Süddeutsche Zeitung

Würzburger Kickers:Die Spuren des Vorjahres

Auch gegen Havelse gewinnt der Zweitliga-Absteiger nicht. Das 0:0 verschärft die Krise, der Ton wird rauer.

Von Sebastian Leisgang

Die Krise einer Mannschaft ist immer auch die Krise ihres Trainers, und deshalb blieb es Torsten Ziegner am Samstagnachmittag nicht erspart, eine Frage zu seiner Zukunft zu beantworten. Gerade eben war sein Team nicht über ein 0:0 gegen den bislang punktlosen Tabellenletzten TSV Havelse hinausgekommen und auch im achten Saisonspiel ohne Sieg geblieben - nun saß der Trainer der Würzburger Kickers auf dem Podium des Medienraums und stellte sich den Fragen der Journalisten.

Wer Ziegner, 43, beobachtete, wer in seinem Gesicht nach einer Spur von Resignation suchte, der wurde nicht fündig. Er gab sich kämpferisch, auf die Frage nach seinem Dasein am Dallenberg entgegnete er: "Es geht nicht um mich. Natürlich ist der Trainer im Fall der Fälle immer der erste Kandidat, der seine Koffer packen muss, aber darum geht es doch gar nicht." Kurze Pause, dann sagte Ziegner noch: "Es geht darum, den Verein so schnell wie möglich in die Spur zu kriegen."

Nach nun acht Saisonspielen hat man längst den Eindruck, dass das verkorkste Vorjahr in Würzburg noch immer nachwirkt. Nach dem Abstieg haben die Kickers zwar einen Umbruch vollzogen, eine ganze Reihe an Spielern ist aber nach wie vor Teil des Kaders. All die nagenden Niederlagen, die unaufhörliche Unruhe, die tiefgreifenden Trainerturbulenzen, all das hat Spuren hinterlassen, die die Mannschaft auch Monate später nicht verbergen kann.

Das Programm, das nun vor den Kickers liegt, hat es in sich

Dass der Ton am Dallenberg nun rauer wird, zeigte sich am Samstagnachmittag nach dem Spiel. Etliche Zuschauer auf der Haupttribüne pfiffen ihre eigenen Spieler aus. Später sagte Ziegner zwar: "Die Mannschaft ist besser als das, was sie gerade leistet." Er gestand aber auch: "Es ist total verständlich, dass die Leute eine andere Erwartungshaltung haben, wenn sie schon ihren Nachmittag opfern." Die Reaktion der Zuschauer nannte Würzburgs Trainer "nicht unangemessen" - auch er selbst war ja zutiefst enttäuscht gewesen, dass es seiner Mannschaft nicht einmal gegen den zuvor so erfolglosen Aufsteiger Havelse gelungen war, den ersten Sieg einzufahren.

Die Kickers hatten sich im Laufe der 90 Minuten zwar eine Reihe bester Torchancen erarbeitet, diese aber vor allem in Person von Marvin Pourié wieder und wieder liegen gelassen und damit einmal mehr ihr eklatantestes Problem offenbart: Es fehlt an Toren. Als ein Reporter nach der Partie von Ziegner wissen wollte, ob er vor der Saison möglicherweise die Leistungsfähigkeit der Mannschaft falsch eingeschätzt habe, da empfand es Ziegner als "schwierig zu beantwortende Frage".

Vor drei Monaten war er angetreten, um einen Neuanfang einzuleiten und nach einem verkorksten Jahr in der zweiten Liga Aufbruchstimmung zu erzeugen. Das ist ihm bis heute nicht gelungen. Würzburg steckt nach wie vor in einer tiefen Krise, und das Programm, das nun vor den Kickers liegt, hat es in sich. Die nächsten drei Gegner heißen Magdeburg, Wehen Wiesbaden und Borussia Dortmund II - sie alle stehen auf einem der ersten fünf Tabellenplätze.

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