WM-Vergabe im Zwielicht:Verdacht gegen Teixeira

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Geld aus der Golf-Region auf einem Konto des langjährigen Fifa-Vorstandes Ricardo Teixeira? (Archivbild aus dem Jahr 2007)

(Foto: AFP)

Spektakulärer Durchbruch bei den Ermittlungen zur WM-Vergabe 2022? Ex-Fifa-Vorstand Teixeira soll Geld vom Golf erhalten haben. Der gibt zu, er habe für Katar gestimmt, "aber keinen Penny dafür erhalten".

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Zu Wochenbeginn erzählte Walter De Gregorio als Pressechef des Fußball-Weltverbandes im Schweizer Fernsehen einen Witz. "Sitzen der Fifa-Präsident, sein Mediendirektor und der Generalsekretär in einem Auto, wer fährt?", begann die Sottise. Antwort: "Die Polizei."

So launige Auftritte sind dem Schweizer künftig nur noch in anderen Funktionen vergönnt: Am Donnerstag teilte die Fifa mit, dass De Gregorio sein Amt mit sofortiger Wirkung abgibt. Dies ist aber nur eine von vielen Baustellen, die den Weltverband derzeit beschäftigen. Zum einen nimmt der Druck auf Sepp Blatter zu. In einer Resolution forderte das Parlament der Europäischen Union am Donnerstag unter anderem dessen sofortigen Rücktritt - was Blatter am Abend ablehnte. "Die Fifa ist über die Aufforderung irritiert", erklärte eine Fifa-Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. "Der Präsident hat bereits erklärt, sein Mandat auf einem außerordentlichen Kongress niederzulegen." Wann Blatters Nachfolger gewählt werden soll, wird am 20. Juli bekanntgegeben. Punkt und Ende.

Unterstützung erhielt das Parlament von der Profispielergewerkschaft Fifpro, die noch weiter geht und den Wegzug der Fifa aus der Schweiz fordert: "Es sieht so aus, als wäre eine Zentrale in einem Land, in dem Anonymität und Geheimhaltung vorherrschen, der falsche Standort. Man muss sehen, dass die über viele Jahre bekannte Korruption von der US-Justiz und nicht von der Schweizer Polizei angegangen wurde."

WM-Vergabe im Zwielicht: Ein Witz zu viel: Walter De Gregorio, bisher Medien-Direktor der Fifa, verlässt den Fußball-Weltverband mit sofortiger Wirkung.

Ein Witz zu viel: Walter De Gregorio, bisher Medien-Direktor der Fifa, verlässt den Fußball-Weltverband mit sofortiger Wirkung.

(Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Die Bundesanwaltschaft sucht noch mal die Fifa-Zentrale auf

Zudem sieht es so aus, als sei den US-Ermittlern ein spektakulärer Durchbruch bei den Ermittlungen zur WM-Vergabe 2022 an Katar gelungen - das berichtet die Zeitung Estado de São Paulo. Die Bundespolizei habe auf einem Konto des langjährigen Fifa-Vorstandes Ricardo Teixeira bei einer Bank in Monaco Einlagen von Firmen aus der Golf-Region gefunden. Die Ermittler vermuten dahinter Bezahlungen, die der Brasilianer für sein Votum für die WM in Katar 2022 kassiert haben könnte.

Das monegassische Konto, das Teixeira zugeordnet wird, wurde schon geschlossen. Bei Durchsicht der Kontenbewegungen seien die Ermittler auf mehrere Transfers von Firmenkonten aus der Golf-Region gestoßen. Diese Firmen sollen heute am Bau der WM-Stätten für 2022 beteiligt sein.

Teixeira wies die Vorwürfe am Donnerstag in der brasilianischen Wochenzeitschrift Veja zurück: "Das ist unlogisch. Die WM wurde 2010 nach Katar vergeben, das Konto wurde erst 2012 eröffnet", sagte Teixeira und fügte hinzu: "Das Geld kam aus Brasilien und ist beim Fiskus angemeldet. Ich habe für Katar gestimmt, aber keinen Penny dafür erhalten."

Alle Ermittlungen drehen sich um die gleichen Personen

Sollte der Verdacht der amerikanischen Ermittler am Ende aber zutreffen, lägen die bisher klarsten Hinweise für Korruption bei der WM-Vergabe auf dem Tisch. Seit das Turnier Ende 2010 nach Katar vergeben wurde, gab es vielerlei mysteriöse Vorgänge. So überwies Katars Spitzenfunktionär Mohammed bin Hammam Tage nach der Kür zwei Millionen Dollar auf Konten von Firmen, die dem karibischen Wahlmann Jack Warner und Söhnen gehören. Phaedra Almajid, Ex-Mitarbeiterin des Bewerbungskomitees, sagt seit Monaten vor laufenden Kameras, wie die Stimmen von drei afrikanischen Vorständen zum Stückpreis von 1,5 Millionen Dollar gekauft worden seien.

Auch in das Verfahren in der Schweiz, in dem die Bundesanwaltschaft Unregelmäßigkeiten zu den WM-Vergaben 2018 und 2022 nachgeht, gerät Bewegung. Am Mittwoch war die Bundesanwaltschaft erneut bei der Fifa zu Besuch - nachdem sie dort schon vor zwei Wochen frühmorgens erschienen war und Daten sowie Akten sichergestellt hatte. Nun habe die Fifa im Nachgang zu jener Aktion gesicherte IT- Daten herausgegeben.

Laut Spiegel beschränkte sich die Bundesanwaltschaft nicht nur auf Daten, die etwas mit den Vergaben 2018/2022 zu tun haben. Demnach soll sie Akten mitgenommen haben, die im Kontext zu ominösen Überweisungen über insgesamt zehn Millionen Dollar von der Fifa an den Nord- und Mittelamerika-Verband Concacaf stehen. Angeblicher Hintergrund der Spende ist, dass Südafrikas Fußballverband auf diesem Weg Entwicklungshilfe in der Karibik betreiben wollte; das FBI sowie der langjährige Fifa-Vorstand und heutige FBI-Kronzeuge Chuck Blazer halten den Betrag für Bestechungsgeld für die WM-Vergabe 2010. Die Konten, auf denen die zehn Millionen landeten, kontrollierte jedenfalls Fifa-Vorstand Warner.

Die Bundesanwaltschaft und die Fifa äußerten sich auf Anfrage nicht, ob es am Mittwoch auch um Akten hierzu ging. Jedoch erscheint es unausweichlich, dass die Schweizer ihre Aktivitäten ausweiten müssen: Ihr Verfahren bezieht sich formal auf die Vergaben 2018/22; eröffnet wurde es am 10. März. Seither liegen neue Erkenntnisse vor: Die Zehn-Millionen-Spende rund um die WM-Vergabe 2010 ebenso wie Blazers Aussagen, dass er gemeinsam mit anderen Schmiergelder rund um die Weltmeisterschaft 1998 angenommen habe. Kaum anzunehmen, dass die Schweizer Ermittler diese Vorgänge ignorieren können. Alle drehen sich um WM-Vergaben und betreffen denselben Personenkreis: Blatters langjährigen Vorstand mit Figuren wie Blazer und Warner, Teixeira und Grondona.

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