemalt. Der Rennfahrer aus Wersau erträgt die mangelhafte Technik bei Marussia Virgin im zweiten Jahr, und er hat seinen Vertrag bei den britischen Hinterbänklern sogar verlängert. Nach dem ersten Boxenstopp in Interlagos hätte er sich das wohl noch mal überlegt - da flog ihm bereits bei der Ausfahrt das linke Hinterrad weg, die Mechaniker hatten vergessen, es festzuschrauben. Das ist auch für den Getreuen Glock zu viel: "Dass man so einen Fehler macht nach zwei Jahren. Wir haben in dieser Saison schon ein paar Boxenstopps verhauen. Da muss sich das Team jetzt mal auf den Hosenboden setzen." Und außerdem 5000 Euro Strafe wegen Verkehrsgefährdung blechen.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Daniel Brühl

Daniel Brühl

Quelle: dpa

Noch ein Deutscher in der Formel 1 - aber in der Rolle eines Österreichers. Der Schauspieler Daniel Brühl ("Good Bye, Lenin!") spielt im Rennfahrer-Epos "Rush", der die dramatische Saison 1976 und deren herausragende Charaktere James Hunt und Niki Lauda nachzeichnet, die Lauda-Rolle. Der dreifache Weltmeister und heutige RTL-Grantler hat Brühl bewusst nach Interlagos eingeladen, da dort die Stimmung noch am ehesten an damals erinnert. Die Bauten übrigens auch. Im Februar wird gedreht - in Hollywood und an Originalschauplätzen. Schöne neue Saison!

© sueddeutsche.de/ebc/lala
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