Würzburger Kickers:Unwetterwarnung zur Unzeit

Würzburger Kickers - Erzgebirge Aue

Hatte wenig Freude beim Zweitliga-Start: Würzburgs Trainer Michael Schiele.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Das 0:3 gegen Aue belegt einmal mehr, dass die Unterfranken noch nicht bereit sind für die zweite Bundesliga.

Von Sebastian Leisgang

Vermutlich hat es Dirk Schuster nur gut gemeint. Der Trainer des FC Erzgebirge Aue ist nicht dafür bekannt, in besonderem Maße hämisch zu sein, es ist also davon auszugehen, dass er die Würzburger Kickers tatsächlich bloß aufrichten und ihre Leistung anerkennen wollte, als er am Samstagnachmittag im Presseraum des Würzburger Stadions meinte, die Kickers seien "ein ebenbürtiger Gegner" gewesen.

Schuster, 52, ist schon das eine oder andere Jahrzehnt im Geschäft. In den Neunzigern hat er selbst in der Bundesliga gespielt, inzwischen ist er als Trainer dabei. Schuster weiß also, dass es bei den Leuten immer ganz gut ankommt, wenn man irgendwo zu Gast ist und dann erst mal den Gegner lobt. Das tat Aues Trainer auch am Samstagnachmittag. Er sprach davon, dass sich Würzburg in der ersten Hälfte die Möglichkeit geboten habe, "in Führung zu gehen", dass Würzburg die Auer Abwehr "bei tief gespielten Bällen" vor Probleme gestellt und dass Würzburg seiner Mannschaft "alles abverlangt" habe. Wer Schusters Worten folgte, konnte beinahe annehmen, dass es ein ziemlich knappes Spiel gewesen sei, eines, das die Kickers locker auch für sich hätten entscheiden können, wenn sie doch bloß dieses oder jenes ein bisschen besser gemacht hätten.

Aue hat das Spiel übrigens nur deshalb nicht höher als 3:0 gewonnen, weil Florian Krüger es fertiggebracht hatte, den Ball aus zehn Metern an die Latte und nicht ins leere Tor zu schießen.

Die Wahrheit ist also: Es war lediglich in der ersten Hälfte ein knappes Spiel, Würzburg war nie so richtig in der Position, die Partie für sich zu entscheiden - und die Kickers müssen nicht nur dieses oder jenes besser machen, sondern eine ganze Menge, wenn sie in der zweiten Bundesliga bestehen und sich nicht zum dritten Mal nach 1978 und 2017 nach nur einer Saison wieder nach unten verabschieden wollen.

"Nicht gut, aber okay" nannte Würzburgs Trainer Michael Schiele den Auftritt seiner Mannschaft in den ersten 45 Minuten. Nach einer etwas unrunden Anfangsphase habe er "draußen gespürt, dass ich eine Mannschaft auf dem Platz habe, die ein Tor machen kann", mit der zweiten Hälfte hingegen könne er "absolut nicht zufrieden" sein. Es war eine schonungslose Analyse, die Schiele da vortrug - allerdings eben auch eine, die es traf. Erst waren die Kickers nicht gut, dann waren sie, ein anderes Urteil ließ das Spiel nicht zu: schlecht.

Um das Ganze mal ins Verhältnis zu rücken: Es ist nicht so, dass man sich ernsthaft Gedanken machen muss, wie diese Würzburger Mannschaft gegen den HSV eine Ecke rausholen oder wie sie es fertigbringen soll, die Trikotfarbe des Hannoveraner Torwarts aus nächster Nähe zu begutachten. Man kann schon die Fantasie haben, dass die Kickers in dieser zweiten Liga mithalten können - zumindest, wenn sie sich im Laufe der Saison etwas geschickter anstellen und ihr Kader auf der einen oder anderen Position ein bisschen aufgemotzt wird. Momentan aber steckt diese Mannschaft noch in der Vorbereitung, obwohl die Saison längst läuft.

Seine Elf müsse jetzt "schnell lernen", sagte Schiele. Die 90 Minuten hatten das belegt, was Würzburgs Trainer schon vor ein paar Wochen angekündigt hatte: dass in der zweiten Liga ein anderer Wind bläst als in der dritten. Es ist ein rauerer Wind als in der vergangenen Saison, in der die Kickers gerade nach der Corona-Pause mit ihrer spielerischen Leichtigkeit den Eindruck vermittelten, als seien sie allenfalls einem lauen Lüftchen ausgesetzt.

Am Samstag, gegen Aue, war der Wind, der Würzburg entgegenschlug, so ungemütlich, dass eine zwar gestandene, im Vergleich zu anderen Teams aber allenfalls durchschnittliche Mannschaft eine Unwetterwarnung für den Dallenberg heraufbeschwor. Es war eine Unwetterwarnung zur Unzeit, denn am Samstag sind die Kickers bei Bundesliga-Absteiger Fortuna Düsseldorf zu Gast.

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