Zehn Zylinder der Formel 1:Angefressen wie nie

Die Psychoattacken von Lewis Hamilton gegen Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg zielen fürs Erste ins Leere. Ein krächzender Bernie Ecclestone versetzt das Fahrerlager in Aufruhr. Und Weltmeister Sebastian Vettel feiert ein trauriges Jubiläum. Die Zehn Zylinder vom Rennen in Monaco.

Von Elmar Brümmer, Monte Carlo

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Zehn Zylinder der Formel 1:Fahrer-Helme

Monaco Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Die Psycho-Attacken von Lewis Hamilton gegen Mercedes-Teamkollegen Nico Rosberg gehen fürs Erste ins Leere. Ein krächzender Bernie Ecclestone versetzt das Fahrerlager in Aufruhr. Und Weltmeister Sebastian Vettel feiert ein trauriges Jubiläum. Die Zehn Zylinder vom Rennen in Monaco.

Fahrer-Helme: Rennfahrer sind Lebenskünstler, gelegentlich Überlebenskünstler. Der Große Preis von Monte Carlo ist seit ein paar Jahren der bevorzugte Ort, um auch wirklich künstlerischen Neigungen auszuleben. Da jeder Schmuck im Cockpit vom Reglement verboten und der Platz auf den Autos und Overalls den Sponsoren vorbehalten ist, bleiben nur die Helme der Fahrer. Mal waren die Piloten mit Diamantenbesatz unterwegs, mal mit Goldhelm. Diesmal hatte nicht nur Sebastian Vettel sein Helm-Design gewechselt, praktisch alle Piloten gingen mit frisch lackierter Kopfbedeckung ins Rennen. Während Vettel mit einer Bronzeschicht unterwegs war, ließ Sauber-Pilot Adrian Sutil seinen Helm von dem brasilianischen Neo-Pop-Künstler Romero Britto verzieren - das Einzelstück wird für einen guten Zweck versteigert.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Adrian Newey

Spanish F1 Grand Prix - Practice

Quelle: Getty Images

Adrian Newey: An Fahrern herrscht kein Mangel in der Formel 1. Manche sind mit viel Talent gesegnet, manche mit viel Geld. Ausnahmetalente unter den Ingenieuren muss man suchen. Und das steigert den Marktwert der Top-Techniker gewaltig. Adrian Newey, der Denker hinter den vier Weltmeistertiteln von Red Bull, gehört ohnehin schon zu den Spitzenverdienern. Ihm einen Wechsel schmackhaft zu machen, ist schwer. Angeblich soll ihm Ferrari jetzt 28 Millionen Euro geboten haben. Doch der 55-Jährige will entweder seiner Heimat und Red Bull "auf absehbare Zeit" treu bleiben - oder eine Auszeit nehmen, weil das derzeitige Reglement die Einflussnahme durch Aerodynamik so schwer macht. Eine Alternative für Newey: Er könnte Segelboote konstruieren. Rennyachten, natürlich.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Luca di Montezemolo

Ferrari Formula One driver Alonso smiles with Ferrari president Montezemolo during the third practice session of the Italian F1 Grand Prix at the Monza circuit

Quelle: REUTERS

Luca di Montezemolo: Dieter Zetsche, der oberste Daimler-Lenker, wollte höflich sein. Deshalb erwähnte der Manager während seiner Audienz beim spanischen König Juan Carlos vor kurzem, dass er den Asturier Fernando Alonso für einen der besten Fahrer der Welt halte. Das schmeichelte dem sich immer und überall missverstanden fühlenden Alonso. Prompt klagte er aber öffentlich, dass so ein Kompliment auch mal aus dem eigenen Lager kommen könne. Montezemolo handelte sofort, er will seinen wertvollsten Fahrer schließlich bis 2016 halten. Heraus kam die übertriebenste PR-Erklärung des Jahres: "Fernando ist der beste Fahrer der Welt, der in den Rennen immer 200 Prozent gibt. Er weiß, wie sehr ich auf ihn zähle." Das kann man glauben, muss man aber nicht.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Daniel Ricciardo

