Man kann nicht gerade behaupten, dass es derzeit besonders schöne Tage für die Würzburger Kickers sind. Am vergangenen Wochenende setzte es ein 0:4 gegen Bayreuth, das Trainer Markus Zschiesche den Arbeitsplatz kostete, die Mannschaft taumelt ihren eigenen Ansprüchen hinterher, und zu allem Überfluss steht auch noch der Lokalrivale FC Schweinfurt 05 ganz oben in der Regionalliga-Tabelle. Es hat also schon bessere Zeiten für die Kickers gegeben. Wobei: Wann genau eigentlich?
Man muss fast nochmal nachschlagen, wie lange es inzwischen her ist, dass es ihnen gut ging. Im Grunde aber ist es doch eine ziemlich beruhigende Nachricht, dass sich der Klub zu Wochenbeginn von seinem Trainer getrennt hat. Das dürfte zwar eher nicht für Markus Zschiesche gelten – allen anderen bietet der Trainerwechsel allerdings wieder jene Orientierung, die durch die wirren Auftritte der Mannschaft verloren gegangen ist. Es ist ja beileibe nicht das erste Mal, dass die Kickers ihren Trainer im Herbst vor die Geschäftsstellentür setzen. Und jetzt, da es wieder so weit ist, wissen die Leute also, dass es draußen immer früher dunkel wird, die Blätter allmählich von den Bäumen fallen und es bald wieder Zeit ist, sich warm anzuziehen.
So war es schon 2017, als Stephan Schmidt Anfang Oktober gehen musste, und so war es auch 2020 bei Michael Schiele, für den Ende September Schluss war. Sein Nachfolger Marco Antwerpen hielt nur bis Anfang November durch, als der Herbst noch in den letzten Zügen war, 2021 schaffte es auch Torsten Ziegner lediglich bis Anfang Oktober – und jetzt, 2024, da ist Zschiesche schon Anfang September sein Traineramt los.
Nach dem Scheitern in den Aufstiegsspielen gegen die Reserve des Zweitligisten Hannover 96 legte Würzburgs Sportdirektor Sebastian Neumann den Wiederaufbau in Zschiesches Hände und wurde nicht müde, eines immer wieder zu unterstreichen: Nach dem Tiefschlag von Hannover sei die Mannschaft von Grund auf erneuert worden, betonte Neumann. Deshalb verbiete sich ein Vergleich mit dem Team des Vorjahres, das lange gedeihen konnte und deshalb durch die Regionalliga spazierte, bevor es erst auf den letzten Metern der Saison beim Elfmeterschießen in Hannover stolperte. Jetzt haben schon die ersten sieben Spiele gereicht, um zu offenbaren, dass die Kickers 2024/25 tatsächlich nicht dieselbe Schlagkraft haben wie die Kickers 2023/24.
Viele Spieler sollen mit den unverblümten und deutlichen Ansprachen nicht zurechtgekommen sein
Wie oft die Mannschaft bereits an Grenzen gestoßen ist, lässt sich alleine an den Ergebnissen ablesen. Türkgücü München, der abgeschlagene Tabellenletzte, holte einen seiner zwei Punkte beim 2:2 zum Saisonauftakt gegen die Kickers, in Burghausen verlor Würzburg 0:2, das 1:4 gegen den FC Bayern II kam einer Lehrstunde gleich, und nach dem jüngsten 0:4 gegen Bayreuth waren Zschiesche auch die letzten Argumente ausgegangen – zumal der Berliner, wie zu vernehmen ist, die Spieler mit seiner direkten Art immer wieder irritierte.
Weil viele mit den unverblümten und deutlichen Ansprachen nicht zurechtgekommen sein sollen, blieb den Kickers kaum etwas anderes übrig, als den Herbst-Mechanismus greifen zu lassen. Zschiesches Rückhalt in der Kabine war geschwunden, die Stimmung schlecht. Auch Neumann, der nun interimsmäßig das Traineramt übernimmt, selbst sei „die Schwere der anstehenden Aufgaben“ bewusst, sagt der Vorstandsvorsitzende André Herber – Neumann springe aber „auf seinen Wunsch in diesem schwierigen Moment“ ein.
Das klingt, als wolle der Trainer Sebastian Neumann den Sportdirektor Sebastian Neumann retten, indem er selbst zeigt, was mit diesem Kader, den er zusammengestellt hat, zu schaffen ist – doch die Führungsriege hat auch die Antennen ausgefahren, um eine Dauerlösung für Zschiesches Nachfolge zu finden. Schon jetzt ist allerdings klar, dass es selbst dann eine Herkulesaufgabe wird, die Saison zu einem guten Ende zu bringen, wenn die Verantwortlichen bei der Trainerwahl die richtige Entscheidung treffen.
Es wird also ein ziemlich turbulenter Herbst am Dallenberg. Mal wieder, muss man sagen. Einer der wenigen, die nicht im September, Oktober oder November gehen mussten, war übrigens Bernd Hollerbach. Aber Bernd Hollerbach zählt natürlich nicht. Er hatte ja ein ausgezeichnetes Verhältnis zum Würzburger Sportdirektor. Der war zufällig – die Fußballwelt ist klein: Bernd Hollerbach.