Zehn Zylinder der Formel 1:Alonso brüllt ins Helmmikrofon

"GP2 Motor! GP2 Motor!": Fernando Alonso hat genug vom Hinterherfahren. Und Ferrari-Teamchef Arrivabene sorgt mit einem Vergleich zwischen Vettel und Schumacher für Aufsehen. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer

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Jules Bianchi

Japan Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Eine Art Stillschweigen hatten die Beteiligten der sonst so lauten Formel 1 vereinbart, um sich ein Jahr nach dem Unfall von Jules Bianchi nicht durch trübe Gedanken ablenken zu lassen. Der 25-Jährige war nach neun Monaten im Koma Mitte Juli den Folgen seiner schweren Kopfverletzungen erlegen. Vergessen aber war der im Kreise seiner Kollegen beliebte Rennfahrer keineswegs: "Ich denke heute an dich, Jules. Gott beschütze dich", twitterte Sieger Lewis Hamilton vor dem Rennen. Die Scuderia Ferrari, zu deren Nachwuchsförderprogramm Bianchi zählte, formulierte die Botschaft: "Für immer in unseren Herzen." Der Manor-Rennstall (früher Marussia), für den Bianchi in Suzuka gestartet war, fährt weiterhin mit den Namenszug des Franzosen auf den Rennwagen.

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Lewis Hamilton

Mercedes Formula One driver Lewis Hamilton of Britain drives during the Japanese F1 Grand Prix at the Suzuka circuit in Suzuka, Japan, September 27, 2015.

Quelle: REUTERS

Schon beim übernächsten WM-Lauf in Austin könnte er zum dritten Mal Weltmeister werden, wie sein Idol Ayrton Senna, mit dem er nach Siegen (41) in Suzuka gleichgezogen hat. Der 30-Jährige gesteht: "Sennas Siege auszugleichen, ist unbeschreiblich. Ich kann das noch gar nicht fassen." Den aktuellen Wert seines Erfolges aber weiß er noch auf der Auslaufrunde nach seinem achten Saisonsieg mit Gesten zu beschreiben - plötzlich ragt da der Vettel-Finger aus dem Mercedes-Cockpit, später betrommelt und streichelt er abwechselnd die Frontpartie. Die Wiederholung seines Vorjahreserfolges auf einer Strecke, die ihm gar nicht so liegt, ist wie ein Ritterschlag: "Ein Rennen so zu dominieren wie dieses ..." sagt er mehr zu sich selbst, "ich bin einfach nur glücklich. Es war wichtig für uns, wieder zurück zu sein." Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda lobt: "Besser kann man nicht fahren."

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Nico Rosberg

Nico Rosberg

Quelle: AP

An jeder seiner Regungen ist abzulesen, dass er den WM-Kampf gegen Hamilton fast schon verloren gegeben hat. Von der Pole-Position auf Rang vier abzurutschen, war der Anfang vom Ende der Hoffnung, in einem Rennen zu siegen, "das ich hätte unbedingt gewinnen müssen". Rosbergs traurige Bilanz nach dem verlorenen Start-Duell: "Für mich ist alles in die falsche Richtung gelaufen. Vierter zu werden ging natürlich gar nicht mit diesem Auto, aber Platz zwei ist auch nur Schadensbegrenzung. Das ist alles natürlich sehr enttäuschend. Ich muss sehen, dass ich in Sotschi zuschlage. Aber das wird immer schwieriger." Über Rosbergs unterschwelligen Vorwurf, am Anfang unfair abgedrängt worden zu sein ("Ich musste eine Kollision vermeiden"), geht Hamilton nonchalant hinweg: "Ich glaube nicht, dass es besonders eng war. Die Kurve gehörte mir. Das hier ist ja kein freundliches Schachspiel."

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Sebastian Vettel

Japan Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Von eins auf drei innerhalb von einer Woche, und trotzdem hatte Sebastian Vettel keine schlechte Laune. Dass er seinen am Start herausgefahrenen zweiten Platz später in der Box durch eine "magische Runde" von Nico Rosberg unter Mitwirkung einer nicht glücklichen Ferrari-Taktik wieder verloren hatte, wollte der Heppenheimer niemandem krumm nehmen. "Hätte, hätte, Fahrradkette", sagte er zu dem Vorwurf, man hätte zur gleichen Zeit an die Box kommen sollen. Was ihn eher zuversichtlich stimmt für den Rest der Saison ist die Tatsache, dass er zumindest mit Rosberg auch auf der Piste mithalten konnte: "Unser Tempo stimmt, und wir stehen besser da, als viele geglaubt haben." Er selbst glaubt an den neuen Plus-Motor: "Ich glaube, wir können am Ende der Saison noch richtig Gas geben." Wozu auch sein Glaube gehört, trotz 59 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Hamilton den Titeltraum noch nicht ganz zu begraben.

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Fernando Alonso

Japan Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

In einem Rennen wie dem Großen Preis von Japan ist das Mithören des Funksprechverkehrs manchmal das Spannendste. In jenem Moment, als Fernando Alonso im Generationenduell mit dem halb so alten Max Verstappen den Kürzeren zog und aus den Top Ten fiel, war das definitiv so. Der Spanier brüllte "GP2 Motor! GP2 Motor!" in sein Helmmikrofon. Die Botschaft war unmissverständlich, denn die GP2-Serie hat als Unterbau der Formel 1 etwa ein Drittel weniger PS. Und an wen sie gerichtet war, ist auch klar: Den Motorenhersteller Honda, der sich bei seinem ersten Heimspiel - nicht völlig unerwartet - blamiert hat. Es zeigt, wie leidenschaftlich Alonso den Erfolg will und braucht. Entdecker Flavio Briatore hatte bereits kolportiert, dass sein Schützling bald genug haben könne vom Hinterherfahren. Aber der Vertrag läuft noch bis Ende 2017.

