Würzburger Basketballer:Über Zimmerlautstärke

2 Basketball Bundesliga ProA Rheinstars Koeln vs PS Karlsruhe LIONS 12 04 2018 Denis Wucherer T; Wucherer

Nicht gerade ein Zweifler: Trotz des großen personellen Umbruchs denkt Denis Wucherer gar nicht daran, von den Zielen abzurücken.

(Foto: Müller-Laschet/imago)

Mit seiner breitbeinigen, raumfüllenden Art und nach Bauermann'scher Prägung will Denis Wucherer sein Team in die Playoffs führen.

Von Sebastian Leisgang

Denis Wucherer hat die Geschichte mal erzählt: wie er in Mailand als Basketballspieler in den exquisitesten Clubs der Stadt in die Bereiche geführt wurde, die den sehr wichtigen Menschen vorbehalten waren. Wie er dann in Gesellschaft seiner Mitspieler auf Bruce Willis traf, der ein "paar Drinks mit den großen Jungs nehmen" wollte, wie Wucherer sagte. Und wie der Schauspieler ihn dann unter den Tisch getrunken hat. "Robert De Niro war auch da", erzählte Wucherer, "aber ich habe ihn gar nicht erkannt - er ist ja nur einssiebzig."

Robert De Niro misst übrigens 1,77 Meter, er ist nur ein paar Haarspitzen kleiner als Bruce Willis. Die Aussage, er habe De Niro, diesen weltweit populären Mann, aufgrund seiner Größe nicht erkannt, sagt eine Menge über Wucherer. Über seinen Humor, aber auch über seine breitbeinige Art.

Wucherer, 45, sitzt im Trainingszentrum der Würzburger Basketballer im Stadtteil Zellerau und spricht über die Personalplanungen und die nächste Saison. Und, so ist es bei Gesprächen mit ihm: Er füllt den Raum aus. Wucherer ist ein bestimmender Charakter, er spricht gerne über Zimmerlautstärke. Und er ist nicht gerade ein Zweifler. Würzburg hat in Clifford Hammonds, Robin Benzing und Maurice Stuckey zwar drei Leistungsträger verloren - deshalb aber vom ursprünglichen Plan abrücken, in die Playoffs vorzustoßen? Daran denkt Wucherer gar nicht. Er findet: Im Umbruch liegt eine Chance. Und an diese glaubt er nicht nur - er geht davon aus, dass er sie nutzen wird.

Man weiß nicht so genau, ob Wucherer in Würzburg angekommen ist, weil es Liebe auf den ersten Blick war. Seine erste Zeit in der Stadt war schließlich nur ein Intermezzo, da er sich nach wenigen Monaten nach Frankfurt verabschiedete, um seine Karriere als Spieler voranzutreiben. Nun, so viel ist klar, hat er sich zumindest aus tiefstem Bauch entschieden, nach Würzburg zurückzukehren. Wenn er über seine Mannschaft spricht, seine Arbeit in der Halle, schimmern seine Augen.

Mit Wucherers Vorgänger Dirk Bauermann hatte Würzburg eine Zweckgemeinschaft unterhalten. Da ein hochdekorierter Trainer, dort ein aufstrebender Klub, dem der Coach mit seinem Renommee zu mehr Aufmerksamkeit und nebenbei zu mehr Erfolg verhelfen sollte. Am Ende der vorigen Saison war Bauermann den Leuten in der Stadt aber ein bisschen fremd geworden.

Sie wussten zwar, dass dieser Mann der Trainer ihres Teams ist und früher sogar mal die Nationalmannschaft angewiesen hat - doch sie wussten nicht mehr, was sie von ihm halten sollten. Sollten sie ihm dankbar sein, schließlich brachte er ihr Team nachweislich voran? Oder sollten sie ihm den jähen Abschied nach China verübeln? Und hätte er mit dieser Mannschaft, mit Hammonds, Benzing, Stuckey, nicht in die Playoffs einziehen müssen?

Denis Wucherer ist ein Trainer Bauermann'scher Prägung. Unter Anleitung des Coaches reifte er einst in Leverkusen zum Nationalspieler, später assistierte er ihm beim Nationalteam, und im Zweifel ist ihm der eigene Korb ebenfalls näher als der gegnerische, die Abwehr lieber als der Angriff; er verurteilt es auch nicht, wenn sich Kresimir Loncar mal mit dem Ellbogen Platz verschafft. Doch mit Wucherer könnte es emotionaler zugehen, menschlicher. Er spricht nicht nur von Einheit - er lebt sie vor.

Als Cameron Wells, einer der neuen Spieler, während des Gesprächs mit Wucherer durch das Foyer des Trainingszentrums läuft, steht der Trainer kurzerhand auf und umarmt Wells innig. Ein Plausch, dann kehrt Wucherer zurück und entschuldigt sich höflich. Wie viel ihm das Wir bedeutet, wird auch im Gespräch klar. Wucherer begreift sich nicht als alleinerziehender Trainer, er spricht gerne von den Coaches und dem Staff.

An Bauermanns früheren Schreibtisch hat er sich übrigens nicht herangetraut. Der Arbeitsplatz erinnere ihn, welch imposante Fußabdrücke sein Vorgänger hinterlassen habe, sagt Wucherer. Er sitzt deshalb gegenüber - mit einem wachsamen Blick auf Bauermanns Schreibtisch, an dem sich nun sein Assistent eingerichtet hat.

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