Dass sich bei den Würzburger Kickers einiges verändert hatte, dass es kälter und ungemütlicher geworden war, das merkte man spätestens an diesem Novembertag auf dem Trainingsgelände in Randersacker. Unten auf dem Spielfeld leitete Bernhard Trares seine erste Einheit als neuer Trainer, und oben, auf der letzten Stufe der Steintribüne, da stand Felix Magath, die Hände in den Hosentaschen, ein grauer Schal um den Hals.
Drei Tage zuvor hatten die Kickers 1:4 in Heidenheim verloren. Nach dem Spiel stellte sich Magath vor die Fernsehkameras und ließ wissen, dass Marco Antwerpen bleibe. Der Trainer könne "in Ruhe weiterarbeiten", sagte Magath an jenem Freitagabend - um nach dem Wochenende dann etwas präziser zu werden: Ja, der Trainer könne tatsächlich in Ruhe weiterarbeiten, meinte Magath - "nur halt woanders".
Mehr als ein halbes Jahr ist das jetzt her. Eine Zeit, in der sich Magath mehr und mehr zurückgenommen hat. An jenem Novembertag in Randersacker hatte er noch eingestanden, mit Antwerpens Wahl einen Fehler gemacht zu haben; als im April dann die Entscheidung fiel, dass auch Trares gehen muss, da war Magath bereits außen vor. Seitdem war rund um den Dallenberg immer wieder zu hören, Magath bereite seinen Abschied vor. Am Montag dann die schriftliche Bestätigung: Magath, 67, wird die Kickers nicht mehr beraten.
Es ist das Ende eines Projekts, bei dem im Januar 2020 zwei grundverschiedene Parteien zueinanderfanden. Hier die Kickers, die sich mit dem Trainer Michael Schiele und dem Vorstandsvorsitzenden Daniel Sauer als junges und dynamisches Start-up aufgestellt hatten - dort Felix Magath, der aus einer Zeit kommt, in der der Begriff Start-up nicht gebräuchlich war. Hier die Kickers, die jahrelang Demut predigten, dort Magath, der nicht davor zurückschreckte, das Wort Europapokal in den Mund zu nehmen. Hier die Kickers, die nie müde wurden, in der Öffentlichkeit das Bild einer Familie zu bemühen, dort Magath, der Schiele aus der Familie verstieß.
Es soll wieder um Strebsamkeit, Beständigkeit und Identifikation gehen
Nun ist das Projekt also gescheitert - und Würzburg zurück in der dritten Liga. Dort wollen sich die Kickers erneuern, als Ausbildungsverein aufstellen und auf diesem Wege wieder besseren Zeiten entgegengehen. Eine Idee, für die sie nun einen neuen Trainer gewonnen haben: Torsten Ziegner, 43, zuletzt beim Halleschen FC, zuvor beim FSV Zwickau und nun, wie es Sportvorstand Sebastian Schuppan am Montag sagte, "der ideale Trainer für den Neustart".
Ziegner, Halle, Zwickau: Das klingt zwar nicht nach Europapokal, dafür aber wieder nach Würzburg. Und tatsächlich ist es ja gerade diese Botschaft, die die Kickers mit Magaths Abgang und Ziegners Einstieg in die Fußballwelt hinausschicken: Die Kickers wollen wieder ein Verein sein, der für Strebsamkeit und Beständigkeit steht - und der eine Mannschaft hat, mit der sich die Fans identifizieren können.
Das erfordert auch im Kader einen Umbruch. Mehr als zehn Spieler werden die Kickers verlassen, die ersten fünf gänge hat der Verein bereits bestätigt: Ewerton, Douglas, Rajiv van La Parra, Chris David und Martin Hasek gehen. Sie können also, um es in Magaths Worten zu sagen, in Ruhe weiterspielen - nur halt woanders.