Wolfsburg - Frankfurt:Bloß kein Abstiegs-Endspiel

Eintracht Frankfurt vs VfL Wolfsburg, Frankfurt Main, Germany - 06 May 2017

Stilles Vertrauen: Mit seinem 15. Saisontreffer sicherte Mario Gomez dem VfL den 2:0-Sieg in Frankfurt.

(Foto: Armando Babani/EPA/REX/Shutterstock)

Wolfsburg betreibt gegen Frankfurt Wiedergutmachung. Im Schongang bereitet sich die Eintracht auf das Pokal-Finale vor.

Von Tobias Schächter, Frankfurt

Ob man Mario Gomez nach Erreichen des Klassenverbleibs in Wolfsburg nicht ein Denkmal setzen müsse, wurde Andries Jonker gefragt. Der VfL Wolfsburg hatte gerade einen extrem wichtigen 2:0-Sieg bei Eintracht Frankfurt eingefahren, Gomez hatte den Führungstreffer von Daniel Didavi (48.) vorbereitet und mit dem 2:0 durch seinen 15. Saisontreffer (63.) das Spiel dann vollends entschieden. Heldengeschichten aber stehen gerade nicht an erster Stelle auf der Agenda des Wolfsburger Trainers, deshalb antwortete Jonker: "Mario ist nicht wichtiger als Gian-Luca Itter, der jeden Tag hier mittrainiert."

Die Eintracht zeigt maximale Schonung für das Pokalfinale

Nun muss man die Wörter "Denkmal" und "Nichtabstieg" in Verbindung mit dem VfL Wolfsburg nicht unbedingt in logischer Verbindung sehen. Auch wenn der VfL dem Klassenerhalt nach dem Erfolg in Frankfurt näher gekommen ist - das Abschneiden der kickenden VW-Tochter bleibt angesichts des Lizenzspielerats von rund 90 Millionen Euro maximal weit von möglichen Denkmalanträgen entfernt. Andererseits klingt es auch ziemlich bizarr, den Mittelstürmer der deutschen Nationalmannschaft für genauso wichtig zu erklären wie ein 18-Jähriges Linksverteidigertalent: Auf der jeweiligen Gehaltsabrechnung eines gewissen Mario Gomez und eines gewissen Gian-Luca Itter dürfte der Status des jeweiligen Spielers ziemlich deutlich zum Ausdruck kommen.

Mario Gomez kennt die Wertschätzung, die ihm der Trainer Jonker entgegenbringt ohnehin und genießt das Vertrauen eher still. In zehn Spielen unter dem Niederländer ballerte der 31-Jährige neun Tore in des Gegners Tor. Aber nach dem Sieg bei der lahmen Eintracht haben sie beim VfL lieber den Kollektivgedanken beschworen. In der Legende von Teamgeist und Primärtugenden fanden eben alle ihren Platz, von Gomez über Itter bis hin zu Luiz Gustavo, der ja gesperrt gefehlt hatte in Frankfurt. Aber weil Gustavo vor dem Spiel eine emotionale Ansprache an die Kollegen gerichtet hatte, erklärte VfL-Sportdirektor Olaf Rebbe: "Das zeigt Luiz' Verantwortung, er ist ein absoluter Leader. Diese Aktion war überragend von ihm."

Vergangene Woche, beim 0:6 gegen den FC Bayern, war der nach seiner gelb-roten Karte ausrastende Brasilianer noch Sinnbild des Debakels gewesen. Aber nun hatte Wolfsburg ja in Frankfurt gewonnen, und alle beim VfL sollten dazugehören. Gerade nach dem Heimdebakel gegen München waren die Zweifel am Zusammenhalt in Wolfsburg wieder einmal größer geworden. Zusammenhalt, Teamgeist und Identifikation sind ja tatsächlich nicht die drei ersten Schlagwörter, die einem zum VfL einfallen. Daniel Didavi erklärte die Motivation so: "Wir haben letzte Woche zurecht auf die Fresse bekommen, das war unterirdisch. Wir haben uns gesagt: Was man uns nie wieder vorwerfen darf, ist, dass wir nicht gekämpft haben."

In Frankfurt konnte das dieser Elf tatsächlich niemand vorwerfen. "Wir sind eine Einheit", stellte Didavi zufrieden fest. Auch der unter der Woche mit verbalen Ausfällen im Training aufgefallene Innenverteidiger Philipp Wollscheid habe "gut verteidigt", freute sich Sportchef Rebbe. Und Jonker erzählte, er habe seinen Spielern klar gemacht, dass man ohne Kampfgeist keine Spiele gewinnen könne.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Diese Eintracht war der richtige Aufbaugegner zum richtigen Zeitpunkt. Die Frankfurter Profis erweckten den Eindruck, als bereiteten sie sich mit maximaler Schonung auf den Saison-Höhepunkt nach der Saison vor: auf das DFB-Pokal-Finale gegen Borussia Dortmund in Berlin. Eintracht-Trainer Niko Kovac aber will die Saison trotz vieler Verletzter nicht austrudeln lassen und kündigte Gespräche an.

Die Eintracht ist die schlechteste Mannschaft der Rückrunde und verspielte in den letzten Monaten in der Liga fahrlässig die große Chance auf die Europa-League-Teilnahme. Und dennoch könnte die Saison durch den Pokalsieg denkmalwürdig enden. In Wolfsburg ist immerhin die Zuversicht gewachsen, das nächste Heimspiel gegen Gladbach mit dem ehemaligen Trainer Dieter Hecking zu gewinnen. Ein so genanntes Abstiegs-Endspiel am letzten Spieltag in Hamburg will der VfL unbedingt vermeiden.

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