Ein wenig fahrlässig war es ja schon gewesen, kein Elfmeterschießen zu üben. Die Würzburger Kickers hatten das Hinspiel knapp mit 1:0 gewonnen, die Auswärtstor-Regelung gibt es auch in den Aufstiegsspielen der Regionalligisten nicht mehr – unwahrscheinlich war dieses Szenario also nicht. Allerdings bekamen die Kickers die Möglichkeit, während des Rückspiels um die Zugehörigkeit zur dritten Liga bei Hannover 96 II Elfmeter zu üben. Beide Würzburger Tore bei der 2:3-Niederlage nach 120 Minuten – plus Nachspielzeit waren es zermürbende 133 gewesen – erzielte die Mannschaft von Trainer Marco Wildersinn vom Punkt, in Saliou Sané (74.) und Ivan Franjic (112.) durften auch zwei verschiedene Schützen ran, alles klappte gut.
Im Elfmeterschießen aber vergab ausgerechnet Sané, Würzburgs bester Torschütze der Saison, gleich zweimal: Als vierter Schütze scheiterte er an Leo Weinkauf, der aber die Torlinie zu früh verlassen hatte – den zweiten Schuss parierte der Keeper mit legalen Mitteln. Weil alle fünf Spieler von Hannover 96 II trafen, werden die Kickers kommende Spielzeit weiter Regionalligist sein.
Es war schon vor dem Elfmeterschießen über weite Strecken hoch spannend zugegangen. Das Rückspiel hatte von Beginn an überhaupt nichts mit der zähen Partie fünf Tage zuvor zu tun, in der die Fehlervermeidung oberste Priorität hatte. Diesmal hatte Torabschluss Priorität, wobei die Würzburger in den ungewohnten gelben Trikots zunächst gefährlicher auftraten. Über beide Flügel spielte sich die Wildersinn-Elf mehrmals in den Strafraum. Nach sechs Minuten verpasste Maximilian Zaiser vom Sechzehner-Rand das Tor nur knapp, fünf Minuten später traf Angreifer Sané den Ball nicht richtig, aus fünf Metern Entfernung hätte das sonst wohl die zweite Führung bedeutet.
Marco Wildersinn hatte in seinen bis dato 84 Spielen mit den Kickers nur zehnmal verloren. Auffällig war allerdings, dass man sich fünf dieser Niederlagen gegen zweite Mannschaften einfing. Diesmal ließ sich Würzburg gegen eine junge Mannschaft auf einen offenen Schlagabtausch ein, der schon bald in eine klare spielerische Unterlegenheit mündete. Zunächst konnte Kickers-Keeper Vincent Friedsam noch sehenswert klären (20.), in der 22. Minute aber nur noch hinterherschauen, als der Zweitligaspieler Brooklyn Ezeh den Ball unbedrängt vom Strafraumrand ins ferne Eck drosch.
Würzburgs Abwehrchef Daniel Hägele verletzt sich früh an der Hüfte
Wenig später verletzte sich Würzburgs Abwehrchef Daniel Hägele an der Hüfte, die Mannschaft spielte einige Minuten in Unterzahl, dann musste das Trainerteam die Viererkette umstellen – die Kickers fanden lange überhaupt nicht mehr in die Partie. Immerhin hätten sie kurz vor der Pause beinahe noch den Ausgleich erzielt. Allerdings titschte der lange Freistoß von Franjic unberührt gegen den Innenpfosten. Kurz wurde es da einmal still in der mit 25 000 Zuschauern recht gut gefüllten Arena.
Hannover blieb spielbestimmend, die Wucht der ersten Halbzeit brachte die Mannschaft von Daniel Stendel allerdings nicht mehr auf den Platz. Was in manchen Situationen sichtbar blieb, das war die Übermotiviertheit einzelner Akteure. So zum Beispiel bei Hannovers Tom Moustier, der in der 74. Minute ungestüm in einen Zweikampf mit Zaiser ging – und dafür einen Strafstoß kassierte. Sané verwandelte mit seinem hohen Schuss sicher zum überraschenden Ausgleich (74.), im Würzburger Gästeblock, weit entfernt von den anderen gefüllten Tribünen, wurde jede Menge Pyrotechnik gezündet. Aber die Kickers brachten den 2:1-Vorsprung nicht über die Zeit.
Torwart Vincent Friedsam hatte sich schon in der ersten Halbzeit bei zwei Flanken verschätzt, diesmal zeigte er schlechtes Timing und traf beim Wegfausten Hannovers Routinier Julian Börner im Gesicht. Die 96-Fans, die schon mehrmals Handelfmeter gefordert hatten, feierten jetzt den Faustelfmeter, verwandelt von Eric Uhlmann (85.). In der Nachspielzeit hatten beide Mannschaften jeweils noch eine große Möglichkeit – Würzburgs Pascal Moll scheiterte im Eins-gegen-eins an Keeper Leo Weinkauf –, dann war Verlängerung.
Der 20-jährige japanische Juniorennationalspieler Hayate Matsuda stellte mit einem Schuss aus spitzem Winkel auf 3:1 (105.), ehe Franjic nach einem Foul an Benyas Junge-Abiol zum 3:2 traf. Wie erschöpft die Kickers waren, dokumentieren schon die vier gelben Karten, die es allein in der Verlängerung gab. Nach dem fünften erfolgreichen Elfmeterschuss – verwandelt durch Uhlmann, der demnach erfolgreich geübt hatte –, mussten die erschöpften Kickers auch noch vor dem Platzsturm der Heimfans fliehen.
Im DFB-Pokal spielen die Kickers gegen Hoffenheim
Ein kleiner Trost: Die Kickers können sich im August am heimischen Dallenberg zumindest auf ein DFB-Pokalspiel gegen die TSG Hoffenheim freuen. Doch die nun abgelaufene Saison soll dem Vernehmen nach die letzte gewesen sein, in der Würzburg mit aller finanziellen Kraft den Aufstieg forcieren wollte. Wie viele Spieler dem Verein jetzt erhalten bleiben, war am Sonntagnachmittag noch nicht klar. Seit der Einführung des Aufstiegsspielmodus im Jahr 2012 ist es beim zehnten Versuch das vierte Mal, dass sich der bayerische Regionalligist nicht durchsetzte.
Aber auch eine andere Mannschaft wird noch einmal Beschwerden zu einem gewählten Modus einbringen. Das Scheitern der Würzburger bedeutet nämlich auch, dass der VfB Eichstätt nicht in die Regionalliga aufsteigt. Dabei hatte die Mannschaft im selbst gewählten Modus zweimal remis gespielt, jedoch zweimal im Elfmeterschießen verloren. Der TSV Buchbach und Eintracht Bamberg leisteten sich daraufhin im dritten Spiel ein chancenarmes 0:0, weil beiden das genügte. Das Elfmeterschießen, das einst in Bayern erfunden wurde, hat einigen bayerischen Mannschaften dieses Jahr eine Menge Frust beschert.