Würzburger Kickers:Schieles Werk und Magaths Beitrag

Deutschland, Wuerzburg, Flyeralarm Arena, 19.06.2020, emspor, emonline, despor, deonline, FC Wuerzburger Kickers vs. Che

Leere Ränge, aber Plakate: Die Würzburger Fans wollen, dass Trainer Schiele bleiben darf.

(Foto: Heiko Becker/imago)

Ein gefragter Mann, der nicht antwortet und aus der Ferne die Fäden zieht: Welchen Anteil hat der Fußballchef des Investors am Höhenflug der Würzburger Kickers? Eine Spurensuche.

Von Sebastian Leisgang

Am Freitagabend war er mal wieder da, hoch oben über dem Spielfeld, auf der Terrasse des Stadionlokals. Felix Magath hätte sich kaum einen besseren Ort aussuchen können, um das 3:0 der Würzburger Kickers gegen den Chemnitzer FC zu verfolgen - nicht nur wegen der brillanten Aussicht, die die Terrasse bietet. Da oben hatte Magath auch ausreichend Abstand zu den Journalisten, die ihm auf der Haupttribüne bestimmt wieder mit dieser einen Frage auf den Geist gegangen wären: Wann, Herr Magath, verlängern Sie den Vertrag mit Michael Schiele, dem Mann, der gerade im Begriff ist, Würzburg zurück in die zweite Fußball-Bundesliga zu führen?

Magath, 66, ist seit Monaten ein gefragter Mann. Nur: Er beantwortet die Fragen nicht.

Als leitender Angestellter des Würzburger Investors zieht Magath die Fäden aus der Ferne. Er bringt zwar seine Erfahrungen ein, arbeitet aber nicht mit der Mannschaft. Nach Spielen tauscht er sich zwar regelmäßig mit Schiele aus, vor Ort ist er aber nur gelegentlich. In der Winterpause hat Magath zwar drei Spieler hinzugeholt, doch der Kader geht auf Schiele zurück, es ist sein Kader, in ihm stecken seine Ideen.

Mit seiner Zurückhaltung hat Magath ein Reizklima geschaffen

Hat Magath also überhaupt einen Anteil an der Würzburger Erfolgsgeschichte, die Schiele und seine Mannschaft gerade schreiben? Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, zunächst einmal zu verstehen, welche Verdienste Schiele hat. Würzburgs Trainer ist seit knapp drei Jahren im Amt. In dieser Zeit hat er immer Antworten gefunden - auch an Tagen, an denen die Fragen besonders dringlich waren. Etwa im Oktober 2017, als er nach einem 0:5 gegen Wehen Wiesbaden zum Trainer befördert wurde. Oder zu Beginn dieser Saison, als sich seine runderneuerte Mannschaft nach dem Abschied einiger Leistungsträger auf einmal im Abstiegskampf wiederfand.

Die Ruhe und die Sachlichkeit, mit der Schiele solche Krisen gemeistert hat, haben ihm eine Lobby bei den Fans verschafft. Schiele kommt auch deshalb beim Anhang an, weil sein Fußball gut anzuschauen ist. Er ist hingebungsvoll, er spricht die Menschen an. Und auch darum geht es ja immer bei einem Trainer, wenn auch nicht in erster Linie: dass er die Leute erreicht mit dem Spiel, das er seiner Mannschaft aufträgt.

Dass Magath trotz allem zögert, sich öffentlich zu Schiele zu bekennen, stößt bei den Fans seit Monaten auf Unmut. Am Freitagabend haben sie Magath zum wiederholten Male mit einem Spruchband dazu aufgefordert, Schieles Vertrag zu verlängern. Aber, und auch das dürfte ein Teil der Wahrheit sein: Manchmal ist es entscheidender, dass etwas nicht geschieht.

Mit seiner Zurückhaltung hat Magath ein Reizklima geschaffen, ein Spannungsfeld, das Mannschaft und Trainer Höchstleistungen abverlangt. Vielleicht kommen die Kickers auch deshalb mit dem fordernden Spielplan besser zurecht als andere Mannschaften: weil es für einige Spieler und für Schiele gerade nicht nur um den Aufstieg, sondern um ihre Zukunft geht.

So begegnen die Kickers ihren Gegnern mit einer beachtlichen geistigen und körperlichen Schärfe, das Gefüge ist stimmig und die Spieler sind fit, obwohl Magath auf dem Trainingsplatz bislang noch keinen Hügel hat aufschütten lassen. Wohin das führen kann, werden die verbleibenden vier Spiele zeigen.

Als Schiele am Freitag gefragt wurde, was im Aufstiegsrennen jetzt für seine Mannschaft spreche, da pustete er die Backen auf. Er hätte an diesem Punkt zu einem ausführlichen Referat ausholen können. Schiele aber nannte nur die beiden zentralen Punkte: den Kader und die derzeitige Form seiner Mannschaft. Er sagte: "Wir sind ein top Team. Das sagen alle wahrscheinlich, aber es ist einfach so."

Tatsächlich sind die Kickers ein top Team. Eines, das Schiele zusammengestellt hat - und das Magath auf Spannung hält.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: