WM-Torschützenkönige:Sie wussten, wo das Tor steht

Ein Tscheche mit Glasknochen, ein Brasilianer verärgerte die Mütter seines Landes, ein Deutscher wäre fast in der Bezirksliga gelandet.

Alle WM-Torschützenkönige im Kurzporträt

24 Bilder

Guillermo Stábile Argentinien, afp

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1930 Uruguay, Guillermo Stábile (Argentinien), 8 Tore

Acht Tore in vier Spielen - so einen Schnitt von zwei Toren pro Spiel wird wohl nie mehr ein Torjäger bei einem WM-Turnier erreichen. Guillermo Stábile, Jahrgang 1906, hatte seinen Klub Huracán 1928 mit 28 Toren zur argentinischen Meisterschaft geschossen. Zur WM 1930 reiste der klein gewachsene, aber ungemein wendige Mittelstürmer ursprünglich nur als Ersatz für den Kollegen Roberto Cherro von Boca Juniors an; er war noch ohne jeglichen Länderspiel-Einsatz. Doch Stábile eroberte sich schon im zweiten Spiel seinen Stammplatz, beim 6:3 gegen Mexiko traf er dreimal. Mit seinen acht Treffern - sein letzter brachte die Argentinier im Finale gegen Uruguay sogar 2:1 in Führung - wurde er zum argentinischen Volkshelden, obwohl das Endspiel 2:4 verloren ging.

Nach dem Turnier zog es ihn nach Europa. Er stürmte in Italien für den FC Genua - schon im ersten Spiel gelangen ihm drei Tore - und den SSC Neapel, später auch für Red Star Paris. Zurück in der Heimat, schlug er die Trainerlaufbahn ein und gewann mit Racing Club Buenos Aires dreimal nacheinander die Meisterschaft. Die argentinische Nationalmannschaft trainierte er von 1939 bis 1960 - kein anderer Argentinier hielt sich so lange im Amt.

Sechsmal (1941, 1945, 1946, 1947, 1955, 1957) gewann er mit Argentinien die Südamerika-Meisterschaft (Copa América), doch sein Traum vom Gewinn des WM-Titels sollte sich nicht erfüllen. 1958 schied sein Team in der Vorrunden-Gruppe mit Deutschland aus. Sein Ruhm gründete sich nicht nur auf den Sport, sondern auch auf seine Liebe zum Tango; er war in einem Tango-Viertel von Buenos Aires geboren worden. Zudem hatte Stábile nicht nur im Fußball, sondern auch als Geschäftsmann große Erfolge. Ganz Argentinien trauerte, nachdem Stábile 1966 einem Herzinfarkt erlegen war.

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1934 Italien, Oldrich Nejedly (Tschechoslowakei), 5 Tore

Der Traum vom ersten WM-Sieg endete für die deutsche Nationalmannschaft mit Oldrich Nejedly. Der Postbote aus Prag erzielte im Halbfinale alle drei Tore zum 3:1 für die Tschechoslowakei, und dass er von schweren Fehlern der deutschen Abwehr und des Torwarts Willibald Kreß profitierte, nahm ihm nichts von seinem Ruhm. Das tat indes der Spielbericht des Weltverbands Fifa: Bis heute spricht dieser das zweite Tor dem Kollegen Rudolf Krcil zu.

Damit wäre Nejedly nicht mit fünf Treffern alleiniger Torschützen­könig der WM 1934, sondern müsste sich den Titel mit dem Deutschen Edmund Conen und dem Italiener Angelo Schiavio (je 4) teilen. Doch mehrere Quellen, darunter der deutsche und der tschechische Fußballverband, sprechen Nejedly alle drei Tore gegen Deutschland zu. Es wird vermutet, die Fifa-Angabe beruhe auf einem Eingabe-Fehler. Die spielentscheidenden Treffer Nejedlys im Achtelfinale gegen Rumänien und im Viertelfinale gegen die Schweiz sind hingegen auch bei der Fifa unstrittig.

Nur 1,74 Meter groß und 74 Kilogramm schwer, war der auf Halblinks spielende Tscheche meist zu wendig und zu schnell für seine Gegner. Ebenso sicher wie seinen Körper beherrschte er den Ball. Dieses Können befähigte ihn dazu, harten Zweikämpfen aus dem Weg zu gehen, Nejedly spielte fast körperlos. Eine kuriose Legende behauptet, er musste so agieren, weil er unter porösen Knochen (Glasknochen) litt und extrem verletzungsanfällig war. Seine WM-Karriere endete schmerzhaft: 1938 wurde er im Viertelfinale Opfer der brutal foulenden Brasilianer. Er schoss zwar das 1:1, musste aber dann mit einem Beinbruch vom Feld. Im Wiederholungsspiel verlor seine Mannschaft ohne ihn 1:2.

Als er 1931 mit 21 Jahren zu Sparta Prag gekommen war, hatten die dortigen Stammkräfte den Neuen aus der Provinz (Nejedly stammte aus Zebrak) zunächst abgelehnt, Nejedly wollte wieder abreisen. Doch seine Klasse und ein Machtwort des Trainers stimmten die Kollegen um, Nejedly verhalf Sparta mit 391 Toren in 421 Partien zu vier Meisterschaften. Erst im Alter von 45 Jahren beendete er seine Karriere bei seinem Heimatklub Zebrak - er hatte sich wieder das Bein gebrochen.

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Leônidas Brasilien, afp

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1938 Frankreich, Leônidas (Brasilien), 7 Tore

Er war Brasiliens erstr moderner Fußballstar. Ein Spieler, der ganz allein die Stadien füllte und sogar die Fantasien der Wirtschaft befeuerte. Als Leônidas da Silva (links im Bild) als WM-Torschützenkönig aus Frankreich heimkehrte, brachte die Süßwarenfirma Lacta einen neuen Schokoriegel auf den Markt. "Diamante negro", schwarzer Diamant - nach dem Spitznamen, den Leônidas soeben in Frankreich veredelt und 1933 in Uruguay erhalten hatte. Als dort das Profitum eingeführt worden war, hatte er ein Jahr lang für Penarol Montevideo gespielt.

Noch heute verkauft sich das in Leônidas' Namen hergestellte Produkt glänzend, es wurde zum Klassiker in Südamerikas Schokobranche - die finanziellen Segnungen dieses Fußballerruhms allerdings steckten andere ein. Leônidas hatte Lacta für ein Taschengeld als Werbefigur assistiert, aber versäumt, seine Namensrechte geltend zu machen - derlei kannte man damals noch nicht. Wenigstens profitierte Nachfolger Pelé später von Leônidas bitterster Erfahrung, Pelé ließ sich schon 20-jährig als Handelsmarke eintragen.

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Ademir Brasilien, afp

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1950 Brasilien, Ademir (Brasilien), 9 Tore

Ademir de Menezes Marques, genannt Queixada ("Holzkinn"), ist im Vergleich zu anderen brasilianischen Fußball-Helden in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht - immerhin war er der beste Schütze der WM 1950 und das größte Vorbild von Pelé. Er verstand es, auch aus scheinbar aussichtslosen Situationen Tore zu erzielen. Seine Schüsse waren selten hart, dafür überraschten sie die Torhüter mit viel Effet. Mit seiner hageren Gestalt, den sorgfältig mit Pomade in Form gebrachten Haaren und dem dünnen Schnurrbärtchen, wie es Clark Gable trug, fiel er schon optisch auf.

Ademir (im Bild links, beim 7:1 in der Finalrunde über Schweden, bei dem er vier Treffer erzielte) zählt zu den Mitbegründern des Stils, den man später "Samba-Fußball" nannte. Der Kicker staunte über den "Abgott Ademir": "Seine Ballkunst ist von unvorstellbarer Exaktheit, Weichheit, sein Auftreten so umsichtig, ruhig, dabei doch gelegentlich sprühend, impulsiv und explosiv." Mit 18 Jahren absolvierte er sein erstes Länderspiel, bereits 1945 gehörte er mit Djalma, Lelé, Jair und Chico zur berühmten Offensivreihe von Vasco da Gama. In 39 Länderspielen erzielte er 32 Tore. Ademir galt als der teuerste Spieler Südamerikas, brachte es zu Wohlstand und investierte in Immobilien. Nebenbei arbeitete er als Kommentator für Zeitungen, Radio und Fernsehen.

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Sandor Kocsis Ungarn, afp

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1954 Schweiz, Sandor Kocsis (Ungarn), 11 Tore

Die Geschichte von Sándor Kocsis, geboren 1929, beginnt in einer armen Budapester Familie. Oft ging er zum Fußballspielen auf die Straße, wo ihn Späher von Ferencváros Budapest entdeckten. Schon mit 17 Jahren debütierte er für den Klub in der Ersten Liga. Der Stürmer war schmächtig, nicht besonders groß, hatte aber eine feine Technik, einen sicheren Torriecher und eine enorme Sprungkraft. In 68 Länderspielen für Ungarn erzielte er 75 Tore, die meisten davon per Kopf, was ihm den Kosenamen "Goldköpfchen" einbrachte.

1954, bei seiner einzigen WM, gelangen ihm in den ersten vier Partien elf Treffer (im Bild jubelt er über ein Tor beim 4:2-Sieg über Uruguay), doch ausgerechnet im Finale keines. Nach dem Aufstand in Ungarn zwei Jahre später flüchtete Kocsis, wurde erst Spielertrainer in Zürich und ging dann zum FC Barcelona. Mit den Katalanen erreichte er einmal das Europapokalfinale. Mit 37 beendete er die Karriere und eröffnete eine Bar. An einer unheilbaren Krankheit leidend, verübte Kocsis 1979 Selbstmord.

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Just Fontaine Frankreich, afp

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1958 Schweden, Just Fontaine (Frankreich),13 Tore

Beinbrüche pflastern seinen Weg. Zunächst jener von René Bliard, des Teamkollegen von Stade Reims, den das Schicksal kurz vor WM-Beginn ereilte. Der in Marrakesch/Marokko geborene Just Fontaine, Jahrgang 1933, wäre sonst gar nicht in der Stammformation gestanden. So stellte er mit 13 Turniertoren - acht mit rechts, vier mit links, eins mit dem Kopf - eine Rekordmarke für die Ewigkeit auf. Im Bild erzielt Fontaine (2.v.l.) das dritte Tor für Frankreich beim 6:3 gegen Deutschland.

Zwei weitere Beinbrüche, die er 1960 und 1961 selbst erlitt, zwangen ihn, seine Karriere zu beenden. Andere große Spieler, klagte er, hätten in diesem Alter ihre Laufbahn zur Vollendung gebracht. So stehen in seiner Bilanz: vier französische Meistertitel (einer mit Nizza, drei mit Reims), 21 Länderspiele mit 30 Toren (Schnitt: 1,43!). Er gründete die Sportartikelmarke Justo Sport, wurde 1967 Nationaltrainer - und nach zwei Spielen entlassen. Auch ein Rekord. Er nahm es gelassen, mit dem marokkanischen Spruch: "Mektoub!" Schicksal!

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Garincha Brasilien, Imago

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1962 Chile, Garrincha (Brasilien), 4 Tore

Passend zu dieser WM der Defensive gab es in Chile keinen überragenden Torschützen. Sechs Spieler erzielten je vier Treffer. Die Fifa loste den Brasilianer Garrincha als offiziellen Torschützenkönig aus, die anderen schauten in die Röhre. Garrincha war offensichtlich ein Günstling Fortunas: Erst hob der Weltverband seine Sperre fürs Endspiel auf, dann wurde dem krummbeinigen Dribbler auch die Torjägerkanone zugelost.

