Wolfsburg gewinnt in Stuttgart:Unglaubliche drei Minuten und ein wütender Magath

Die Partie zwischen dem VfB Stuttgart und dem VfL Wolfsburg ist lange Zeit zwar interessant, aber auch ohne wirkliche Torszenen - erst am Ende wird es spannend: Es gibt einen zweifelhaften Strafstoß, der verschossen wird, einen skurrilen Wolfsburger Siegtreffer und einen motzenden Trainer.

Jürgen Schmieder

Felix Magath war gar nicht gut gelaunt. Mit hochrotem Kopf stand er an der Seitenlinie und brüllte aufs Spielfeld - zuerst auf den Schiedsrichter und dann auf zwei seiner Spieler, die er zu sich gerufen hatte. Der Trainer des VfL Wolfsburg war unzufrieden, weil seine Mannschaft in Stuttgart engagiert verteidigte und gefällig noch vorne agierte, sich letztlich aber zu wenig Chancen erspielte.

VfB Stuttgart v VfL Wolfsburg - Bundesliga

Wütend: Wolfsburgs Trainer Felix Magath.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Das war in der 76. Minute der Partie zwischen Stuttgart und Wolfsburg, wenige Minuten später motzte Magath noch viel intensiver: Emanuel Pogatetz grätschte sowohl den Ball als auch den Stuttgarter Vedad Ibisevic hinweg - und Schiedsrichter Tobias Welz entschied auf Strafstoß.

Ibisevic trat an, er verschoss den Elfmeter und vergab auch noch den Nachschuss geradezu grotesk, als er den Ball aus fünf Metern in Richtung Tribüne prügelte. Die Partie endete schließlich 1:0 für Wolfsburg, weil Bas Dost in der 90. Spielminute den Ball ins Tor köpfen durfte und im Umkreis von sieben Metern kein Stuttgarter Spieler stand.

Damit war zumindest für einen Spieltag die Frage beantwortet, welche Transferpolitik nun erfolgreicher war: Die zurückhaltende des VfB Stuttgart (Fredi Bobic: "Wenn man kein Geld hat, kann man keines investieren.") oder die doch aggressivere des VfL Wolfsburg.

Das Verhalten des Wolfsburger Trainers hat sich mittlerweile zu einem beliebten Rätselspiel unter Fußballfreunden entwickelt, das in drei Stufen gespielt werden kann. Erstens: Wie viele Spieler tauscht er für wie viele Millionen Euro in der Sommerpause? Wie korrigiert er in der Winterpause? Und zu welchem Tabellenplatz reicht das am Ende?

In der Saison 2008/09 lauteten die Antworten: 1.) neun Spieler für 30,25 Millionen. 2.) vier Akteure für 2,85 Millionen. 3.) Deutscher Meister. In der vergangenen Spielzeit dann: 1.) 17 Spieler für 21,4 Millionen. 2.) neun Akteure für 30 Millionen. 3.) Platz acht. Vor der nun laufenden Saison holte Magath bislang sieben neue Spieler für zusammen knapp 21 Millionen Euro. Hinzu kamen zwei Spieler aus der eigenen Jugend und sieben bislang ausgeliehene Profis, die keinen neuen Verein gefunden haben.

Felix Magath freilich hasst solche Ratespiele wie auch den Vorwurf, dass er mit Geld um sich werfen würde: "Was da erzählt wird, sehe ich sehr kritisch - weil wir eben nicht übermäßig viel Geld investiert haben", sagte Magath in einem Interview der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung, "da wird aber oft vergessen, dass unsere Arbeit hier nachhaltig angelegt ist und eben nicht kurzfristig."

Turbulente Schlussphase

Zum Saisonstart schickte Magath zahlreiche Zugänge (Naldo, Ivica Olic, Emanuel Pogatetz, Fagner) aufs Feld, dazu Robin Knoche, der aus der Jugend aufgerückt ist. Und natürlich Mittelfeldspieler Diego, um den sich immer noch Wechselgerüchte ranken - vor allem Atletico Madrid soll hochinteressiert sein.

Die Stuttgarter, in der Sommerpause durch Unauffälligkeit aufgefallen, begannen mit einer eingespielten Elf und übernahmen zunächst die Kontrolle über die Partie, die Angriffe wirkten jedoch recht vorhersehbar und am Ende wie ein Flankenfang-Training für Wolfsburgs Torwart Diego Benaglio: Der Ball kam meist nach außen, dann kam er hoch nach innen - und dann war er in den Händen von Benaglio.

Es gab eine Szene, in der die Stuttgarter eine passable Flanke in den Strafraum brachten: In der 23. Spielminuten servierte William Kvist den Ball auf Francisco Javier Maza, der köpfte das Spielgerät schön ins Tor - doch hatte er knapp im Abseits gestanden. "Im Zweifel für den Stürmer galt hier nicht, weil Maza ja Abwehrspieler ist", sagte sagte Stuttgarts Sportdirektor Fredi Bobic in der Pause.

Die Wolfsburger kümmerten sich erst einmal darum, Angriffe durch die Mitte zu unterbinden und ihrem Torhüter beim fangen zuzusehen, nach etwa 15 Minuten begannen sie mit eigenen Versuchen, die sie schnell über Diego und Olic inszenierten. Sie kombinierten sich dann schnell und mit wenigen Ballkontakten durchs Mittelfeld und erspielten sich einige Gelegenheiten, die beste davon war ein Kopfball von Olic (33.), der knapp am Tor vorbeistrich.

Es war eine interessante, aber doch recht zerfahrene erste Halbzeit. Wenn die Stuttgarter nicht gerade Flanken in die Arme des gegnerischen Torhüters schlugen, dann spielten sie entweder Fehlpässe oder diskutierten mit dem Schiedsrichter über Fouls, die sie zwar begangen hatten, aber nicht zugeben wollten. Die Wolfsburger diskutierten dann auch gerne mal mit oder streuten einen Fehlpass ein. "Die Wolfsburger Spiele verwickeln uns in Zweikämpfe, wir wollen Fußball spielen", sagte Bobic in der Pause.

Die Wolfsburger verwickelten die Stuttgarter auch in der zweiten Halbzeit in zahlreiche Zweikämpfe - vor allem taten sie das meist schon in der gegnerischen Spielhälfte und besorgten sich deshalb das Spielgerät nicht weit vom Stuttgarter Tor entfernt. Das Problem dabei war nur, dass sie aus diesen Gelegenheiten zu wenig machten - nun war Stuttgarts Schlussmann Sven Ulreich ein recht gefragter Flankenfänger.

Die Stuttgarter konterten nun häufig und bisweilen auch schnell und kreativ, nur stand der am Ende anzuspielende Akteur meist im Abseits. Somit war ein Schuss des eingewechselten Cacau (71.) schon der gefährlichste Angriff.

Es folgten jene unglaublichen drei Minuten, in denen es erst einen zweifelhaften Elfmeter gab, Ibisevic diesen Elfmeter verschoss und Wolfsburg noch das 1:0 schießen durfte. Nach dem Schlusspfiff übrigens freute sich Felix Magath immer noch nicht wirklich - er motzte gegen den Schiedsrichter und lief mit recht mürrischem Gesicht in die Kabine.

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