Wolfsburg:Ermüdet vom Dementieren

FSV Frankfurt v VfL Wolfsburg - DFB Cup

Torschütze, aber offenbar zum Absprung aus Wolfsburg bereit: Stürmer Bas Dost (links), hier bei seinem Treffer zum 2:0 gegen den FSV Frankfurt.

(Foto: Alexander Scheuber/Getty Images)

Der VfL Wolfsburg sehnt das Ende der Transferfrist herbei - Trainer Hecking regt grundsätzlich ein neues Datum dafür an.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Der Kapitän, der Spielmacher und der Angreifer wählten sehr unterschiedliche Worte, aber inhaltlich ließen sich große Übereinstimmungen feststellen. Angreifer Bas Dost sagte: "Über Transfers rede ich nicht, keine Lust." Luiz Gustavo sagte mit der Spielführer-Binde am Oberarm: "Ich wollte eigentlich noch etwas Neues erreichen. Aber wenn das nicht klappt, bin ich auch zufrieden, bei einem Verein zu sein, bei dem ich spielen kann." Und Spielmacher Julian Draxler sagte: nichts. So brachte also jeder dieser drei am Samstag auftretenden Herren auf seine Art zum Ausdruck, dass er sich fesselndere beruflichere Lebensziele vorstellen kann als eine Weiterbeschäftigung als Fußball-Fachangestellter beim VfL Wolfsburg.

Gomez fehlt beim Pokalsieg in Frankfurt noch, Verteidiger Dante wechselt nach Nizza

Es gibt wahrscheinlich kaum einen anderen Bundesligisten, bei dem sich die Verantwortlichen von der Wunschfee derart sehnlich einen Zeitsprung auf den 31. August und damit das Ende der Transferperiode erbitten wie die Wolfsburger. Am Samstag startete der Klub nach einer nur in der ersten Hälfte überzeugenden Darbietung mit einem 2:1-Pokalsieg bei Drittligist FSV Frankfurt - 0:1 Schäfer (5., Eigentor), 0:2 Dost (16.), 1:2 Schleusener (52.) - in die Saison. Am Wochenende beginnt in Augsburg die Bundesliga. Da sollte langsam das Team stehen, das den missglückten Vorjahresauftritt (Platz acht, keine Qualifikation für internationale Wettbewerbe) korrigieren soll. Stattdessen halten die Personalspekulationen so nachdrücklich an, dass Manager Klaus Allofs sie gerade "mehr als ermüdend" findet.

Er hat unruhige Wochen hinter sich, und wohl noch eine letzte unruhige vor sich. Nach dem Verpassen des Europapokals hat sich so mancher Spieler offenkundig vergeblich nach besonderen Wolfsburger Reizen umgesehen und mehr oder weniger klar seine Wechselabsichten kundgetan. André Schürrle (Dortmund), Max Kruse (Bremen) und Naldo (Schalke) sind weg, am Sonntag ging es um die letzten Details des erwarteten Transfers von Verteidiger Dante nach Nizza (Vertrag bis 2019/Ablöse zwei Millionen Euro).

Darüber hinaus soll sich jetzt aber nicht mehr viel tun. Spieler wie Angreifer Dost, der nach der Verpflichtung des in Frankfurt verletzungsbedingt nicht eingesetzten Top-Zugangs Mario Gomez um seine Einsatzzeiten bangt, oder Linksverteidiger Ricardo Rodriguez könnten noch gehen, wenn sie zahlungskräftige Abnehmer herbeischleppen. Bei den Zentralgestalten Draxler und Gustavo aber gilt ein Transfer als ausgeschlossen. Draxlers zu Monatsbeginn unmissverständlich verkündeten Wechselwillen hat der Klub mit einem unmissverständlichen Veto gekontert, zu dennoch andauernden Spekulationen sagt Allofs: "Ich weiß nicht, ob wir in Chinesisch schreiben", die Sache sei eindeutig.

Nun hat Allofs in seinem Managerleben schon die eine oder andere Transferperiode miterlebt und weiß auch um vielfältige Veto-Aufweichungen selbst chinesischsprachiger Mitteilungen in den Tagen vor dem 31. August. Aber ein Meinungsumschwung in der Causa Draxler ist in der Tat so wahrscheinlich wie eine Erfüllung des Zeitsprung-Begehrens durch die Wunschfee - auch wegen der Ausstiegsklausel Draxlers für 2017, die dem Vernehmen nach bei 100 Millionen Euro liegen soll.

Stattdessen wollen Allofs und Trainer Dieter Hecking dem Nationalspieler, der gegen den FSV zwei, drei gute Szenen hatte, aber weitgehend unauffällig blieb, wieder mehr Lust auf Wolfsburg verschaffen. Wer den 90-minütigen Auftritt des 22-Jährigen als spielerische Wiederholung des vorgebrachten Wechselwillens werte, dem könne er nicht helfen und wolle er auch nicht helfen, sagte Allofs.

Es gilt jetzt schnell eine neue Mannschaft zu komponieren. Neben der Ungewissheit über so manche Personalie erschwert dieses Vorhaben auch so manche Verletzung, etwa von Maximilian Arnold, Josuha Guilavogui oder Vieirinha. Aber die Verantwortlichen können sich zugute halten, dass sich trotz der allgemein dokumentierten Fluchtbewegung aus Wolfsburg die Transferbilanz unterm Strich gar nicht so übel liest: Gomez, Daniel Didavi (VfB Stuttgart, zum Pokal-Auftakt mit zwei Torvorbereitungen), Jakub Blaszczykowski (Florenz, ehemals Dortmund), Yannick Gerhardt (1. FC Köln) und Jeffrey Bruma (PSV Eindhoven) statt Schürrle, Kruse, Naldo und Dante - das bedeutet nicht zwingend eine Verschlechterung. Und ein Abwehrspieler soll wohl noch kommen.

Davon losgelöst hat Trainer Hecking fürs nächste Jahr ohnehin eine Idee, wie sich die Unruhe vor dem Saisonstart reduzieren lässt. Er plädierte im Gespräch mit dem Kicker dafür, dass die Transferperiode bereits am 31. Juli endet, damit der endgültige Kader früher feststeht und er mit diesem mehr Vorbereitungszeit verbringen kann.

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