Süddeutsche Zeitung

Würzburger Kickers:König ohne Reich

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Die Würzburger Kickers sind abgestiegen in Liga drei. Das 1:3 gegen den VfL Osnabrück macht den Schritt unabwendbar. Damit stellt sich die Frage nach der Zukunft Felix Magaths bei dem Klub.

Von Sebastian Leisgang, Würzburg

Zunächst eine Erinnerung an den Anfang, jetzt, da das Ende nah ist. Es war ein trüber Montagvormittag Ende Januar, doch Felix Magath saß im Licht. Eine Pressekonferenz im siebten Stock eines Hochhauses, auf Augenhöhe die Würzburger Weinberge, zu Füßen die Gleise, die der Bahn den Weg nach Aschaffenburg weisen, dorthin, wo Magath herkommt.

Die Pressekonferenz sollte den Anfang von etwas Großem markieren. Früher, sagte Magath, habe er Spieler geformt, von nun an sei es seine Aufgabe, im Namen einer Würzburger Online-Druckerei Fußballvereine zu formen. Es waren große Worte, die Magath wählte. Worte, denen Thorsten Fischer in nichts nachstand, als er in seiner Funktion als Geschäftsführer der Druckerei einen Vergleich zu Franz Beckenbauer zog. Er, Fischer, kenne "kaum jemanden im deutschen Fußball, der so viele Erfolge als Spieler, als Manager und als Trainer gefeiert" habe wie Magath. "Vielleicht" sei da noch der Kaiser zu nennen, meinte Fischer - sonst falle ihm aber nur Magath ein. Und weil "Felix" ja sehr gut Schach spiele, sei er "für uns" jetzt "der König".

Magath, ein König?

Mehr als ein Jahr ist es inzwischen her, dass Fischer Magath huldigte. Die beiden wollten hoch hinaus, so hoch, dass Würzburg, wie Magath ein paar Monate später sagte, irgendwann mal in der Bundesliga und vielleicht sogar im Europapokal spiele.

In dieser Woche dann wandte sich Fischer in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Würzburger Kickers an die Sponsoren des Vereins. In einer Nachricht räumte Fischer nicht nur ein, dass die Zusammenarbeit mit Magath "nicht von dem Erfolg gekrönt ist, den wir uns alle erhofft hatten" - er ließ auch wissen, "dass unsere Möglichkeiten, seinem Ehrgeiz zu entsprechen und seine sportlichen Ziele umzusetzen, aufgrund der Rahmenbedingungen leider nicht so ausführbar sind, wie es sich beide Seiten wünschen würden".

Kein Erfolg, bescheidende Verhältnisse: Tritt der König ab?

Felix Magath, 67, ist weit herumgekommen. Er weiß, wie es ist, ganz oben zu sein - er hat aber auch erlebt, was es heißt, da unten zurechtzukommen. Magath hat gegen Bad Kreuznach und gegen Juventus Turin gespielt, er hat in Wolfsburg und in London gearbeitet, und er hat in Paderborn und in Peking an der Linie gestanden. Nun, in Würzburg, ist es kühl geworden.

Am Samstag, kurz vor dem Ende einer vollkommen verkorksten Saison, sind die Kickers in die dritte Liga abgestiegen. Sie unterlagen zu Hause 1:3 (0:0) gegen den VfL Osnabrück. Zwei Spieltage vor dem Ende der Spielzeit ist der Schritt nunmehr unabwendbar, die Rettung unmöglich geworden. "Das tut natürlich weh, extrem weh. Es steckt viel Herzblut drin", sagte Sportvorstand Sebastian Schuppan, als die Osnabrücker Santos (51. Minute), Taffertshofer (79.) und Reis (85.) mit ihren Treffern die Niederlage besiegelt hatten; das Freistoßtor von Frank Ronstadt in der 66. Minuten hat das Schicksal nicht mehr drehen können.

"Wir werden uns jetzt schütteln. Das wird weh tun, das soll auch weh tun", sagte Schuppan. Nun muss der Kader muss runderneuert werden, und es ist nach wie vor noch nicht geklärt, wer die Mannschaft überhaupt trainieren wird, wenn die Gegner bald wieder KFC Uerdingen und SV Meppen heißen.

Es sind also drängende Fragen, die sich in Würzburg stellen. Der Verein steht an einer Weggabelung, und Schuppan muss Entscheidungen treffen, die von elementarer Bedeutung sind, da sie die Richtung für die nächsten Jahre vorgeben dürften. Vieles deutete darauf hin, dass Schuppan diese Entscheidungen ohne Magath treffen wird.

Überlebenskampf in Uerdingen, Mittelfeldgeplänkel in Meppen, das ist nicht Magaths Welt. Nur: Hätte man das nicht wissen können, bevor Magath über den Dächern von Würzburg eine Pressekonferenz gab? Wolfsburg im Europapokal, schon das klingt irgendwie seltsam. Aber: Würzburg im Europapokal? Würzburg, das jetzt in der dritten Liga antreten muss?

Es sei, so hatte es Fischer in dieser Woche, vor der folgenreichen Niederlage gegen Osnabrück formuliert, "eine außergewöhnliche Chance" gewesen, einen "hochkompetenten Fachmann" und "guten Ratgeber" wie Magath für Würzburg zu gewinnen. Als die Kickers Anfang April aber bereits den dritten Trainerwechsel dieser Saison vollzogen, war dieser hochkompetente Fachmann und gute Ratgeber außen vor. Seitdem verdichten sich die Zeichen, dass Magath im Sommer wieder Abschied nimmt und einen Klub zurücklässt, der sich auf allen Ebenen neu ausrichten muss.

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