Würzburger Kickers:Zurück in die Weinberge

Michael Schiele Trainer Wuerzburger Kickers zur Pressekonferenz Chemnitzer FC vs Wuerzburger Ki

Das Lachen kehrt zurück: Nach vier sieglosen Pflichtspielen zum Start hat der neue Würzburger Trainer Michael Schiele nun zwei Siege gefeiert.

(Foto: imago/Eibner)

Trainer Schiele hat zurück zum Erfolg gefunden - weil er die schwierigen Charaktere des Kaders im Griff hat.

Von Sebastian Leisgang

Vielleicht ist alles viel einfacher, als man gedacht hat. Vielleicht musste man, um all die Probleme der Würzburger Kickers aus der Welt zu schaffen, dem Mittelfeldspieler Simon Skarlatidis nur einen Trainer vorsetzen, der ihn versteht - einen, mit dem sich der Deutsch-Grieche in seiner Muttersprache austauschen kann. Mit Stephan Schmidt, dem früheren Coach des Drittligisten, konnte Skarlatidis dies nicht, inzwischen hat er aber den passenden Trainer gefunden: in Michael Schiele aus Heidenheim. Ein paar Wochen lang konnten die beiden Schwaben herrlich miteinander schwätzen, und nun, im sechsten Pflichtspiel unter Schiele, explodierte Skarlatidis. Beim jüngsten 3:0 in Chemnitz erzielte er seine ersten beiden Tore für Würzburg.

Manchmal lässt sich im Kleinen das Große erklären. In diesem Fall genügt es jedenfalls, Skarlatidis' Einzelschicksal heranzuziehen, um die Strömungen im Kollektiv der Kickers zu erspüren und zu erörtern, wie Schiele die schlingernden Unterfranken auf die rechte Bahn gebracht hat. Als Skarlatidis den Kickers Mitte Juni sein Ja-Wort gab, löste das einen Reflex aus, der auf Bernd Hollerbach zurückging. Der frühere Macher hatte sich ja gerne dafür gerühmt, stets im Bilde zu sein, welcher rechte Innenverteidiger gerade verstimmt ist, weil er mehr Ersatzbänke als Grashalme kennenlernt, oder welcher dribbelstarke Flügelangreifer gerade nach einem Kreuzbandriss in der Reha schuftet. Hollerbach hat diese Spieler dann gezielt angesprochen und ihnen das Würzburger Projekt schmackhaft gemacht, wohlwissend, dass er sie unter normalen Umständen kaum für die Kickers erwärmen könnte.

Seine Art ist unverblümt, aber sozial und kommunikativ

Als nun also Skarlatidis den Kickers zusagte, da rieben sich schon manche in Würzburg verwundert die Augen: Was? Ein Spieler seiner Güteklasse wechselt aus der zweiten in die dritte Liga? Skarlatidis hatte bei Erzgebirge Aue ja lange eine tragende Rolle gespielt und war nach seinem auskurierten Mittelhandbruch nachweislich putzmunter - und trotzdem schlug er in Würzburg auf. Nur: Er schlug nicht ein. Unter Schmidt pendelte er zwischen Ersatzbank und Grashalmen hin und her, und dieser Tage gestand Skarlatidis eher beiläufig, er habe in dieser Phase kein Vertrauen gespürt - es war ein Wink, der tief ins Innenleben blicken ließ. Bei der gesamten Mannschaft, nicht nur bei Skarlatidis, auch wenn er freilich nur für sich sprach.

Natürlich kann sich auch Trainer Schiele nicht über das Regelwerk erheben und mehr als elf Spieler auf den Platz schicken. Er ist ja schon glücklich, wenn elf Spieler diesen verlassen - aber das nur am Rande. Doch offenkundig hat Schiele die Würzburger Kabine im Griff. Dies ist eine umso beträchtlichere Errungenschaft, wenn man weiß, dass so mancher Charakter im Kader als schwierig gilt. Mit seiner unverblümten, aber sozialen und kommunikativen Art, mit der er Menschen in seinen Bann ziehen kann, gelingt es Schiele, auch die Reservisten bei der Stange zu halten. Auch Skarlatidis war unter seiner Federführung zunächst nur Ergänzungsspieler, gegen Chemnitz gehörte er aber erstmals der ersten Elf an, schwang sich prompt zur spielentscheidenden Figur auf und sorgte für jene Botschaft, die nach den 90 Minuten stehen blieb: In Würzburg ist die Freude am Fußball zurück.

Das liegt natürlich auch an Schiele. Er hat das Training gehörig angezogen; für die Einheiten ist er nach Randersacker zurückgekehrt, in einen Weinort am Stadtrand, den die Kickers unter Schmidt hinter sich gelassen haben, um auf der Sieboldshöhe zu trainieren. Dass die Weinberge dem Randersackerer Sportgelände als Kulisse dienen, gefällt zwar auch dem bekennenden Biertrinker Schiele, dem Umzug lag aber kein persönliches Empfinden, sondern diese Idee zugrunde: In Randersacker findet Schiele bessere Bedingungen vor - auch um Krafttraining abzuhalten.

Als Skarlatidis nach dem Spiel in Chemnitz um Ursachenforschung für den Aufschwung gebeten wurde, da bemühte der Mittelfeldspieler gleich dreimal das Wort: wirklich. Die Mannschaft arbeite "wirklich, wirklich sehr hart", versicherte er, um wenig später noch ein "wirklich" folgen zu lassen. Vor wenigen Wochen hätte eine solche Aussage unter Phrasenverdacht gestanden, nun nahm man ihm das ab. Ob die Kickers ihre Krise tatsächlich überwunden haben, darüber geben aber erst die nächsten Partien Aufschluss - etwa die am Samstag gegen Lotte.

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