WM 2026:Trump erpresst - die Fifa akzeptiert

US-Präsident Donald Trump vor der Air Force One.

Interessiert sich nun auch für Fußball: US-Präsident Donald Trump.

(Foto: AP)
  • Für die Fußball-WM im Jahr 2026 gibt es zwei Bewerber. Neben Marokko ist das ein Bündnis aus USA, Mexiko und Kanada.
  • Vor der Abstimmung gilt die Allianz als großer Favorit, weil US-Präsident Donald Trump Fifa-Mitglieder unter Druck gesetzt hat.
  • Hier geht es zum WM-Spielplan.

Von Thomas Kistner

Auf die Kollegen wirkt Gianni Infantino dieser Tage wie ein Nervenbündel. Unruhig wie nie sei der Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa jüngst bei einer Council-Sitzung gewesen, berichtete ein Teilnehmer der SZ. Und tatsächlich hatte Infantino bei der Ratssitzung alle ihm wichtigen Themen vertagt. Dazu gehört die mysteriöse 25-Milliarden-Dollar-Offerte einer aus Saudi-Arabien gesteuerten Investorengruppe für neue Turnierformate, die ihm schon einmal von der Tagesordnung gefegt wurde - Infantino befand nun, da gebe es keinen Zeitdruck mehr. Die Aufstockung der WM 2022 in Katar von 32 auf 48 Teilnehmer, die ihm am Herzen liegt, legte er ad acta, als ihm Widerstand aus dem Gremium entgegen schlug. Zwei Pläne, die allein der massiven Geldvermehrung dienen, sind somit vorerst vom Tisch, wiewohl sie Infantino, wie ein Mitglied des Councils glaubt, bald wieder aufnehmen werde.

Für den Fifa-Kongress an diesem Mittwoch bleibt dem Chef damit nur noch eine Kampfzone: Denn gekürt werden soll der WM-Gastgeber 2026, und Infantino hat eine klare Priorität: Zur Wahl stehen Marokko und die Ausrichter-Allianz USA/Mexiko/Kanada; letztere lockt die Fifa mit einem in Aussicht gestellten Rekordgewinn von 14 Milliarden Dollar - elf Milliarden sollen dem Weltverband zufließen. Marokko käme nicht mal auf die Hälfte. Wie realistisch die US-Pläne sind, bleibt abzuwarten. Allein die Ticket-Durchschnittspreise müssten bei der Kalkulation auf ein Niveau von mehr als 400 Dollar steigen.

Der Boss hat das Image der Fifa weiter ramponiert

Infantino und Gefolge wird das egal sein. Die Fifa hat Geldsorgen, der neue Boss hat ihr Image noch weiter ramponiert, und die Sponsoren gehen ebenso auf Distanz wie wachsende Teile der Fußballwelt. Selbst die Amerika-Frage hat eine düstere Kehrseite: Die US-Justiz ermittelt mit Hochdruck im Korruptionssumpf um die Fifa, deren Opfer-Status in den auf Basis des Anti-Mafia-Gesetzes Rico geführten Untersuchungen auf tönernen Füßen steht. Wieder umgibt den Verband ein Dunst aus Kungelei und Vetternwirtschaft.

Infantino hat unter anderem im Vorjahr handstreichartig die allzu korrekten Ethik- und Compliance-Aufpasser abgesetzt, die auch ihm selbst zu Leibe gerückt waren, und durch handzahme Leute ersetzt. Das führte zu Entrüstung in der globalen Ethiker-Szene, zumal Infantino die selbstherrliche Aktion gar nicht erklären konnte. So begründete er den Rauswurf des früheren EU-Generalanwalts Miguel Maduro, der als Compliance-Chef die Wiederwahl des tief ins russische Staatsdoping verstrickten Sportministers Witali Mutko in den Fifa-Vorstand verhindert hatte, damit, dass dessen Amtszeit erfüllt sei. Tatsächlich war Maduro aber erst acht Monate im Amt, als er geschasst wurde.

