Wolfsburger 1:6 gegen FC Bayern:Gedemütigt im Namen der Liga

VfL Wolfsburg v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Zu gut für die Bundesliga: Die Bayern-Profis Frank Ribery (rechts) und Dante bejubeln einer ihrer sechs Tore

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der VfL Wolfsburg zeigt 60 Minuten lang eindrucksvoll, wie dem Champions-League-Sieger FC Bayern beizukommen ist. Dann bedient sich Bayern-Coach Pep Guardiola aus der Tiefe seines Luxuskaders, wechselt zwei Spieler ein - und die Partie wird zu einer Demonstration der Münchner Stärke.

Von Carsten Eberts, Wolfsburg

Früh hatten die Wolfsburger Fans ein ganz anderes Ereignis im Sinn. "Wir wollen den Derbysieg", sangen sie, gemeint war das prestigereiche Kräftemessen in einer Woche gegen Braunschweig, das in diesem Teil Niedersachsens doch einiges bedeutet. Das Spiel auf dem Rasen hatten sie längst abgehakt. Gegen diesen Übergegner, der die eigene Elf gerade filetierte.

Als die Partie beendet war, hatte der FC Bayern die Wolfsburger 6:1 (1:1) auseinander dividiert. Dies war für die Wolfsburger nicht nur ein hoch deprimierendes Ereignis, sondern auch der brutalst mögliche Spielverlauf für die ganze Liga, die ja gerade leidenschaftlich debattiert, ob es überhaupt noch Sinn macht, sich dieser Übermannschaft zu widersetzen.

Denn Wolfsburg hatte sich optimal auf die Bayern eingestellt und 60 Minuten lang gezeigt, wie dem Champions-League-Sieger beizukommen ist. Mit hohem Pressing, schnellem Verschieben, enormer Laufarbeit. Durch das frühe Tor von Naldo (17. Minute) ging, der VfL sogar in Führung, glückseliger Jubel wogte durch die sonst oftmals stille Arena. Wenn eine Mannschaft in dieser Saison die Bayern bezwingen würde, dann dieser VfL, so schien es.

Dann bediente sich Bayern-Coach Pep Guardiola aus der Tiefe seines Luxuskaders, wechselte zwei Spieler ein. Und die Bayern gewannen 6:1.

Nach der Partie rang Dieter Hecking nach Worten, als wisse der Wolfsburger Coach selbst noch nicht, wie er diese Begegnung mit einer fußballerischen Urgewalt einordnen sollte. In der Debatte, ob sich die Liga den Bayern am besten einfach so ergibt, hatte sein Team über 60 Minuten die beste Antwort gegeben - um dann trotzdem unterzugehen. "Wir haben Bayern München zum Wackeln gebracht", konstatierte Hecking, "und dann kommt diese Extraklasse von der Bank."

Eine Stunde lang hatten die Wolfsburger die Münchner nicht in den gewohnten Rhythmus kommen lassen. Zur Pause hatte der VfL sogar mehr Ballbesitz, was in der Vergangenheit nur wenigen Mannschaften gelungen war. Der Ausgleichstreffer durch Xherdan Shaqiri (26.) war in der Entstehung eher glücklich. Guardiola entschloss sich zum Wechseln, und es war tatsächlich der Moment, als das Spiel kippte.

Dem Vortrag seiner Mannschaft hatten exakt diese beiden Spielertypen gefehlt - ein spielstarker Lenker wie Thiago, ein Vollstrecker wie Mario Mandzukic. "Wenn er sieht, dass im Spiel etwas nicht läuft, zieht er eben die zweite oder dritte Option", sagte Hecking resigniert und folgerte im Namen der gesamten Liga: "Es dürfen gerne andere wieder versuchen, gegen die zu gewinnen." Seine Wolfsburger hatten alles versucht.

Die Tore fallen plötzlich im Fünfminutentakt

Auch Guardiola wusste, dass dieser Sieg vor allem von der Bank gekommen war. Das Spiel war über eine Stunde lang nicht nach den Wünschen des Katalanen verlaufen. Die Wolfsburger hätten "einen unglaublichen Rhythmus" gespielt, lobte Guardiola. Die Bayern hatten Probleme im Aufbau, wirkten teilweise gelähmt vom Pressing des Gegners. Franck Ribéry kam überhaupt nicht zur Geltung, Toni Kroos und Arjen Robben erging es nicht viel besser.

Dann kam Thiago, Guardiolas Lieblingsschüler. Zwei schnelle Drehungen, ein Steilpass aus dem Mittelkreis in den Lauf von Thomas Müller - und das Spiel war in die richtige Richtung gelenkt. Die Wolfsburger hatten zuvor am Limit agiert, konnten dieser Tempoverschärfung nichts entgegensetzen. Die Tore fielen im Fünfminutentakt: Müller (63.), Mandzukic (66.), Ribéry (71.), abermals Müller (78.) und abermals Mandzukic (80.) zerlegten den VfL.

Es war ein Sieg der Kaderkomposition der Münchner, das erkannte auch Guardiola. "Wir haben große, große Spieler. Das ist der große Unterschied", sagte er und widersprach damit indirekt seinem Sportdirektor Matthias Sammer. Der hatte zuvor salopp suggeriert, die anderen Teams müssten nur ein wenig besser trainieren - dann klappe das auch mit der Konkurrenzfähigkeit.

Der Auftritt der Münchner in Wolfsburg legte einen anderen Schluss nahe. Vielleicht hat Armin Veh ja doch recht. Der Frankfurter Coach hatte sich manchen Protest eingehandelt, als er ankündigte, zwei seiner besten Profis gegen die Bayern zu schonen. Weil es ja doch keinen Sinn mache, so überlegen wie die Münchner sind. Es kämen schließlich wichtigere Aufgaben, in denen es etwas zu holen gibt. "Die spielen mittlerweile in einer anderen Liga", sagte Veh.

In Wolfsburg fühlte sich am Samstagabend manch einer an Vehs Worte erinnert. Die Wolfsburger schlichen aus der Arena, gedemütigt und mit sechs Gegentoren bedacht. Womöglich hatten sie sich sogar das Torverhältnis für diese Saison endgültig ruiniert. Als Lohn dafür, dass sie im Namen der Liga den honorigen Versuch unternommen hatten, den FC Bayern zu bezwingen.

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