Wolfsburgs Aus in der Europa League:Zu spät erwacht das Kämpferherz

Napoli vs Wolfsburg

Wolfsburgs Ricardo Rodriguez (li.): Nächste Runde in der Europa League verpasst

(Foto: dpa)
  • Der VfL Wolfsburg scheidet mit einem 2:2 im Rückspiel gegen Neapel aus der Europa League aus.
  • Geschäftsführer Klaus Allofs gibt anschließend seine Vertragsverlängerung bekannt.
  • Ergebnisse und Statistiken zur Europa League finden Sie hier.

Von Carsten Eberts

Diego Benaglio wirkte ernsthaft enttäuscht. Wie einer, der tatsächlich an das Wolfsburger Fortbestehen in der Europa League geglaubt hatte. Abgekämpft sah er aus, die Haare klebten an der Stirn. "Wir wollten unser wahres Gesicht zeigen", klagte Benaglio und nahm es damit vorweg: Dies war dem VfL Wolfsburg auch beim Viertelfinal-Rückspiel beim SSC Neapel nur phasenweise gelungen.

2:2 hieß es am Ende im halbleeren und extrem baufälligen Stadio San Paolo. Die Partie war nicht annähernd so schlimm geraten wie das 1:4 im Hinspiel, nach dem der Gedanke ans Halbfinale ohnehin nur noch unter Hinzunahme des Wörtchens "Wunder" gestattet war. Teilweise hatte der VfL in Neapel sogar richtig guten Fußball gezeigt.

Ein Fortschritt also. Ein Abschied aus dem lieb gewonnenen Wettbewerb, mit dem der Klub sein Gesicht wahren konnte. Benaglio war das nicht genug. "Es waren leider zwei-drei Phasen drin, in denen wir uns das Leben wieder schwer gemacht haben", klagte der Schweizer Torwart. Seit dem 1:4 stellt sich in Wolfsburg ja auch die Frage, ob der VfL tatsächlich schon so weit ist, wie vielerorts gemutmaßt wird: eine Spitzenmannschaft nämlich.

Fehlende Power vorm Tor

Zumindest mehren sich die Anzeichen, dass dem VfL zum Ende der so furios verlaufenen Spielzeit allmählich die Luft ausgeht. Die schwächeren Spiele, in denen Wolfsburg vor dem gegnerischen Tor die Durchschlagskraft abgeht, häufen sich. Es gab ja nicht nur das Einsvier im Hinspiel, bei dem der VfL trotz manch unglücklicher Schiedsrichterentscheidung so chancenlos war, sondern auch ein glückliches 1:1 in der Bundesliga gegen Schalke. Nun das 2:2 gegen Neapel, bei dem die Wolfsburger erneut ihre Chancen nicht hatten nutzen können.

Schon in der ersten Minute bot sich Ivan Perisic die große Möglichkeit zur Führung. Josua Guilavogoi (29.) und Nicklas Bentner (32.) vergaben ebenfalls Großgelegenheiten. 7:0 Torschüsse nach einer guten halben Stunde, da hätte durchaus ein Zwischenstand dabei herausspringen können, der Neapel zumindest leicht unter Druck gesetzt hätte. "Wir haben es versäumt, das eine Tor zu machen", konstatierte Geschäftsführer Klaus Allofs: "Wer weiß, wie Neapel dann reagiert hätte."

Allofs hat noch viel vor - in der nächsten Saison

Neapel rettete sich in die Halbzeit, in der Coach Rafael Benitez offenbar die Anweisung gegeben hatte, nun doch bitte einen kleinen Zwischensprint einzulegen. Neapel kam heraus und überrumpelte Wolfsburg wie schon im Hinspiel nahezu mühelos. Viel zu leicht wurden die Wolfsburger Abwehrmechanismen im Mittelfeld mit schnellen Kontern geknackt, Jose Callejón (50.) und Dries Mertens (65.) beseitigten letzte Zweifel, obwohl doch eigentlich Wolfsburg bis dahin das Spiel gemacht hatte.

"Wir haben zehn, 15 Minuten lang die alten Fehler gemacht", beklagte Allofs. Er vertritt ja die Meinung, dass seine Mannschaft im Lernprozess ist - und eben noch keine Spitzenmannschaft, wie von manch anderen proklamiert.

Immerhin zeigten die Wolfsburger nach dem Rückstand, dass diese Mannschaft ein Kämpferherz besitzt. Die Spieler ergaben sich nicht, obwohl sicher ausgeschieden und ohnehin ohne drei ihrer Besten (De Bruyne, Schürrle, Vierinha) angetreten. Im Gefühl der sicheren Niederlage klappten offensiv plötzlich ein paar Dinge. Binnen zwei Minuten kam der VfL durch Kopfballtore von Timm Klose (71.) und Perisic (73.) zum Ausgleich. Etwas spät, um Neapel in Bedrängnis zu bringen. Trotzdem habe sein Team "großartige Moral" bewiesen, lobte Allofs. "Wie die Mannschaft dann zurückgekommen ist, nötigt mir Respekt ab", sagte auch Trainer Dieter Hecking.

In den Worten war auch Trotz zu hören, frei nach dem Motto: "Das war's in Europa, aber wir kommen wieder." Die Qualifikation für die kommende Runde in der Champions League ist nahezu besiegelt, statt Neapel, Everton und Krasnodar warten dann vielleicht Gegner wie Real Madrid, Juventus Turin oder eines der spanischen Großteams. Geschäftsführer Allofs wird diesen Weg in Wolfsburg weiter mitgehen, daran ließ er trotz aller Enttäuschung in Neapel keinen Zweifel. "Ich bleibe sicher noch ein paar Jahre. Wir sind uns einig", bestätigte Allofs nach dem Spiel bei Kabel 1. Er wird seinen Vertrag bis über 2016 hinaus verlängern. Allofs hat mit dem VfL noch viel vor, auch in Europa - nur nicht mehr in dieser Saison.

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