Wunder im Fußball:Wenn das Schicksal ganz spät zuschlägt

Ricken, Sheringham, Toni oder Santana. Die Reihe der Spieler, die ihre schon ausgeschieden geglaubte Mannschaft mit einem späten Tor in die nächste Runde retteten, ist sehr kurz. Nur Ottmar Hitzfeld scheint bei den seltenen Dramen in Champions League und Uefa-Cup irgendwie immer mit dabei zu sein.

Von Johannes Mitterer

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Borussia Dortmund's Lewandowski reacts after missing a chance to score against Malaga during Champions League quarter-final second leg soccer match in Dortmund

Quelle: REUTERS

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Ricken, Sheringham, Toni oder Santana. Die Reihe der Spieler, die ihre schon ausgeschieden geglaubte Mannschaft mit einem späten Tor in die nächste Runde retteten, ist sehr kurz. Nur Ottmar Hitzfeld scheint bei den seltenen Dramen in Champions League und Uefa-Cup irgendwie immer mit dabei zu sein.

9. April 2013, Champions-League- Viertelfinale: Borussia Dortmund - FC Málaga 3:2

So wie Robert Lewandowski dürften sich die Anhänger des BVB über insgesamt 180 Minuten gefühlt haben. Nach dem 0:0 im Hinspiel, in dem die Borussen zahlreiche hochkarätige Chancen ausgelassen hatten, kam es im Rückspiel plötzlich zum Schock, zum Gegentor, das niemals hätte passieren sollen. Nach dem 0:1 Málagas brauchte der BVB wegen des Auswärtstorregel gleich zwei Treffer, um doch noch den Einzug ins Halbfinale zu schaffen...

Borussia Dortmund's Santana looks to the ball before scoring third and winning goal against Malaga during Champions League quarter-final second leg soccer match against Borussia Dortmund in Dortmund

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Als die Gäste nach Lewandowskis Ausgleich auch noch auf 1:2 erhöhten, und das in der 82. Minute, war das Spiel eigentlich gelaufen. Wieder fehlten zwei Tore und die Zeit lief davon. Doch Reus und Santana (links) drehten das Spiel in der Nachspielzeit, Dortmund stand im Halbfinale.

Ottmar Hitzfeld kommentierte das Spiel für Sky und deutsche Fußball-Fans erlebten ein Déjà-Vu. Das war doch wie...

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...ah ja genau!

26. Mai 1999, Champions-League-Finale: FC Bayern München - Manchester United 1:2

Im Gegensatz zum freudentrunkenen BVB durchlitt der FC Bayern 1999 beim Finale in Barcelona äußerst schmerzhafte Minuten. Die Münchner dominierten das Spiel und führten nach 90 Minuten verdient mit 1:0. Das Spiel war aber noch nicht vorbei.

16 Sekunden in der Nachspielzeit: Ecke Beckham, Giggs, Sheringham (im Bild), Tor: 1:1. Auf einmal sah es nach Verlängerung aus. Im Nachhinein betrachtet eine schöne Vorstellung, denn es kam noch dicker für die Bayern.

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93. Spielminute: Ecke Beckham, Sheringham, Solskjaer, Tor: 1:2 für United. Spieler (im Bild Oli Kahn (links) und Mehmet Scholl), Trainer und Fans der Bayern waren am Boden zerstört. Manchester-Trainer Ferguson fasste das Spiel treffend zusammen: "Football, bloody hell!"

Ottmar Hitzfeld war damals übrigens Trainer des FCB.

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19. Mai 2012, Champions-League-Finale: FC Bayern München - FC Chelsea 3:4 (i.E.)

Nicht das letzte Mal sollte dem FC Bayern damit ein sicher geglaubter Titel aus den Händen gerissen werden. Im legendären "Finale dahoam", in dem Thomas Müller (rechts) die drückende Überlegenheit der Münchner in der 83. Minute endlich in die 1:0-Führung verwandelte, stemmen die Spieler in Gedanken schon den Henkelpott in die Höhe.

Doch Chelsea-Stürmer Didier Drogba hatte andere Pläne. 88. Minute: Ecke Mata, Kopfball Drogba, Tor: 1:1.

Dieses Mal kam es zwar nicht mehr direkt in der Nachspielzeit zur Wende, das Elfmeterschießen am Ende der Verlängerung wird den Anhängern des FC Bayern trotzdem ewig in schmerzhafter Erinnerung bleiben.

FC Bayern München - FC Chelsea

Quelle: dpa

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Der Ivorer Drogba hämmerte den entscheidenden Elfmeter an Manuel Neuer vorbei ins Bayern-Tor und Chelsea entführte die Champions-League-Trophäe aus der Münchner Arena.