Sein Vorgänger, der Franzose Just Fontaine, dürfte entsetzt gewesen sein: Er hatte 1958 den Titel mit 13 Treffern geholt. Garrincha wurde von Journalisten auch zum besten Spieler des Turniers gewählt; daran konnte es keine Zweifel geben. Seine WM-Karriere endete vier Jahre später in England. Nach einer Knieoperation spielte er nicht mehr in der Nationalmannschaft.

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Florian Albert Ungarn, Imago

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1962 Chile, Florian Albert (Ungarn), 4 Tore

Auf seine vier Tore kam der Ungar Flórián Albert in nur drei Einsätzen - der beste Schnitt. Ein großer Spieler, auch wenn er nie einen großen Titel gewonnen hat - nicht einmal den des Torschützenkönigs.

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Vavà Brasilien, afp

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1962 Chile, Vavà (Brasilien), 4 Tore

Was nützen schöne Kombina­tionen und tolle Flanken ohne einen Mittelstürmer, der sie verwertet? Vavá war bei den Brasilianern der Mann mit Köpfchen.

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Leonel Sanchez Chile, Imago

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1962 Chile, Leonel Sanchez (Chile), 4 Tore

Leonel Sánchez war Chiles Liebling. Mal ganz vorn, mal Regisseur. Fiel leider nicht nur durch vier Tore auf, sondern auch als Schläger im Spiel gegen die Italiener - hätte man ihm gar nicht zugetraut.

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Drazen Jerkovic Jugoslawien AP

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1962 Chile, Drazen Jerkovic (Jugoslawien), 4 Tore

Trotz seiner vier Treffer (im Bild köpft er ein Tor gegen Uruguay) wurde Drazen Jerkovic nicht weltberühmt - außer in Belgien. Er spielte dort für KAA Gent.

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Valentin Iwanow Sowjetunion, Getty

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1962 Chile, Valentin Iwanow (Sowjetunion), 4 Tore

Wäre die Sowjet­union nicht im Viertel­finale ausgeschieden, hätte Valentin Iwanow noch zum großen Star werden können. Er spielte konstant herausragend und traf in vier Spielen viermal.

Foto: Getty

Eusebio Portugal

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1966 England, Eusébio (Portugal), 9 Tore

In einem Fischerdorf versteckte Benfica Lissabon sein neues Juwel. Lokalrivale Sporting wollte den jungen Eusébio Ferreira da Silva aus der Kolonie Mosambik ebenfalls verpflichten. Es hieß, er sei ein Jahrhunderttalent. Die Beobachter hatten Recht. Eusébio (im Bild rechts beim Spiel gegen Bulgarien) war zwar kein filigraner Techniker, dafür aber kraftvoll und schnell, hatte einen gewaltigen Schuss und rannte immer direkt Richtung Tor. Dazu kam ein enormer Wille, wenn nötig zog er seine Mannschaften alleine aus dem Schlamassel.

Siehe WM-Viertelfinale gegen Nordkorea, als er ein schnelles 0:3 fast alleine drehte. In sechs WM-Spielen schaffte er neun Tore. Benfica behielt Eusébio und erlebte mit ihm seine beste Zeit - der Verein bezahlte ihn jedoch schlecht und verhinderte lange einen Wechsel ins Ausland. Es war die letzte Periode der kolonialen Zeit, und auch Eusébio half ein wenig mit, diese zu überwinden.

Foto: Mandatory Credit: Allsport Hulton/Archive

Gerd Müller Deutschland, Imago

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1970 Mexiko, Gerd Müller (Deutschland), 10 Tore

Sein Geheimnis? "Man muss ohne hinzuschauen wissen, wo das Tor steht." Keiner wusste besser, wo das Tor steht, als Gerd Müller. Aus Nördlingen kam er 1964 18-jährig zum zweitklassigen FC Bayern - und begründete eine Ära. Müller gewann in Verein und Nationalmannschaft alle Titel. Als Stürmer schüchterte er durch seinen Instinkt, seine Kraft, Wendigkeit und Gedankenschnelle die Verteidiger ein.

Wenn es ums Toreschießen geht, hält Müller die Rekorde in der Bundesliga (365) und im Europapokal (66). Bei Weltmeisterschaften erzielte er 14 Treffer, diesen Rekord überbot der Brasilianer Ronaldo 2006 um ein Tor. In Mexiko 1970 machte Müller zehn Tore in fünf Spielen, nur im Spiel um Platz drei ging er leer aus. Im Bild trifft er artistisch zum 3:2-Siegtreffer im Viertelfinale gegen England. Auf die Frage, ob er auch heute so viele Tore schießen würde, sagte er an seinem 60. Geburtstag: "Mehr würd' ich schießen, viel mehr."

Foto: Imago

Grzegorz Lato Polen, afp

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1974 Deutschland, Grzegorz Lato (Polen), 7 Tore

Stal Mielec ist ein kleiner Verein im Süden Polens, international kaum bekannt. In den siebziger Jahren war das anders, zweimal gewann Mielec überraschend die Meisterschaft (1971, 1973). Verbunden werden diese Erfolge vor allem mit dem Namen Grzegorz Lato - einer der besten Stürmer, die je für Polen gespielt haben. Lato, geboren 1950, kam oft über die rechte Außenbahn, wo er wegen seiner Schnelligkeit kaum zu stoppen war. Angeblich benötigte er für 100 Meter nur 10,8 Sekunden.

Dank seiner Präzision erzielte er bei der WM 1974 sieben Treffer (im Bild setzt er sich gegen einen Verteidiger aus Haiti durch). Noch bei der WM 1982 stürmte er für Polen und wurde Dritter. Geboren in Mielec blieb er dem Verein Stal lange treu, erst mit 30 bekam er vom Verband die Erlaubnis, ins Ausland zu wechseln. Lato spielte anschließend in Belgien, Mexiko und Kanada. Von 1992 an trainierte er in Polen einige Vereine. Später ging er für das postkommunistische Linksbündnis in die Politik.

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Mario Kempes Argentinien, afp

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1978 Argentinien, Mario Kempes (Argentinien), 6 Tore

Verfolgte ein junger Mensch zwischen 1986 und 1992 den österreichischen Fußball - er hielt die Erzählungen um Mario Kempes zweifellos für Humbug. Da lief ein langmähniger, langbeiniger Angreifer über den Platz, den alle als großen Star bezeichneten. Er spielte für die Vienna, für St. Pölten, für Krems. Für die Provinzklubs in Österreich. Und als Krems abstieg, verschwand "der große Kempes".

Doch bei der WM 1978 war dieser Provinz-Kempes tatsächlich der "Matador" gewesen, wie ihn die Landsleute in Argentinien nennen. Mit Energie, Mut, enger Ballführung und dem starken linken Fuß rannte der 23-Jährige mitten durch die gegnerischen Abwehrreihen. Er schoss sechs Tore, vier in der Zwischenrunde, zwei im Finale (links im Bild jubelt er über das zweite). Er war der Held seiner Na­tion. Auch wenn man das später kaum mehr glauben konnte.

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Paolo Rossi Italien, afp

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1982 Spanien, Paolo Rossi (Italien), 6 Tore

Paolo Rossis Karriere schien beendet zu sein, ehe sie richtig begonnen hatte. 1978 hatte er bei der WM in Argentinien debütiert und im ersten Gruppenspiel gegen Frankreich einen Treffer erzielt, ihm wurde eine große Zukunft prophezeit. Aber danach geriet Rossi in Perugia in die Fänge der Wettmafia und wurde lange gesperrt. Die WM 1982 bedeutete sein Comeback. Im Bild wird Rossi (rechts) von den Argeniniern Daniel Passarella und Torwart Ubaldo Fillol beim Torschuss gestört.

Nach dem Turnier folgte seine große Zeit bei Juventus Turin: Gemeinsam mit Michel Platini und Zbigniew Boniek bildete er den torreichsten Angriff der Liga und gewann 1983 den italienischen Pokal, 1984 seine erste italienische Meisterschaft und den Europapokal der Pokalsieger. 1985 stand er dann im siegreichen Team im Finale des Europapokals der Landesmeister. Nationaltrainer Enzo Bearzot nahm ihn noch einmal mit zur WM 1986. Rossi kam aber nicht zum Einsatz. Er beendete 1987 seine Karriere.

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Gary Lineker England, afp

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1986 Mexiko, Gary Lineker (England), 6 Tore

In Deutschland hat sich Gary Lineker mit einem Spruch ein Denkmal gesetzt: "Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer rennen 90 Minuten lang einem Ball hinterher. Und am Ende gewinnen die Deutschen." Lineker (rechts im Bild) sagte das nach der englischen Halbfinal-Niederlage im Elfmeterschießen bei der WM 1990. Auch 1986 endete die WM für den 25-jährigen Stürmer frustrierend. Aus gegen Argentinien im Viertelfinale. Ihm selbst gelang beim 1:2 immerhin ein Tor, nach drei Treffern gegen Polen und zwei gegen Paraguay.

Mit seinem enormen Instinkt, im Strafraum immer an der richtigen Stelle zu stehen, entwickelte sich Lineker zu einem der besten Stürmer der Welt. "Mister Nice Guy", der nie eine Gelbe oder Rote Karte erhielt, feierte bei Everton, Barcelona und Tottenham große Erfolge. Heute ist er Fußballkommentator des englischen Senders BBC.

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Salvatore Schillaci Italien, afp

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1990 Italien, Salvatore Schillaci (Italien), 6 Tore

Salvatore Schillaci sagte einmal: "Überhaupt mag ich die überraschenden Dinge im Leben." Das merkten bei der WM 1990 seine Gegner. Italien galt als Favorit, viele sprachen von den Stürmern Carnevale, Vialli oder Baggio. Aber Totò Schillaci? Er hatte eine respektable Saison für Juventus Turin hinter sich, davor hatte er jedoch beim drittklassigen FC Messina gekickt. Schon die Nominierung Schillacis war eine Überraschung, doch dann kam er im ersten Spiel nach 75 Minuten auf den Platz - und schoss drei Minuten später den 1:0-Siegtreffer.

Eine wunderbare Geschichte begann. Mit robustem Einsatz und großer Entschlossenheit traf er in sechs von sieben Spielen je einmal, erzielte 60 Prozent der Tore Italiens und schoss die Azzurri ins Halbfinale. Auch dort durfte er über einen Treffer jubeln (Bild), doch am Ende unterlag Italien gegen Argentinien im Elfmeterschießen. Mehr als 20.000 Fans sollen an manchen Tagen zu seinem Geburtshaus in Palermo gepilgert sein. Nach der WM konnte er nicht mehr an seine großen Taten 1990 anschließen. Er brachte es nur auf 16 Länderspiele.

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Hristo Stoitschkow Nulgarien, afp

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1994 USA, Hristo Stoitschkow (Bulgarien), 6 Tore

Der Bulgare war mit überborden­dem Selbstbe­wusstsein gesegnet. Hristo Stoitchkov spielte kraftvoll, schnell und wurde wegen seines krachenden Linksschusses von den Fans des FC Barcelona "El Pistolero" getauft. In Spanien hatte er zwischen 1990 und 1995 seine größte Zeit. Bei der WM in den USA kommandierte er die Bulgaren ins Halbfinale. Gegen Deutschland wendete sein Freistoß-Treffer das Spiel. Wurde anschließend Europas Fußballer des Jahres.

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Olrg Saleno Russland, afp

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1994 USA, Oleg Salenko (Russland), 6 Tore

Sollte eigentlich nicht zur WM fahren. Erst ein Streit anderer Spieler mit dem russischen Verband hievte ihn ins Aufgebot. Dennoch wäre Oleg Salenko in den USA nicht aufgefallen, hätte er nicht im letzten Gruppenspiel, als sein Land schon ausgeschieden war, gegen Kamerun fünf Treffer erzielt. WM-Rekord. Das verhalf ihm zu einem gut dotierten Vertrag beim FC Valencia, wo er jedoch scheiterte. Spielte dann bei Glasgow Rangers, Istanbulspor, Cór­doba und Stettin.

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Davor Suker Kroatien, Getty

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1998 Frankreich, Davor Suker (Kroatien), 6 Tore

Vor der WM 1998 war Davor Suker nur ein Co-Star. Im Champions-League-Finale von Real Madrid gegen Juventus Turin (1:0) saß er auf der Bank, dabei lobte ihn Real-Trainer Jupp Heynckes als "einen der letzten Straßenfußballer der Welt". Nach dem Wechsel von Zagreb zum FC Sevilla 1992 und später nach Madrid war er zum Weltklasse-Stürmer gereift.

Die WM 1998 war sein Höhepunkt mit sechs Toren in sieben Spielen für Kroatien, davon je eines in Achtel-, Viertel-, Halbfinale und Spiel um Platz drei. Suker rühmte Verwegenheit und List als wichtigste Eigenschaften eines Torjägers - also seine eigenen neben einem filigranen Gefühl im linken Fuß. Später sollte er häufig mit mangelnder Fitness auffallen. Mit 33 Jahren kam er 2001 zu 1860 München. Und sagte: Heute falle im Fußball auf, "dass jeder Spieler 90 Minuten läuft".

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Ronaldo Brasilien, Getty

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2002 Japan/Südkorea, Ronaldo (Brasilien), 8 Tore

Dass Ronaldo Luiz Nazario de Lima, genannt Ronaldo, trotz seines Ruhms wenig eitel ist, sah die Welt im Halbfinale der WM 2002. Er hatte zuvor in Brasilien angerufen und erfahren, dass ihn sein kleiner Sohn am Fernsehen mit Mitspieler Roberto Carlos verwechselte. Daraufhin gab sich Ronaldo einen einzigartigen und bei Ästheten strittigen Haarschnitt: hinten Glatze, vorne ein Büschel in Form eines Dreiecks.

Später entschuldigte sich Ronaldo "bei allen Müttern in Brasilien", weil sich ihre Buben scharenweise den gleichen Schopf antaten. Denn der Stürmer mit dem enormen Antritt wurde damit endgültig zum Star, er erzielte die einzigen Treffer Brasiliens in Halbfinale und Finale und entschied das Turnier. Insgesamt traf er in sieben Spielen acht Mal. Und als er zurück war bei seinem Sohn, rasierte er das Büschel auch wieder ab.

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Miroslac Klose Deutschland, Getty

Quelle: SZ

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2006 Deutschland, Miroslav Klose (Deutschland), 5 Tore

Die Karriere von Miroslav Klose verlief alles andere als glatt. Lange Zeit sah es eher nach Bezirksliga als nach WM aus. Geboren in Opeln, Polen, kam er mit acht Jahren als Aussiedler in die Pfalz. "Mein Vorteil war, dass ich auf dem Bolzplatz besser war als die anderen." Das brachte Anerkennung. Er stürmte für die SG Blaubach-Diedelkopf, doch in eine Auswahl, gar Nationalmannschaft, wurde er nie berufen. "Ich bin in den Lehrgängen, um es brutal zu sagen, rausgeschmissen worden - weil ich zu schlecht war." Erst mit fast 22 Jahren durfte er in Kaiserslautern Erste Liga spielen, selbst seine fünf Tore bei der WM 2002 machten keinen Star aus ihm. Dann: bester Bundesliga-Schütze bei der Werder Bremen 2006, WM-Torschützenkönig 2006. Als erster Deutscher seit Gerd Müller 1970. Aus dem Jungen aus Oppeln ist ein Weltstar geworden.

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