Monaco Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Daniel Ricciardo: Dritter Platz hinter den Überfliegern von Mercedes. Also Erster der zweiten Liga in der Formel 1, auch vor Teamkollegen Sebastian Vettel, dem Weltmeister, der am Sonntag früh ausschied - Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo ist in großartiger Form. Vor allem samstags, in der Qualifikation, bei der es ums Prestige innerhalb eines Teams geht. 5:1 führt Ricciardo gegen Vettel in dieser Mann-gegen-Mann-Wertung, einer der wichtigsten für Grand-Prix-Piloten. Eine Leistung, die der australischen Newcomer im Top-Team mit Dauer-Grinsen quittiert. Und einem guten Spruch: "Jetzt muss der Sebastian mal so richtig arbeiten für sein Geld." Der wiederum gibt - ungern, aber souverän - zu, dass der 24-Jährige für ihn der Maßstab sei, wenn es darum geht, mit der neuen Rennwagengeneration zurechtzukommen. Ricciardo hat das Eingewöhnen nach eigenen Angaben längst hinter sich: "Im Winter hat es sich noch wie eine neue Formel 1 angefühlt. Mittlerweile steige ich aber ins Auto und es ist beinahe wie im vergangenen Jahr."

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Zehn Zylinder der Formel 1:Bernie Ecclestone

Monaco Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Bernie Ecclestone: Die Erkältung hatte er aus dem Münchner Gerichtssaal mit nach Monte Carlo gebracht. Aber die Côte d'Azur hat ihren touristischen Ruhm bekanntlich dem für kränkelnde Briten so wohltuenden Klima zu verdanken. Ecclestone gab sich also angriffslustig. Er konnte zwar nur krächzen, aber das reichte für ominöse Andeutungen, die sogleich das Fahrerlager am Hafenkai in Aufruhr versetzten. Der 83-Jährige gab einen Warnschuss gegen seinen Arbeitgeber CVC Capitals ab, dem Rechteinhaber der Formel 1: "Wenn mir CVC einen Nachfolger präsentiert, bin ich morgen weg." Red-Bull Teamchef Christian Horner gilt als erster Anwärter, dazu Flavio Briatore und Ferrari-Boss Luca di Montezemolo. Nur Niki Lauda will nichts davon wissen. Der junge Mann, mit dem Ecclestone dann vor seinem Bus posierte, dürfte als Nachfolger ebenfalls nicht infrage kommen: Es handelte sich um Justin Bieber.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Der Notausgang

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Quelle: AFP

Der Notausgang: Kein Platz, nirgendwo. Ein Leitplankenkanal, der sich 3,3 Kilometer rund um den Yachthafen schlängelt. Wer auf dem Kurs in Monte Carlo einen Fehler macht, kracht in die Barrieren. Es gibt nur eine Handvoll Auslaufzonen, sogenannte Notausgänge. Den an der Mirabeau-Kurve nahm Nico Rosberg am Samstag. Er hatte seine schnellste Qualifikationszeit schon hingelegt, dann verbremste er sich, ausgerechnet, als Kollege Lewis Hamilton auf die schnellste Runde ging. Rosberg stand, setzte zurück, Hamilton wurde die gelbe Flagge gezeigt - er musste runter vom Gas. Ein Parkmanöver von Rosberg wie das von Michael Schumacher 2006. Die Rennkommissare sprachen den Deutschen von Absicht frei. Doch in diesem Notausgang endete am Samstag die (nie wirklich echte) Freundschaft zwischen den beiden Mercedes-Piloten.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Jules Bianchi

F1 Grand Prix of Monaco - Practice

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Jules Bianchi: Monsieur Bianchi aus Nizza, 24, ist jetzt ein Held. Zumindest für den Marussia-Rennstall, der 2010 sein Formel-1-Debüt gab und seitdem hinterherfährt. Null Punkte hatte Marussia in 83 Rennen bisher gesammelt, der russische Mutterkonzern verliert langsam das Interesse. Nur der Überlebenswillen hält das in England beheimatete Team wach. Und die Hoffnung auf eine Chance wie in Monaco, wo viele andere große und kleine Gegner am Sonntag ausfielen. Und plötzlich landete Biachi auf Platz acht, durch eine nachträgliche Fünf-Sekunden-Strafe wurde am Ende der neunte Rang daraus. Na und? Bianchi weiß: "Es ist wie ein Sieg für mich." Der ist in der Geldmeisterschaft am Saisonende ein paar Millionen Euro wert.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Nico Rosberg