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Jenson Button

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Quelle: AFP

Geteiltes Leid ist doppeltes Leid: Jenson Button, ebenfalls ehemaliger Weltmeister in Diensten von McLaren-Honda, steht offenbar kurz davor, seinen Rücktritt zu erklären - obwohl auch sein Vertrag noch für die kommende Saison gilt. Doch der 35-jährige Brite will noch nicht sagen, wie seine Entscheidung ausfällt. In jedem Fall, sagt er, werde ihn diese "definitiv glücklich" machen. Generell sagt er: "Man hat im Auto nur Spaß, wenn man an der Spitze mitkämpfen kann, denn dann hat man das Gefühl, dass man etwas erreicht. Die Freude kommt vom Wettkampf." Einen 14. Platz in seiner Wahlheimat herauszufahren, gehört nicht dazu: "Ich habe gekämpft, sogar wie ein Samurai - nur eben ohne Schwert."

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Maurizio Arrivabene

F1 Grand Prix of Japan - Practice

Quelle: Getty Images

Im Überschwang des Ferrari-Aufschwungs hat Sebastian Vettel von Teamchef Maurizio Arrivabene das größtmögliche Lob bekommen. Im Interview mit dem Corriere della Sera verglich ihn der Italiener mit Michael Schumacher: "Viele haben gesagt, dass Seb früher nur gewonnen habe, weil er das beste Auto hatte. In bestimmten Augenblicken habe ich das auch gedacht. Heute, wo ich mit ihm arbeite, kann ich sagen, dass er in gewisser Hinsicht sogar besser ist als Michael - vom Charakter her, denn Michael war ein Introvertierter, der sich nur einem engen Kreis öffnete. Seb strahlt mehr aus, die Jungs empfinden ihn als einen der ihren." Noch vor dem Start ruderte der 58-Jährige zurück: "Michael war etwas introvertiert, als ich ihn das erste Mal getroffen habe, Sebastian offener. Aber sie sind beide großartige Champions und Menschen. Wenn ich an Michael denke, dann bete ich für ihn. Er ist immer in meinem Herzen." Kurve gekriegt?

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Lotus

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Quelle: AFP

Am Montag wurde bekannt, dass Renault die Mehrheit des vor der Insolvenz stehenden Lotus-Teams übernehmen will - sogar eine Absichtserklärung soll bereits unterzeichnet sein. Wie knapp die Mittel bei Lotus zuletzt waren, zeigte eine drastische Maßnahme in Suzuka. Weil offenbar Vorjahres-Rechnungen nicht beglichen wurden, bekam das britische Team keinen Pavillon im Fahrerlager zur Verfügung gestellt. Die Mechaniker wurden von der Konkurrenz und Bernie Ecclestone sogar im Paddock Club durchgefüttert, wo der Eintritt sonst 4000 Euro pro Nase kostet. Offenbar hat die Aktion den fahrerischen Appetit gesteigert: Romain Grosjean (vorne im Bild) fuhr als Siebter ins Ziel, Pastor Maldonado als Achter.

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Red Bull

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Die Zahl derer, die dem Gejammer von Red Bull Racing, im nächsten Jahr ohne Motor dazustehen, nicht mehr zuhören können, wächst. Schuld daran ist der Getränkekonzern selbst. Die Rückzugsdrohung wird praktisch von Rennen zu Rennen erneuert, nachdem sich auch die Idee mit Audi laut Teamchef Christian Horner (im Bild) "in Luft aufgelöst hat". Mateschitz sei "desillusioniert von der Formel 1", berichtet sein britischer Statthalter, und: "Wenn Herr Mateschitz etwas sagt, hört man ihm besser zu." Der Milliardär kann sich jetzt nur noch mit Ferrari einigen, nachdem Mercedes abgesagt hat. Horner weiß um seine schwierige Aufgabe: "Es liegt jetzt an mir, eine Lösung zu finden. Aber manches liegt nicht in unseren Händen."

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Daniil Kwjat

Suzuka Circuit Suzuka Japan Saturday 26 September 2015 Marshals remove the wreckage in the afte

Quelle: imago/LAT Photographic

Er gehört zu den großen Talenten der Zukunft, weshalb ein 15. Platz für den Red-Bull-Piloten eigentlich außer Frage steht. Aber dass der Russe überhaupt starten konnte, war eine Überraschung, eine sehr positive. Denn in der letzten Runde der Qualifikation am Samstag hatte er durch einen Fahrfehler bei Tempo 270 die Kontrolle über sein Auto verloren, schlug in die Leitplanken an, überschlug sich, der Wagen war nur noch ein Wrack. Der 21-jährige stieg unverletzt aus, ärgerte sich aber: "Die Enttäuschung ist größer als der Schmerz. Ich ärgere mich über mich selbst, ein Anfängerfehler." In einer Sonderschicht der Mechaniker wurde das Auto so fit gemacht, dass er zumindest aus der Boxengasse starten konnte. Aber richtig in die Gänge kam Kwjat nie: "Ich hatte mit allem Probleme: Bremsen, Reifen, Überholknopf." Wiedergutmachung ist angesagt - der nächste WM-Lauf ist sein Heimspiel in Sotschi.

© Süddeutsche.de/ebc/rus
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