Den fassungslosen Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß schien die Final-Niederlage im eigenen Stadion noch tiefer zu treffen als das Spiel gegen Manchester: "Ich hab' keine Ahnung, wie ich dieses Spiel verdauen soll. Ich muss das jetzt alles auf mich zukommen lassen."

Als hätte er es kommen sehen, warnte Sky-Experte Ottmar Hitzfeld im Vorfeld des Finales vor den Standardsituationen Chelseas: "Da sind die Engländer klar im Vorteil. Sie verfügen über viele sehr kopfballstarke Spieler."

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6.12.1994, Achtelfinale Uefa-Pokal: Borussia Dortmund - Deportivo La Coruña 3:1 n.V.

Auch Borussia Dortmund hat schon vor dem Spiel gegen Málaga eigene Erfahrungen mit späten Dramen, beziehungsweise in ihrem Fall eher Erfolgsgeschichten, gemacht.

Mit der Hypothek einer 0:1-Niederlage gingen die Dortmunder 1994 ins Achtelfinal-Rückspiel im Uefa-Pokal gegen Deportivo La Coruña. Zwar gelang den Borussen rechtzeitig ein Tor, doch in der Verlängerung machten die Spanier das 1:1. Wegen der Auswärtstorregel brauchten die Gastgeber nun wie auch gegen Málaga zwei Tore, wenn es mit der Qualifikation fürs Viertelfinale noch klappen sollte. Lange Zeit sah es nicht gut aus, doch der Treffer von Karl-Heinz Riedle zum 2:1 in der 115. Minute weckte noch einmal Hoffnung.

Und tatsächlich: 119. Minute: Lars Ricken schießt das Traumtor zum 3:1. Dortmund war im Viertelfinale. BVB-Trainer damals: Ottmar Hitzfeld. "Wir waren schon klinisch tot. Doch dann haben wir uns mit den letzten Herztönen aufgerappelt und ein anatomisches Wunder vollbracht", sagte der Trainer.

Die Dortmunder schafften es sogar ins Halbfinale,verloren jedoch knapp gegen Juventus Turin.

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10. April 2008, Viertelfinale Uefa-Pokal: FC Getafe - FC Bayern München 3:3

Die Tendenz zeigt: Dortmund dreht in den letzten Minuten Spiele, Bayern wird in den letzten Minuten gedreht. Muss deshalb das Bild der Dusel-Bayern überdacht werden? Nicht ganz, denn auch den Münchnern gelang einst eine ungeahnte Wende zu eigenen Gunsten, wenngleich nur im "Cup der Verlierer".

Die Ausgangslage war nicht optimal für die Bayern, nach dem 1:1 im Hinspiel in München stand die Mannschaft unter Zugzwang. Da half es ihnen nicht besonders, dass sie mit 1:0 in Rückstand gerieten, obwohl sie von der sechsten Spielminute an in Überzahl waren. Ein Treffer von Franck Ribéry kurz vor Spielende rettete die Mannschaft wenigstens in die Verlängerung.

Der Gegner würde schon müde werden, hatten sie wohl gehofft. Recht munter erzielten diese dann aber in den Anfangsminuten der Verlängerung zwei schnelle Tore. 3:1 für die Spanier, Bayern war so gut wie ausgeschieden.

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Doch in der 115. Minute kam Luca Toni: Der schlacksige Italiener staubte wie in besten Zeiten einen Fehler von Getafe-Torwart Abbondanzieri zum 2:3 Anschlusstreffer ab. Die ganze Mannschaft war damit plötzlich wieder wachgerüttelt.

Und dann hatten die Bayern ja noch Oliver Kahn im Tor, der sowieso niemals aufgibt, schon gar nicht in seiner Abschiedssaison, in seinem letzten internationalen Turnier. "Nachdem ich das gesamte Spiel über nix geleistet habe, außer drei Tore zu kassieren, hab ich mir gedacht, jetzt muss ich doch noch mal was Produktives machen", sagte sich der Titan und ging mit nach vorne, bis in den gegnerischen Strafraum, um notfalls selbst den entscheidenden Treffer zu erzielen.

Und es sah wirklich so aus, als würde seine Präsenz die Spanier durcheinander bringen. Zwar köpfte dann doch wieder Toni in der 120. Minute das 3:3, aber das war dann auch egal. Die Bayern standen im Halbfinale, der Italiener rannte wie von der Tarantel gestochen jubelnd übers Spielfeld, und Oli Kahn schlug vor lauter Freude Mark van Bommel die Nase blutig. Auf der Bank feierte - wer auch sonst - Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld.

Für die Münchner war im Halbfinale nach einer 0:4-Niederlage im Rückspiel gegen Sankt Petersburg allerdings Endstation.

© SZ.de/jom
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