Wolfsburg:Wem der Rücken zwickt

VfL Wolfsburg v Borussia Moenchengladbach - Bundesliga

„Jeder kennt ihn“, sagt Mario Gomez (im Bild) über Papadopoulos: „Man trifft ihn am Bein, er hält sich das Gesicht. Man trifft ihn am Ohr, er tut so, als ob der Knöchel gebrochen sei.“

(Foto: Stuart Franklin/Getty)

Wenigstens das Duell von Mario Gomez und Kyriakos Papadopoulos bestimmt das Nord-Derby.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Ein Spiel ohne Tore, Temperaturen knapp über null Grad, Schneeschauer, glitschiger Boden und ein Ball, der laut Mario Gomez eher als "Eiskugel" daherkam: Was soll man über so eine insgesamt trostlose Begegnung zwischen dem Hamburger SV und dem VfL Wolfsburg schreiben? Zumal VfL-Trainer Martin Schmidt davon sprach, dass es "schwierig ist, so ein Spiel zu moderieren". Das war aus seiner Sicht wirklich nicht einfach, denn die Niedersachsen übernahmen in Hamburg die Rolle, die der HSV in den vergangene Wochen gespielt hatte. Nach dessen beeindruckendem 3:0 gegen Hoffenheim hatte er beim 0:0 in Freiburg das Fußballspielen quasi eingestellt, nun ließen die Wolfsburger nach dem brillanten 3:0 gegen Mönchengladbach die Offensive ausfallen.

Sieht man mal davon ab, dass HSV-Coach Markus Gisdol wieder "ein richtig gutes Spiel von uns" gesehen hatte, was durch 13 Torschüsse belegt wurde, zwangen die Gäste den HSV-Torwart Christian Mathenia dazu, sich selber "warmzulaufen", wie er vermerkte. Doch wenn man relativ wenig vom Geschehen auf dem Rasen berichten kann, ist es manchmal umso aufregender, zum Beispiel dem meinungsfreudigen Mario Gomez zuzuhören.

Der Nationalstürmer hatte so Einiges über seinen Gegenspieler Kyriakos Papadopoulos zu erzählen. Gomez hatte, wie seine nach der Gladbach-Gala laut Schmidt "eine Woche lang in den Himmel gehobenen" Kollegen Yunus Malli (nach 78 frustrierenden Minuten ausgewechselt) und Divock Origi (durfte schon nach 56 Minuten Duschen gehen) keinen Stich gegen die "bombige Viererkette" (Gisdol) der Hamburger gemacht. Und so redete er sich in Rage über jenen Spieler, den Gisdol vor allem deshalb verpflichtet hatte, um seiner Mannschaft mehr Kampfkraft und Abgezocktheit zuzuführen.

Gomez sind einmal fast die Sicherungen durchgebrannt. Sein Versuch, gegen Papadopoulos nachzutreten, hätte auch mit Rot bestraft werden können. Doch wie es dazu kam, hat er sehr ausführlich beschrieben. Der Gegner, bei dem der "Fair-Play-Gedanke nur minimal" ausgebildet sei, habe ihn permanent "in den Rücken gezwickt". Er laufe einen bei einem Eckball einfach um. Und zu jener Szene, in der er selber foulte, sagte Gomez: Er habe ihn nur ein bisschen am Stutzen getroffen, aber er habe sich gewälzt, als sei ein Gelenk gebrochen. Und als er den Freistoßpfiff bekam, sei er sofort wieder munter aufgesprungen. So sei es immer: "Jeder kennt ihn, er gibt gern den sterbenden Schwan. Man trifft ihn am Bein, er hält sich das Gesicht. Man trifft ihn am Ohr, er tut so, als ob der Knöchel gebrochen sei. Das Perverse ist, dass er jedes Mal damit durchkommt."

Natürlich hat Gisdol seinen Ersatz-Kapitän verteidigt. Solche Auseinandersetzungen, befand der HSV-Coach, gehörten bei einem Fußballspiel dazu. Gomez sollte sich mit der Kritik an einzelnen Spieler zurückhalten, denn "nächste Woche könnte es ihn treffen". Im Übrigen würde Gomez sich wohl eher wünschen, "dass dieser hervorragende Abwehrspieler in seiner eigenen Mannschaft spielt". Eine These, der Martin Schmidt keineswegs widersprach.

Dass es für den stürmenden HSV nicht zum Sieg reichte, hatte damit zu tun, dass die beste Aktion des 17-jährigen Jan-Fiete Arp nicht zum Treffer führte. Arp umdribbelte nach einem Pass von Walace Felix Uduokhai und schickte den Ball um Millimeter am linken Pfosten vorbei. Es sei eben "nicht so, dass ich jeden Ball über die Linie drücke", entschuldigte sich das Talent, das neuerdings in der Mixed-Zone sprechen darf. An diesem Satz merkt man, wie sehr ihn die Erwartungen schon beschäftigen. Doch auch im Falle Arp hat Gomez eine Einschätzung abgegeben. Die klang viel freundlicher als bei Papadopoulos: "Das ist ein Spieler, der allen gefällt. Der Junge ist 17, das ist ein Wahnsinn, wie gut der schon ist." Er hoffe, dass er am Boden bleibt, dann werde er "dem HSV und später auch Deutschland noch sehr viel Freude bereiten".

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