Würzburger Kickers:Auf dem Rückweg

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Alter und neuer Coach: Stephan Schmidt (l.) haben die Würzburger Kickers entlassen, Michael Schiele übernimmt interimsmäßig.

(Foto: Frank Scheuring/foto2press/imago)

Die Trennung von Trainer Stephan Schmidt ist für den Drittligisten Würzburg mehr als nur ein Trainerwechsel. Für die Kickers um ihren Aufsichtsratschef und Geburtshelfer Thorsten Fischer geht es mittlerweile um das ganze Fußball-Projekt.

Von Sebastian Leisgang

Bernd Hollerbach und Thorsten Fischer haben gerne mal einen Schoppen Wein miteinander getrunken. Und wenn sie so beisammensaßen, dann wurden es vielleicht auch mal zwei. Die Beziehung zwischen den beiden war nie rein geschäftlich, und auch deshalb war es ja kein gängiger Abschied, den Hollerbach im Mai von den Würzburger Kickers genommen hatte. Entgegen der branchenüblichen Praxis wurde sein Ausstand auf einer Pressekonferenz inszeniert - und Stephan Schmidt als Nachfolger vorgestellt. Dass sich die Würzburger am Montag wieder an die Gepflogenheiten der Szene erinnerten, nur eine Mitteilung entsandten und nach Schmidts frühem Aus eben nicht zu einer Medienrunde luden, zeigte auch, dass Schmidt im Klub einen anderen Stand hatte als Hollerbach. Nicht nur, weil von gemeinsamen Abenden mit Fischer nichts überliefert ist.

Fischer ist ja weit mehr als nur Aufsichtsratschef der Kickers: Er ist Geburtshelfer und Vater dieses Klubs. Vor gut drei Jahren entschied er sich, dem Verein mit seinen Finanzspritzen auf die Beine zu helfen und ein paar Schritte im Profifußball zu ermöglichen. Doch dieser Tage dürften ihm ein paar Grundsatzfragen durch den Kopf gehen. Besonders diese eine: Wohin, um Himmels Willen, führt dieses Projekt?

Nicht nur, dass Würzburg im Begriff ist, seine Ziele in der dritten Liga zu verfehlen und nach dem Durchmarsch von der Regionalliga in die zweite Bundesliga längst den weitaus weniger beschwerlichen Rückweg eingeschlagen hat. Sollten die Kickers nach dem Trainerwechsel in der Liga nicht zu einer Aufholjagd ansetzen, dann sind sie in der nächsten Saison erstmals nach vier Jahren auch im DFB-Pokal außen vor. Am Dienstag musste sich die Mannschaft dem Regionalligisten TSV 1860 Rosenheim im Viertelfinale des Toto-Pokals geschlagen geben. Nach torlosen 90 Minuten verlor Würzburg 5:4 im Elfmeterschießen - und verpatzte das Debüt von Interimstrainer Michael Schiele, der zuvor Co-Trainer unter Schmidt war.

Der Fußballakademiker Schmidt war ein Gegenentwurf zu seinem Vorgänger Bernd Hollerbach

Natürlich wird dieser Tage aus den verstaubten Archiven auch jene großspurige Glaskugelleserei hervorgekramt, zu der sich Schmidt vor rund vier Jahren hatte hinreißen lassen. In einem Dokumentarfilm über seine Arbeit sagte er als Trainer des damaligen Zweitligisten SC Paderborn: "Ich werde in der ersten Liga arbeiten. Das ist Fakt." Nun wurde er bereits auf seiner dritten Station als Coach im Profifußball entlassen.

Der Fußballakademiker Schmidt war ja ein Gegenentwurf zum Vorgänger. Hätte Bernd Hollerbach aus irgendwelchen Gründen eine Trainingseinheit verpasst, dann hätte er später seine Assistenten eher gefragt: "Und? Ham se's überlebt?" Anstatt sich etwa die Laufdaten geben zu lassen. Schmidt hingegen sprach selbst am Samstag nach dem 0:2 gegen Unterhaching von mangelnder Balance zwischen Offensive und Defensive - statt die eklatanten Defizite seiner Mannschaft zu benennen: dass sich das Team seinem Schicksal ergab, keine Leidenschaft erkennbar war und noch immer keine Spielidee zu sehen war.

Nein, unter Hollerbach war auch nicht alles gut. Aber er stellte zumindest sicher, dass seine Spieler nach jeder Partie erhobenen Hauptes das Feld räumen konnten - und sich nicht gehen ließen wie zuletzt. Den Verantwortlichen blieb deshalb kaum anderes übrig, als Schmidt freizustellen.

Die Kickers haben sich auf einen Trainermarkt begeben, der in diesem Herbst nur wenige Kandidaten bereithält, die sich den bescheidenen Rahmenbedingungen in Würzburg fügen würden. Vielleicht auch deshalb erklärt Daniel Sauer: "Wir geben uns die Zeit, die nötig ist, um die beste Lösung zu finden." Zum Profil des neuen Trainers will sich der Vorstandsvorsitzende nicht äußern, er sagt nur: "Wir haben klare Vorstellungen und intern auch Kriterien festgelegt, nach denen wir vorgehen."

Einige Fans sehnen sich nun nach Dirk Schuster, und tatsächlich könnte der frühere Bundesliga-Trainer des SV Darmstadt und des FC Augsburg nach Würzburg passen. Er ist drittligaerprobt und steht wie Bernd Hollerbach für Arbeiterfußball. Ob Schuster auf der Liste der Kickers steht und ein Engagement finanziell überhaupt realisierbar wäre, dazu halten sich die Verantwortlichen bedeckt. Die Suche nach einem neuen Trainer wird jedoch nicht einfach. Das ist Fakt.

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