Würzburger Kickers:Schwebendes Verfahren

Lesezeit: 3 Min.

Abwarten und Tee trinken: Felix Magath (rechts) ist zwar noch da, die Fans warten aber seit Wochen nur noch darauf, dass das Ende seines Berater-Daseins bei Thorsten Fischer (links) verkündet wird. (Foto: Heiko Becker/HMB-Media/imago)

Noch sind die Würzburger Kickers Zweitligist, noch ist Daniel Sauer Präsident, noch ist Felix Magath Berater - aber all das wird oder dürfte sich bald ändern. Im Grunde ist der ganze Verein nichts anderes als ein Talent. Stellt sich also die Frage: Ist es schon gescheitert?

Von Sebastian Leisgang

Das ist ja durchaus eine interessante Frage: Welches Bild würde Michael Schiele wohl abgeben, wenn er noch immer im Amt wäre und die Würzburger Kickers an diesem Wochenende zum Klassenverbleib führen würde? Würde er sich dann, wie er es schon im Juli des vergangenen Jahres getan hatte, von Dominic Baumann auf den Schultern über den Rasen des Dallenbergstadions tragen lassen? Würde er noch einmal vor laufenden Fernsehkameras erst die Sektflasche ansetzen und dann eine Bierdusche von Eric Verstappen und Hendrik Hansen über sich ergehen lassen? Und, auch das wüsste man gerne: Würde Felix Magath wieder mit einer Tasse Tee auf einer Hotelterrasse sitzen und das entscheidende Spiel auf einem Telefon verfolgen?

Nein, man wird's nie erfahren, welche Szenen sich am Sonntag in Würzburg abgespielt hätten, wenn alles gutgegangen wäre. Schiele ist ja schon seit September nicht mehr im Amt, für Sekt gibt es ebenso wenig Anlass wie für Bier, und Magath hat zwar nach wie vor eine Schwäche für Tee - die Zeit entscheidender Spiele ist aber vorbei: Die Kickers sind längst abgestiegen.

Dass einem dieser Tage auch ein Was-wäre-wenn-Szenario durch den Kopf geht, hat eine Menge damit zu tun, dass es mal wieder unsichere Zeiten sind in Würzburg. Im Grunde sind die Kickers ja nichts anderes als ein Talent, das sich in der vergangenen Saison unverhofft gut entwickelt und dann, wie es ein Spieler wohl formulieren würde, den nächsten Schritt gemacht hat. Zuletzt ist das Talent aber nicht mehr ganz so gut zurechtgekommen, und so stellt sich jetzt auch diese Frage: Ist es gescheitert? Oder muss es nur einen Schritt zurückgehen, um später zwei nach vorne zu machen?

Ja, das könnte tatsächlich sein: dass sich die Kickers jetzt nur ausleihen lassen und nach einem Jahr als Drittligist wieder zurückkommen, um dann mit etwas Verspätung doch noch als Zweitligist durchzustarten. Gerade in dieser höchst turbulenten Saison mit vier Trainern hat sich allerdings auch gezeigt, wie viel in nur einem Jahr passieren kann.

Trainerkandidat ist Christian Preußer vom SC Freiburg II aus der Regionalliga Südwest

Im Grunde wussten sie in Würzburg ja schon vor der Saison, was im Mai 2021 auf sie zukommen könnte: dass sie, wenn eben nicht alles gutgeht, womöglich wieder absteigen würden. Die Kickers haben der Gefahr also von Anfang an ins Auge gesehen - und in den vergangenen Monaten dann doch noch einmal auf schmerzhafte Art und Weise erfahren müssen, dass es schon eine ganze Menge richtiger Entscheidungen braucht, um am Ende einer langen Saison mit einer Sektflasche vor den Fernsehkameras zu stehen.

Es ist eine merkwürdige Zwischenphase, in der Würzburg gerade Fußball spielt. Die Kickers gehen zwar immer noch als Zweitligist durch, im Grunde wissen sie aber nicht erst seit zwei Wochen, dass sie schon bald wieder Drittligist sein werden. Daniel Sauer steht dem Verein zwar noch als Präsident vor, sein Abschied ist aber längst beschlossene Sache. Und, auch das ist natürlich Teil des schwebenden Verfahrens, in dem sich der Verein gerade befindet: Felix Magath ist zwar noch da, die Fans warten aber seit Wochen nur noch darauf, dass das Ende seines Berater-Daseins verkündet wird.

Die Kickers sind also mal wieder ein Verein im Übergang. Eine Situation, mit der sie mittlerweile bestens vertraut sind. Schon vor einem Jahr, an jenem Julitag, an dem Schiele die Sektflasche ansetzte, hing vieles in der Luft. Die Kickers waren zwar noch Drittligist, nach dem 2:2 gegen den Halleschen FC stand aber fest, dass sie schon bald Zweitligist sein würden. Schiele war zwar noch Trainer, im Grunde waren seine Tage aber gezählt, seit Magath Anfang des Jahres an den Dallenberg kam. Und, auch das war schon abzusehen: Baumann, Hansen und Verstappen gehörten zwar noch zum Kader, es zeichnete sich aber ab, dass sie schon bald Teil eines runderneuerten Aufgebots sein würden.

Auch jetzt wird sich einiges ändern. In der Geschäftsstelle, in der Kabine - und auf der Trainerbank. Nach dem letzten Spiel am Sonntag gegen den SC Paderborn kehrt Ralf Santelli ins Nachwuchsleistungszentrum zurück. Er macht, wie zuerst die Mainpost berichtete, womöglich Platz für Christian Preußer, der derzeit mit der zweiten Mannschaft des SC Freiburg die Regionalliga Südwest anführt. Die Personalie ist noch nicht bestätigt - ein Dementi iaus dem Breisgau allerdings auch nicht zu vernehmen. Wer Preußer nach seiner Zukunft fragt, hört nur: "Kein Kommentar." Dann grinst Freiburgs Coach.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: