Volleyball-Bundesliga:Auffrischender Rückenwind

Volleyball-Bundesliga: Herrschings Libero Leonard Graven (li.) freut sich mit Außenangreifer Jonas Sagstetter über die drei Punkte gegen Giesen.

Herrschings Libero Leonard Graven (li.) freut sich mit Außenangreifer Jonas Sagstetter über die drei Punkte gegen Giesen.

(Foto: Wolfgang Fehrmann/HMB-Media/Imago)

Die Herrschinger wissen am Ende der Zwischenrunde noch nicht, mit wem sie es zu tun bekommen. Nach zuletzt starken Leistungen planen sie aber den ersten Halbfinaleinzug der Vereinsgeschichte.

Von Sebastian Winter

Es war beeindruckend, was Herrschings Volleyballer den rund 1250 Zuschauern boten, die am Mittwochabend in den Audi Dome gekommen waren. Die Partie gegen die Helios Grizzlys Giesen war ja schon ein gefühltes Endspiel, jedenfalls ging es in diesem letzten Zwischenrunden-Duell um Platz fünf - und damit um eine möglichst gute Ausgangsposition fürs Playoff-Viertelfinale. Giesen lag bis Mittwoch auf ebendiesem fünften Rang, die WWK Volleys vom Ammersee konnten die Niedersachsen nur im Falle eines 3:0- oder 3:1-Erfolges überholen. Und wie sie dieses Ziel erreichten, das versetzte dann selbst Herrschings Verantwortliche ins Staunen: "Wir haben gerade so viel Glauben an uns selbst, wir machen immer weiter", sagte Trainer Thomas Ranner.

Den ersten Satz hatten die Herrschinger 25:23 gewonnen, nachdem sie 18:21 zurückgelegen hatten. Ein Angriff und ein Block von Diagonalmann Jonas Kaminski, ein weiterer Block von Maciej Borris und Borris' brachialer Angriff zum Satzgewinn hoben Giesens bis dahin souveränen Auftritt aus den Angeln. Im zweiten Satz stand es wieder 18:21 - und wieder drehte Herrsching das Spiel. Mittelblocker Dorde Ilic verwandelte den Satzball zum 30:28. Im dritten Satz war Herrschings Rückstand gar auf 12:17 angewachsen, doch man ahnt es: Ranners Mannschaft kämpfte sich zurück, wieder ging es in die Verlängerung, die dramatisch wurde. 37:35 hieß es am Ende für die Herrschinger - Stijn van Tilburg hatte mit einem weiteren Block den Matchball verwandelt.

"Wir brauchen nicht darüber reden, wer Favorit ist. Der Berg ist superhoch", sagt Trainer Ranner

Fast zwei Stunden dauerte dieses danach auf dem Papier so einseitig wirkende Duell, das 3:0 war aber in Wahrheit eines auf Augenhöhe. Die bessere Block- und Angriffsquote und die stärkere Feldabwehr führten Herrsching letztlich auf Platz fünf, auf dem sie sich nun bequem anschauen können, wer ihr Playoff-Gegner werden wird. Die stärke Gruppe beschließt ihre Zwischenrunde erst an diesem Wochenende, und bis auf Berlin, das sich in der Runde der letzten Acht mit dem TSV Haching München misst, ist noch alles möglich für die Herrschinger: Lüneburg, Düren und Friedrichshafen. Wobei Friedrichshafen, das nach sehr durchwachsenen Leistungen in der Liga nur Platz vier belegt, nun gegen Tabellenführer Berlin antritt - und bei einer Niederlage Herrschings Kontrahent wäre.

"Wir haben Düren und Friedrichshafen in der Liga schon geschlagen", sagt Ranner: "Aber wir brauchen nicht darüber reden, wer Favorit ist. Der Berg ist superhoch." Friedrichshafen und Düren haben in dieser Saison schließlich Champions League gespielt, der VfB ist dort erst am Mittwoch im Viertelfinale gescheitert. Und Lüneburg hat im CEV-Pokal sehr überzeugende Spiele gezeigt.

Volleyball-Bundesliga: Ordentliche Flughöhe, gegen Berlin aber wohl wieder chancenlos: Hachings Quentin Zeller.

Ordentliche Flughöhe, gegen Berlin aber wohl wieder chancenlos: Hachings Quentin Zeller.

(Foto: Wolfgang Fehrmann/HMB-Media/Imago)

Während für Haching München, das bislang einzig gegen die Kaderschmiede VC Olympia Berlin und gegen Königs Wusterhausen gewonnen hat, nach den ersten Playoff-Spielen gegen den deutschen Meister Berlin die Saison sehr, sehr wahrscheinlich beendet ist, ist das Ziel Herrschings klar: der erste Halbfinal-Einzug überhaupt in der Vereinsgeschichte. Nebenbei stehen die Chancen gut für den Klub, auch im kommenden Jahr im CEV-Cup antreten zu können. "Wir wollen international spielen und haben dafür die volle Unterstützung unserer Sponsoren", sagt Ranner.

Von solchen Sphären sind die Hachinger noch sehr weit entfernt. Sie wollen sich im Oberhaus festigen, wobei ihnen das sehr begrenzte Budget nicht wirklich hilft. Ein Großsponsor wie einst Generali ist auch weiterhin nicht in Sicht. Außerdem strebt im ASV Dachau ein Lokalrivale ebenfalls ins Oberhaus - und wäre mit seinem erfolgreichen Nachwuchs ein direkter Konkurrent nicht nur im Kampf um Sponsoren, sondern auch um junge Volleyball-Talente.

Für Herrsching geht es ein paar Leitersprossen weiter oben darum, sich in München, wo der Zuspruch der Zuschauer bislang noch sehr verhalten ist, auch strukturell noch mehr zu etablieren. Einfach ist das nicht, denn die Kosten seien in allen Bereichen gestiegen, sagt Ranner. Die Herrschinger müssen also weiterhin beim Drumherum sparen und improvisieren, wo es nur geht.

Aber die Statistik spricht - sollte der Gegner im Playoff-Viertelfinale tatsächlich Friedrichshafen heißen, für den Außenseiter: Herrsching hat sechs der letzten sieben Ligaspiele gewonnen, der VfB nur eins der jüngsten fünf. Am 4. April empfangen die Volleys in München voller Selbstvertrauen ihren Gegner, wie auch immer er heißt. "Wir haben jetzt diesen Rückenwind", sagt Trainer Ranner. Und der vereinfacht vieles, auch im Sport.

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