Mercedes F1 driver Nico Rosberg of Germany holds his trophy after winning the Monaco Grand Prix

Quelle: REUTERS

Nico Rosberg: Zum zweiten Mal hintereinander hat Rosberg in Monaco gewonnen, wo er aufgewachsen ist, vor allem aber hat er beim fünften Mercedes-Doppelerfolg in Folge die Serie seines Inteamfeindes Lewis Hamilton durchbrochen: Nico Rosberg hat die WM-Tabellenspitze zurück, er machte dem auf seinem Rennanzug aufgestickten Nationalmannschaftsmotto "Bereit wie nie" alle Ehre. Hamiltons Pyschospielchen widerstand er ebenso wie der zweifachen Neutralisierung des Rennens. Nach seiner umstrittenen Pole-Position legte der 28-Jährige einen Traumstart hin, fuhr aggressiv gegen das Vorurteil an, er sei der weichere in diesem Stallduell. So lange, bis ihm beinahe der Sprit ausging. Aber es reichte. "Ich habe das Momentum jetzt hoffentlich auf meiner Seite", frohlockte Rosberg. Das sollte für eine Vertragsverlängerung bis mindestens 2016 reichten.

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Zehn Zylinder der Formel 1:Lewis Hamilton

Lewis Hamilton, Mercedes, Formel 1

Quelle: Getty Images

Lewis Hamilton: Psycho-Duelle, damit kennt sich keiner so aus wie Lews Hamilton. Als Formel-1-Neuling hatte er sich gleich mit Champion Fernando Alonso angelegt - und den Spanier bei McLaren rausgeekelt. Nach zuletzt vier Siegen in Serie wähnt sich der Weltmeister von 2008 bei Mercedes in ähnlich starker Position. Er sprach Gegenspieler Rosberg, Kumpel und Gegner seit Jugendtagen, den Erfolgshunger ab und rechnet die eigene Londoner Vorstadtkindheit gegen monegassisches Jet-Set-Leben auf. Nach Rosbergs Konter in der Qualifikation bemühte Hamilton den Vergleich mit Ayrton Senna und Alain Prost, dem epischen Stallduell der Formel 1, zu dem das Wort "Krieg" besser passte. Hamilton drohte, dass er die Senna-Rolle einnehmen werde, der seinem Teamkollegen einst ins Auto gefahren war. So weit kam es am Sonntag nicht. Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda hatte gedroht. Und überhaupt war Rosberg einfach zu schnell. Fortsetzung folgt?

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Zehn Zylinder der Formel 1:Sebastian Vettel

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Quelle: AP

Sebastian Vettel: Was für ein trauriges Jubiläum. Zum 100. Mal saß der Heppenheimer in einem Rennwagen von Red Bull Racing, aber die Fahrt ging keine 20 Kilometer weit. Erst versagte der Turbolader, dann die Elektronik, dann der Energiespeicher­ ­- vielleicht war es auch umgekehrt: "Es machte keinen Sinn mehr, als stehendes Hindernis durch die Stadt zu fahren", sagte Vettel. Der Champion sieht sich nach bisher 38 Siegen, 44 Pole-Positionen und vier WM-Titeln neuerdings als Versuchsfahrer: "Immer ist etwas anderes bei mir. Mit all den Fehlern, die ausgemerzt werden mussten, habe ich die Entwicklung des Autos zu einem Großteil vorangetrieben." Durch die Aufgabe nach sechs Runden ist der Rückstand des Titelverteidigers auf WM-Primus Rosberg auf 77 Punkte angestiegen. Vettel behauptet trotzig dass er noch immer Lust habe auf die Formel 1: "Denn ich habe nie Lust darauf, Zweiter zu sein."

© SZ.de/jkn
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