Xherdan Shaqiri vom FC Bayern:Staunen über den starken Kleinen aus der Schweiz

Gewonnen, nicht geglänzt: Beim Pokalspiel in Regensburg präsentiert sich der FC Bayern uninspiriert - allein Zugang Xherdan Shaqiri begeistert. Der Schweizer gilt als einer der Gewinner der Vorbereitung, er macht alles, was ein junger Spieler machen muss. Dennoch hat er kaum Chancen auf einen Platz in der Startelf.

Jürgen Schmieder, Regensburg

Als Xherdan Shaqiri am Montagabend das Regensburger Stadion verließ, da trug er keinen Koffer, in dem Trikots oder Fußballschuhe aufbewahrt werden. Er trug auch keine Kiste mit Wasserflaschen oder den Kulturbeutel von Arjen Robben. Wer später auf dem Weg nach München den Bus des FC Bayern überholte, der konnte auch nicht beobachten, dass der 20-Jährige den älteren Kollegen elektrolytische Getränke serviert hätte.

SSV Jahn Regensburg - FC Bayern Muenchen

Überflieger in der bayerischen Vorbereitung: Xherdan Shaqiri jubelt über sein Tor in Regensburg. 

(Foto: dapd)

Damit auch ja jeder erkannte, dass der Schweizer nicht vom FC Basel zum FC Bayern gewechselt ist, um ein wenig zu trainieren und seinen Marktwert durch kurze Einsätze zu erhöhen, sagte er nach dem 4:0-Sieg bei Jahn Regensburg: "Man hat gesehen, dass ich nicht einfach der Kleine aus der Schweiz bin. Ich will die Mannschaft verstärken. Das gelang mir."

Shaqiri hatte seine Elf immens verstärkt bei diesem Spiel der ersten DFB-Pokal-Runde. Die Münchner hatten sich in der ersten Halbzeit überlegen und souverän, indes auch uninspiriert präsentiert - Sportvorstand Matthias Sammer sagte danach: "Unserem Anspruch entsprechend hätten wir es besser machen sollen. Wir hatten einige Passagen dabei, die erkennbar in Richtung Berechenbarkeit gingen."

Das war recht nett formuliert von Sammer, eigentlich war alles berechenbar, selbst der Führungstreffer: Ein Dribbling des ansonsten eher genervt auftretenden Franck Ribéry genügte, damit der ansonsten recht unsichtbare Mario Mandzukic den Fuß hinhalten durfte zum 1:0 (32.). Arjen Robben zeigte sich lustlos und zweikampfschwach, Thomas Müller agierte unglücklich und bisweilen mit technischen Fehlern. Es war berechenbar - und stinklangweilig. Auch weil die Spieler des Zweitligisten Jahn Regensburg noch weniger in die Offensive gingen als ihre quasi stummen Fans. Dann schickte Trainer Jupp Heynckes Shaqiri für Ribéry aufs Feld.

Der dribbelte, er passte und schoss - Shaqiri erzielte einen feinen Freistoßtreffer, mit einem wuchtigen Dribbling und schönem Zuspiel bereitete er das Tor von Mandzukic vor, am Ende servierte er das Spielgerät gefühlvoll Claudio Pizarro. Sammer sagte: "Wenn ein Spieler eingewechselt wird, dann hofft man, dass er etwas bewegt und das Spiel belebt - das hat er heute getan." Trainer Jupp Heynckes ergänzte: "Mit der Einwechslung von Shaqiri haben wir in der zweiten Halbzeit viel besser gespielt. Er ist ein riesiges Talent. Er hat alles, was ein Fußballer braucht."

Weil das Spiel der Münchner nicht viel Stoff für Debatten lieferte - man hätte allenfalls darüber sprechen können, dass der FC Bayern es geschafft hat, in der Hitze von Regensburg mit minimalem läuferischen und kreativen Aufwand 4:0 zu gewinnen - und die neueste Meldung zum möglichen Zugang Javier Martínez die war, dass es keine neueste Meldung gab, sprachen die Verantwortlichen über den Einzigen, der an diesem Abend erstaunte und verblüffte.

"Ich will nicht, dass in der Mannschaft Krieg ist."

Shaqiri, für etwa zwölf Millionen Euro vom FC Basel gekommen, gilt als einer der Gewinner der Münchner Vorbereitung und aufgrund der Leistungen in Training und Testspielen eigentlich als Kandidat auf einen Platz in der Startelf. Nur: Trainer Jupp Heynckes und Sportvorstand Matthias Sammer gelten als Verfechter klarer Hierarchien, auch und vor allem im Binnenklima eines Fußballvereins. Das bedeutet: Shaqiri darf also gerne am Etablierten rütteln, er soll sogar rütteln, er muss rütteln - doch es wird ihm zunächst wenig helfen.

In einem Interview mit dem Schweizer Tages-Anzeiger hatte Shaqiri vor ein paar Tagen gesagt: "Am Anfang hatte man noch gesehen, dass die anderen nicht so viel Respekt vor mir hatten. Okay, das ist halt der kleine Schweizer, so kam es rüber. Aber nachher ist das schon anders geworden." Er hat auf sich aufmerksam gemacht, in Regensburg noch einmal beeindruckend nachgelegt. Doch ein Stammplatz in der Offensive dieses FC Bayern?

Auf den Außenbahnen gelten Franck Ribéry und Arjen Robben als fest positioniert und quasi mit Stammplatzgarantie ausgestattet, eine Degradierung würde der eine nur schmollend und der andere überhaupt nicht akzeptieren. In der zentralen Offensive vertraut Heynckes noch dem Freigeist Thomas Müller. Der Trainer sagte in Regensburg über Shaqiri: "Wer meine Meinung über ihn kennt, der weiß ganz genau, dass es ihm nicht droht, in der Versenkung zu verschwinden." Heynckes weiß: Stärkt er Shaqiri, bringt er Unruhe in das sensible Gefüge der Eitelkeiten in seiner Mannschaft.

Sammer sagte: "Er ist ein Spieler, der uns grundsätzlich sehr gut tut." Der Sportvorstand sagt grundsätzlich sehr kluge Dinge. Als er am Montagabend auf Shaqiri und die anderen Zugänge angesprochen wurde, da sagte er: "Wir haben uns in der Qualität verbreitert." Was genau er damit meinte, das führte Sammer nicht aus - es ist jedoch anzunehmen, dass er andeuten wollte, es recht komfortabel zu finden, dass der FC Bayern durch die Zugänge eine Situation geschaffen hat, in der die Etablierten zwar etabliert sein dürfen aber nun Druck bekommen aus der zweiten Reihe.

Da dürfte Sammer auch gefallen, was Shaqiri sonst noch zu sagen hatte an diesem Montagabend: "Ich will nicht, dass in der Mannschaft Krieg ist. Ich will, dass wir füreinander spielen dieses Jahr, nur so können wir Erfolg haben. Man sieht aber jetzt schon auf dem Platz, dass wir Spaß haben. Und das ist das Wichtigste." Xherdan Shaqiri hat innerhalb weniger Wochen gelernt, wie man sich beliebt macht als junger Spieler beim FC Bayern: auf dem Platz forsch, abseits davon sowohl forsch als auch bescheiden. Der kleine Schweizer ist die bislang größte Geschichte beim neuen FC Bayern.

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