Würzburger Kickers:Beim Laufenlernen umgeschubst

v.li.: David Kopacz (FC Würzburger Kickers), Saliou Sane (FC Würzburger Kickers), Florian Flecker (FC Würzburger Kicker

Schockstarre: Florian Flecker (Mitte) und seine Kollegen der Würzburger Kickers nach der Niederlage gegen den SV Sandhausen.

(Foto: Frank Scheuring/imago)

Bei der Rückkehr seines ehemaligen Trainers Michael Schiele verliert der nun abgeschlagene Tabellenletzte 2:3 gegen den SV Sandhausen und Ewerton durch eine rote Karte. Der Frust der Kickers gilt einmal mehr dem Schiedsrichtergespann.

Von Sebastian Leisgang

Erstmal ein kurzer Ausflug, zurück in eine Zeit, in der sich auch Michael Schiele ein paar kritischen Fragen stellen musste. Es war eine Zeit, mehr als ein Jahr her, da verloren die Würzburger Kickers zu Hause 0:3 gegen Großaspach und handelten sich selbst bei einem Pokalspiel gegen den mittelfränkischen Kreisligisten SV Mosbach drei Gegentore ein.

Es war eine Zeit, die unter dem Eindruck des späteren Aufstiegs längst in den Hintergrund getreten ist, eine Zeit aber, in der Schiele nach den Spielen häufig noch im Medienraum des Würzburger Stadions stand und plötzlich die Seite wechselte. Kurz zuvor, bei der Pressekonferenz, war er es noch, der Stellung bezogen hatte, dann aber wurde es manchmal beinahe grotesk. "Hatten wir keine Chancen?", wollte Schiele nach der Medienrunde von den Reportern wissen. Oder, ein anderes Beispiel: "Wie viele hatten die denn?"

Schiele war bissig, er ging in die Offensive und stellte Fragen. Die Journalisten wurden kleinlaut, sie gingen in die Defensive und antworteten.

Das war das Spiel, das Schiele gelegentlich spielte. Ein Spiel, das einem noch einmal in den Sinn kam, als Würzburgs ehemaliger Trainer am Sonntagnachmittag in einem Pullover des SV Sandhausen im Medienraum saß. Schiele, 42, stellte zwar keine Fragen; wer ihm aber ins Gesicht sah, nachdem er zur Linken des Würzburger Pressesprechers Platz genommen hatte, der konnte beinahe meinen, dass er womöglich auch gerne die eine oder andere Frage auf informellem Wege losgeworden wäre. Vielleicht etwa so: War das alles, was die Kickers momentan zu bieten haben?

FC Würzburger Kickers v SV Sandhausen - Second Bundesliga

Rückkehr an den Dallenberg: Sandhausens Coach Michael Schiele trainierte zuvor die Würzburger.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Bei seiner Rückkehr an den Dallenberg hatte Schiele mit seiner Mannschaft 3:2 gewonnen, obwohl die Sandhäuser lange Zeit selbst nicht verbergen konnten, in welch angespannter Lage sie sich dieser Tage befinden. Dass sie in Würzburg dennoch drei Tore schossen, ein weiteres erzielten, das wegen einer knappen Abseitsposition aberkannt wurde, und darüber hinaus zweimal Aluminium trafen, das sagte eine Menge über die Vorstellung der Kickers aus. Nach dem Spiel wollte Würzburgs Trainer Bernhard Trares seiner Elf zwar "ein Lob aussprechen für die kämpferische und spielerische Leistung" - zur Wahrheit gehörte aber auch, dass sein Team in einem Heimspiel gegen einen ziemlich angeknockten Gegner nur dreimal aufs Tor geschossen hatte.

Es war generell, dem Tabellenbild angemessen, ein ziemlich fehlerbehaftetes Spiel. Trares' Mannschaft hatte zwar nach dem 0:1 durch Daniel Keita-Ruel (18.) in Person von Mitja Lotric ausgeglichen (42.) und selbst auf das 1:2 durch Ivan Paurevic (54.) und das 1:3 durch Keita-Ruel (70.) eine Antwort gefunden - doch auch Daniel Hägeles später Anschlusstreffer zum 2:3 (88.) konnte nicht darüber hinwegtäuschen, wie unzureichend der Vortrag der Kickers gewesen war.

"Ich fand unsere Spielanlage besser", sagte Trares nach der Partie, in der seine Mannschaft einen fußballerischen Ansatz verfolgt und Schieles Team weniger proaktiv gespielt hatte. Würzburgs Trainer räumte allerdings auch ein, und das ist letztlich nun mal entscheidend: "Sandhausen war immer gefährlicher als wir."

Dass die Kickers am Ende nicht nur das Spiel, sondern auch Ewerton nach einem harten Foulspiel durch eine rote Karte verloren, war ein weiterer Rückschlag, zumal die Kickers nun sieben Punkte hinter dem Abstiegs-Relegationsplatz stehen. Sportvorstand Sebastian Schuppan sagte dennoch: "Ich mache mir keine Gedanken um die Mentalität der Mannschaft." Dabei hatte diese erneut eine Schiedsrichterentscheidung hinnehmen müssen, die für Trares "eine Frechheit" und obendrein "mitspielentscheidend" war: Vor dem 2:1 für Sandhausen sah der Unparteiische Sören Storks in einer Grätsche von Leroy Kwadwo ein Foulspiel - nach dem folgenden Freistoß durfte Schiele jubeln.

Würzburgs Verärgerung war verständlich, denn Kwadwo hatte zunächst den Ball berührt, für sein Tackling aber sogar Gelb gesehen. "Das ist", meinte Schuppan, "wie wenn du beim Laufenlernen umgeschubst wirst und dann gesagt bekommst: Warum läufst du nicht?" Es war ein durchaus treffender Vergleich, den Würzburgs Sportvorstand da bemühte - allerdings nicht nur, weil die Schiedsrichter den Kickers in den vergangenen Wochen tatsächlich wiederholt Anlass zur Kritik gegeben hatten. Es war auch deshalb eine treffende Metapher, weil sie veranschaulichte: Würzburg ist in dieser Saison noch nicht auf die Beine gekommen.

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