Die Pressekonferenz war schon mehr als zehn Minuten alt, als Michael Hiemisch einen Satz sagte, bei dem man beinahe geneigt war, einen Zwischenruf loszuwerden. Im Grunde war es eine recht beliebige Aussage, die der Assistenztrainer des Fußball-Drittligisten Würzburger Kickers am Samstagnachmittag im Presseraum des Duisburger Stadions traf - sie verleitete aber fast, selbst etwas zu sagen. Hiemisch meinte: "Für uns ist es wichtig, immer wieder zu erkennen, an welchen Ecken und Enden es noch fehlt."
An welchen Ecken und Enden es noch fehlt? Wäre es nicht die bessere Frage, an welchen Ecken und Enden es nicht fehlt? Die Antwort würde jedenfalls kürzer ausfallen. Das 0:2 in Duisburg, das siebte Saisonspiel ohne Sieg, es war der Tiefpunkt der bisherigen Saison. Auch Hiemisch räumte hinterher offen ein: "Wir wollen uns nicht selbst belügen. Um ein Spiel zu gewinnen, war es viel zu wenig Durchschlagskraft nach vorne."
Vor gut fünf Jahren waren die Kickers in Duisburg noch in die zweite Liga aufgestiegen, jetzt legten die 90 Minuten an der Wedau all die Themen offen, die Würzburg derzeit beschäftigen. Mangelnde Konsequenz in der Abwehr, keine Schärfe im Mittelfeld, fehlende Wucht im Angriff: Die Probleme sind derart vielschichtig, dass es schwer fällt, sie alle zu benennen - dabei hatte der Klub in diesem Sommer doch einen Neuanfang eingeleitet, um wieder besseren Zeiten entgegenzugehen. Felix Magath schied als Berater aus, Torsten Ziegner kam als Trainer, der Kader wurde auf links gedreht.
Der Kader, den Sportvorstand Sebastian Schuppan nach dem Abstieg mit Ziegner entworfen hat, ist eigentlich stimmig
Wer sich jetzt das Spieleraufgebot vornimmt, der muss sich schon wundern, dass Würzburg mit nur drei Punkten und drei Toren dasteht. Die Zahlen sind niederschmetternd, der Kader aber, den Sportvorstand Sebastian Schuppan nach dem Abstieg mit Ziegner entworfen hat, ist eigentlich stimmig. Er gibt Anführer und Aufstrebende her, Kämpfer und Künstler, Gestandene und Talente.
Trotzdem kam Hiemisch am Samstagnachmittag nicht umhin, nach der Niederlage in Duisburg festzustellen: "Es ist keine schöne Ausgangsposition, die wir jetzt haben." Allmählich zeichnen sich ja auch in der Tabelle Tendenzen ab, und Würzburgs Tendenz ist keine, bei der es genügt, nur zu erkennen, an welchen Ecken und Enden es noch fehlt - es geht darum, andere Zahlen zu erreichen.
Am Samstag bekommt es Würzburg mit dem auch nach sieben Spielen noch immer punktlosen Aufsteiger TSV Havelse zu tun. Vorletzter gegen Letzter, Abstiegskampf an Spieltag acht. Sollten die Kickers auch dieses Duell nicht gewinnen und die ohnehin schon nicht schöne Ausgangsposition noch weniger schön werden, dann könnte die Lage am Dallenberg eine Dynamik annehmen, die derzeit noch ausgeschlossen zu sein scheint.