SZ: Herr Hauser, Herrschings Volleyballer starten an diesem Samstag (20 Uhr) in Karlsruhe in ihre elfte Erstligasaison. Wie blicken Sie auf den Beginn, nicht mehr als langjähriger Trainer, sondern auch als Geschäftsführer, der Sie ja seit 2022 sind?
Max Hauser: Seit zwei, drei Jahren geht es in der Männerbundesliga deutlich bergauf, sie hat Corona abgeschüttelt. Als Paket war sie, seitdem ich mich für Volleyball interessiere, noch nie so interessant. Der Kampf um die Meisterschaft ist zwar traditionell nicht der spannendste, mit dem großen Favoriten Berlin. Aber zwischen Platz zwei bis sechs ist alles sehr eng und auf hohem Level, die Klubs haben auch international Chancen auf die ersten Plätze. So gut war die Ligaspitze in der Breite jedenfalls noch nie.
Hinter den ewigen Rivalen Berlin und Friedrichshafen blüht also neue Konkurrenz auf?
Die Beispiele Giesen, Herrsching und Lüneburg zeigen es doch: Wir haben alle drei als kleine Aufsteiger angefangen und sind inzwischen gute Adressen. Lüneburg sehe ich mit ihrer tollen neuen Halle als absoluten Top-Standort. Und die sieben Klubs dahinter sind schon schwächer in der Kaderbreite, aber trotzdem gut. Die werden sich wehren, denen werden Überraschungen gelingen.
Was bedeutet das für Herrsching, dass die Liga stärker wird? Sie haben zugleich selbstbewusst das Playoff-Halbfinale und eine Spitzenplatzierung im internationalen Wettbewerb als Ziele angekündigt.
Wir wissen, dass das sehr ambitionierte Ziele sind, aber wir haben auch deutliche Schritte nach vorn gemacht. Unser Etat (beim Aufstieg 2014 noch gut eine halbe Million Euro) ist auf über eine Million Euro angewachsen. Inzwischen haben wir rund 100 Unternehmen hinter uns, das ist eine gute Basis, die WWK ist als Namenssponsor trotzdem unverzichtbar. Um nach vorn aufzuschließen, bräuchten wir aber noch mal eine deutliche Etatsteigerung. Eine weitere Million mehr wäre für uns ein absoluter Game-Changer Richtung Meisterschaft und Europapokalsieg.
Bei der Generalprobe für den Meisterschafts-Start, dem Ligacup, landete Herrsching am Wochenende „nur“ auf Platz sechs.
Ja, aber man muss auch sehen, dass wir gerade in Magloire Mayaula, Norbert Engemann (jeweils Bauchmuskelzerrung) und Dorde Ilic (Bänderriss im Knöchel) drei verletzte Mittelblocker haben und aktuell nur unseren 16-jährigen Joshua Huber auf dieser Position. Inzwischen haben wir nachjustiert und uns für drei Monate noch einen ungarischen Mittelblocker geholt: Ambrus Bence. Er ist 23, nur 1,90 Meter groß, so einen kleinen Blocker hatte ich noch nie. Er springt aber hoch und ist ein sehr starker Angreifer. Vor zehn Jahren hätten wir budgetmäßig solche Möglichkeiten nicht gehabt.
Seit 2021 spielt Herrsching im BMW Park, auch in dieser Saison wieder. Dennoch: So richtig ist der Funke in der Großstadt, was die Zuschauerzahlen angeht, bisher nicht übergesprungen, oder?
Wir sind erst einmal froh, dass wir überhaupt im BMW Park spielen können. Das ist auch unserer Entwicklung geschuldet und den Ansprüchen. Wir sind zum ersten Mal finanziell so aufgestellt, dass wir aktiv Geld ausgeben können für Eigenmarketing. Bisher haben wir die Halle ohne Werbung bespielt, aber das ist enorm wichtig in einer Großstadt wie München. Eines der Hauptziele ist es, sie voller zu machen. Dazu braucht es attraktive Gegner, auch mal ein Playoff-Halbfinale. Das Thema eigene Halle in der Region Starnberg/Ammersee ist aber auch noch in unserem Hinterkopf.
Die Bayern-Basketballer treten im BMW Park nun dauerhaft auf einem LED-Glasboden an – Herrsching auch?
Wir hoffen, dass wir auch unsere Spiele im BMW Park auf dem LED-Boden spielen, sind aber noch in Verhandlungen. Die Möglichkeiten wären dann unendlich. Wir würden quasi auf einem übergroßen Fernseher spielen, einem Bildschirm, auf dem Spielstatistiken, Werbung, die Namen der Spieler eingeblendet werden können. Und es gäbe allerlei Spielereien: Wenn einer unserer Angreifer den Ball spektakulär im Feld versenkt, könnte der Boden „splittern“. Wenn das Team „on fire“ ist, kann man mal kurz alles brennen lassen. Sollte das jetzt klappen, sind wir meines Wissens der erste Volleyballverein der Welt, der dauerhaft auf LED-Boden spielt. Am Ende wäre das unsere größte Werbefläche und auch für die Zuschauer ein Erlebnis. Aber das kostet Geld, auch die Umrüstung.
Es gab viel Folklore in Herrsching beim Saisoneröffnungs-Abend vor einer guten Woche: Spanferkelessen im Traditionslokal, Brezn hingen von der Decke, Sie haben ein Fass angezapft. Wie groß ist das Dilemma, ein Dorfklub zu sein, aber wegen der Professionalisierung fast alle Spiele in München auszutragen?
Das passt zum Volleyball, das ist familiär, regional und groß zugleich. Die Sportart hängt ja zwischen beiden Polen. Unsere Heimat ist nun einmal die Region Starnberg-Ammersee, unsere Speerspitze der BMW Park am Ende der Lindauer und Starnberger Autobahn. Um unsere Ziele zu verwirklichen, brauchen wir München, die große Stadt. Für mich ist das auch überhaupt kein Widerspruch, sondern eine sehr gute Philosophie. Auch die Rückmeldung von unseren Sponsoren ist da sehr positiv.
Und was sagen Sie den Herrschinger Fans, die kein Auto haben, aber mehr als eine Stunde benötigen, um den BMW Park öffentlich zu erreichen?
Das Problem war bisher gar nicht, dass zu wenige Herrschinger nach München gefahren sind. Mit dem Auto sind es 35 Minuten, die meisten konnten es sich dann doch organisieren. Da kommen schon immer ein paar Hundert Fans. Der Punkt ist eher, dass wir München und die Umgebung noch mehr aktivieren müssen bei den Spielen. Wir haben jetzt eine recht pfiffige Plakataktion geplant, einen neuen Medienpartner mit Radio Arabella, mit München TV haben wir die Kooperation ausgeweitet.
Beim Folklore-Abend war auch der Japaner Keisuke Matsuo dabei, der das schwere Erbe von Libero Leonard Graven, der nach Friedrichshafen gewechselt ist, antreten soll. Er wirkte noch etwas schüchtern, als Sie die Spieler im Lokal nach vorn baten.
Keisuke kommt schon aus einer sehr interessanten Kultur. Er war im ersten Training gleich mal eine Stunde zu früh, weil man das in seiner Heimat anscheinend so macht. Er ist es auch gewohnt, wenn das Training vorbei ist, noch eine Stunde weiterzutrainieren. Er ist enorm höflich, wirklich extrem höflich. Und er hinterlässt nie Unordnung, räumt alles immer picobello auf, die Halle schaut in der Regel ordentlicher aus als vorher. Obwohl es eigentlich nicht seine Aufgabe ist, aufzuräumen. Keisuke freut sich jedenfalls schon auf unseren Wiesn-Besuch am 1. Oktober. Da wird er dann zum ersten Mal in seinem Leben eine echte Lederhose anhaben.