WM-Gastgeber und -Gewinner

1930: Gastgeber Uruguay; Gewinner Uruguay

1934: Italien; Italien

1938: Frankreich; Italien

1950: Brasilien; Uruguay

1954: Schweiz; Deutschland

1958: Schweden; Brasilien

1962: Chile; Brasilien

1966: England; England

1970: Mexiko; Brasilien

1974: BR Deutschland; BR Deutschland

1978: Argentinien; Argentinien

1982: Spanien; Italien

1986: Mexiko; Argentinien

1990: Italien; Deutschland

1994: USA; Brasilien

1998: Frankreich; Frankreich

2002: Südkorea & Japan; Brasilien

2006: Deutschland; Italien

2010: Südafrika; Spanien

2014: Brasilien; Deutschland

2018: Russland

2022: Katar

2026: USA, Kanada und Mexiko oder Marokko

Zugleich nähren die neuen Fifa-Ethiker unter der Kolumbianerin Claudia Rojas die Skepsis. Die Verwaltungsjuristin pflegt große Nähe zu den Fußballbossen ihres Landes, in einem nationalen Verfahren gegen den früheren Verbandschef Luis Bedoya hatte sie sich sogar für befangen erklärt. Der heute lebenslang gesperrte Bedoya wartet im US-Prozess noch auf sein Urteil.

Auffällig wurde die von Infantino akquirierte Rojas bisher durch Passivität. Als der Fifa-Ratsherr Constant Omari im April im Kongo unter Korruptionsverdacht verhaftet und verhört wurde, kam von den Ethikern: nichts. Während in Afrika die Korruptionsermittlungen laufen, begleitet Omari in Moskau die Fifa-Geschäfte. Im Fall des gesperrten Verbandschefs von Ghana, Kwesi Nyantakyi, reagierte die Fifa erst, als der öffentliche Druck wuchs. Denn schon Tage vor der Sperre hatte die BBC Filmmaterial übersandt, das Fifa-Rat Nyantakyi zeigte, wie er vergnügt 65 000 Dollar Schmiergeld in eine Plastiktüte stopft. Solche Leute bilden die neue Funktionärselite, Nyantakyi war 2016 in das Council gerückt.

Nach Trumps Drohungen haben viele Länder Angst

So steht die Fifa weiter im Fokus der US-Justiz, was zurück zur WM-Kür in Moskau führt. Am Mittwoch stimmen erstmals alle 211 Nationalverbände ab, abzüglich der vier Kandidaten. Eine neuerliche Zurückweisung durch ein Fifa-Votum werden die USA nicht unbeantwortet lassen, falls Marokko obsiegen sollte. Das hat der US-Präsident klargestellt, Donald Trump drohte per Twitter allen Staaten, die sich gegen die Allianz stellen, wirtschaftliche und politische Folgen an. Eine beispiellose Erpressung, aber die Fifa akzeptierte es: Sanktionen gab es nicht, sie rief die USA nicht zur Räson. Dabei kennt der Sport kein größeres Vergehen als politische Einmischung.

Das ist die Ausgangslage. Marokkos Chancen sind gering. Diesmal müssen, aufgrund der neuen Regeln, alle Voten offengelegt werden. Der DFB wird für die Nordamerika-Allianz stimmen, gab er am Dienstag bekannt. Präsident Reinhard Grindel betonte sogleich, die Entscheidung stehe nicht in Zusammenhang mit "Interventionen des US-Präsidenten". Trump könnte ja die Nichtwähler zur Verantwortung ziehen. "Wir werden das sehr genau beobachten!", drohte er. In Simbabwe und Südafrika gab es klare ministerielle Anweisungen an Funktionäre, die USA zu wählen.

Doch Marokko auszuschalten, sichert der Allianz den Sieg noch nicht. Das Gros der Nordafrika-Unterstützer ist ohnehin weniger für Marokko als gegen Trump. Und bei diesem Votum steht noch eine dritte Option zur Wahl: dass keiner der Kandidaten gewünscht ist. Sollte also in Runde eins keine Option die absolute Mehrheit holen und Marokko mit den wenigsten Voten rausfliegen, ist gut denkbar, dass in Runde zwei die Mehrheit für die Option "keiner dieser Kandidaten" stimmt: Dann wird das Thema vertagt. In diesem Fall dürfen beide Kandidaten nicht mehr antreten, dafür aber Bewerber aus Europa und Asien. Die WM-Kür fände dann im Jahr 2020 statt.

Trump würde toben. Und Infantinos Nerven dürften kaum zur Ruhe kommen.

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